Quo vadis? ...
Kardiologische Diagnostik-- Die Bildgebung mittels kardialer Computertomografie inklusive der Angiografie der Koronarien (CTA) oder kardialer Kernspintomografie (CMR) haben sich inzwischen zu Grundpfeilern der Kardiologie entwickelt: von der Diagnostik über eine präzise Therapie bis hin zur Risikostratifizierung bzw. Verlaufsbeurteilung.
Veröffentlicht:
Kardiologinnen und Kardiologen sollten bei kardialen CTs federführend agieren. (Symbolbild mit Fotomodell)
© Roger Richter/Westend61/mauritius images
Sollen die mittels CTA oder CMR generierten Bilder korrekt interpretiert und befundet werden, ist zweifelsohne kardiologische Expertise zwingend von Nöten. Bislang sind Kardiologen, die von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) auf den Gebieten der kardialen CT oder MRT zertifiziert sind, jedoch noch viel zu selten, um eine flächendeckende hoch qualitative Versorgung anbieten zu können. Insbesondere vor dem Hintergrund der bevorstehenden Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) herrscht hier ein gewisser Nachholbedarf.
Der Alltag in den meisten Kliniken in Deutschland wird sich durch die neuen Verfahren ändern, die zunehmend einen festen Stellenwert in der kardiologischen Diagnostik einnehmen und entsprechend kardiologischer Expertise bedürfen. Eine Voraussetzung für die Einordnung insbesondere der CTA-Koronardiagnostik ist die detaillierte Kenntnis der Koronarangiografie und der daraus abgeleiteten Therapieempfehlungen. Wenngleich zurzeit häufig noch Koronarangiografie oder nicht invasive Stress-Echokardiografie Diagnostikmethode der Wahl bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer KHK sind, ergibt sich anhand der Leitlinien eindeutig eine Verschiebung hin zur Schichtbilddiagnostik. Dies ist besonders in der ambulanten Situation manchmal jedoch schwierig, da kardiale CTs oder MRTs in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

Das Kardio-CT erhält voraussichtlich Anfang 2024 eine positive Bewertung vom G-BA und kann dann abgerechnet werden.
© Breitbart
Die Folge: trotz deutlicher Stärkung der nicht invasiven Bildgebung in den kardiologischen Leitlinien bzw. Zunahme deren Bedeutung in alltäglicher Diagnostik und Therapie, gibt es deutschlandweit von der DGK nur 24 zertifizierte CT- und 39 MRT-Stätten. Personenbezogene Zertifikate besitzen im Bereich des CTs 192 (davon 142 das höchste Level III) sowie beim MRT 231 (davon 136 Level III) Kardiologen. Im Vergleich dazu hat die Deutsche Röntgengesellschaft (DRG) insgesamt 89 kardiovaskuläre Zentren (CT und CMR kombiniert) und insgesamt 1.750 Personen zertifiziert für CMR und K-CT (Stand 11/2022). Allerdings zeigt sich, dass für eine qualifizierte Durchführung und Befundung auch in der Radiologie vergleichbar viele Kollegen ein Level (Q2 oder Q3) haben wie in der Kardiologie. Aber deutlich mehr Radiologen haben das Level Q1, was formal nur die Indikationsstellung und Anmeldung der Untersuchung erlaubt.
In ihrem Anfang dieses Jahres erschienen Positionspapier [1] spricht sich die DGK deutlich für eine gemeinsame Durchführung kardialer CTs im Team von Kardiologe und Radiologe aus, wobei insbesondere bei der Indikationsstellung aber auch der Interpretation und Therapieempfehlung die Kardiologie die Federführung übernehmen sollte. Mit diesem „kooperativen Heart-Team-Modell“ könne eine nicht evidenzbasierte Leistungsausweitung vermieden werden. Das wichtigste ist jedoch, dass wir mit diesem Modell unserem obersten Berufsethos Rechnung tragen: zum Wohle des Patienten zu entscheiden und zu handeln. Im Positionspapier wird ein im ersten Moment unrealistisches Szenario als Beispiel genannt, dass eine Überweisung zur Herzchirurgie nach einer koronaren CTA direkt vom Radiologen ohne kardiologische Einbeziehung nicht evidenzbasiert ist. Leider ist das bereits teilweise Realität und wurde von den Autoren im Alltag schon erlebt.Eine besondere Bedeutung besitzt der Zugang zur kardialen CT und CMR für die Ausbildung des kardiologischen Nachwuchses, unabhängig davon, ob sich der- oder diejenige später auf diesen Bereich spezialisieren möchte. Eine gewisse Erfahrung in der nicht invasiven Bildgebung, kombiniert mit der klinischen Erfahrung, kann das Verständnis gewisser Krankheitsbilder noch einmal auf ein komplett neues Level heben. Um den Einfluss der Kardiologie auf die kardiale CT und CMR nicht zu verlieren bzw. vielmehr zu stärken, besitzt diese Thematik bzw. deren Umsetzung derzeit in der DGK oberste Priorität – zum Wohle der Patientenversorgung und für den kardiologischen Nachwuchs.
Kontakt-- PD Dr. Philipp Breitbart, Uniklinik Freiburg, philipp.breitbart@uniklinik-freiburg.de; Prof. Dr. Holger Thiele, Herzzentrum Leipzig, holger.thiele@medizin.uni-leipzig.de
Literatur--
1. Rolf A et al. Kardiologie. 2023;17:173-85