Clinician Scientists 2023 – Probleme und Chancen

Interview--Einige junge Ärztinnen und Ärzte wollen beides: Patienten versorgen und gleichzeitig auf internationalem Niveau forschen. Solche Clinician Scientists, wie PD Dr. Simon Lebek, derzeit Dallas, USA, haben etliche Hürden zu überwinden, um ihren Traumberuf zu verwirklichen.

Ein Interview von Prof. Lars Maier Veröffentlicht:
PD Dr. Simon Lebek,Dallas, Texas, USA.

PD Dr. Simon Lebek,Dallas, Texas, USA.

© Lebek

Was heißt das eigentlich, Clinician Scientist?

Simon Lebek: Im Grunde bedeutet es, dass man als Arzt Probleme und Fragestellungen aus dem klinischen Alltag wissenschaftlich bearbeitet. Ob man dafür klinische Studien durchführt oder tatsächlich im Labor an der Bench steht, kommt auf den jeweiligen Clinician Scientist persönlich an.

Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden?

Das hat sich im Rahmen meiner Doktorarbeit ergeben. Mein Doktorvater, Prof. Stefan Wagner, hat mir von Anfang an seinen Enthusiasmus an der kardiologischen Grundlagenforschung weitergegeben und so gab es seit Beginn meiner Promotion keine Forschungspause – es ging ganz einfach weiter. Nach der Dissertation habe ich zunächst als Assistenzarzt und Postdoc in Regensburg angefangen, bis dann letztes Jahr das Angebot von Prof. Eric Olson aus Dallas, Texas, kam.

Wie kamen Sie auf Professor Olson?

Von Eric Olson habe ich schon früh gehört bzw. gelesen, da wirklich viele Publikationen aus seinem Labor stammen. Konkret wurde es dann auf dem ESC Kongress 2019 in Paris. Nachdem ich seine „Inspirational Lecture in Translational Science“ hörte, wollte ich unbedingt als Postdoc in sein Labor. Davor musste ich allerdings noch mein Studium beenden und meine Doktorarbeit verteidigen.

War es schwierig, ein DFG-Stipendium zu bekommen?

Ja und Nein. Als sich im Mai 2021 herausstellte, dass es für mich ab Juli 2021 in Dallas weitergeht, wollte Prof. Maier innerhalb von zwei Wochen den DFG-Antrag sehen. Diese Deadline konnte ich neben der Klinik nicht halten. Glücklicherweise bot mir Eric Olson eine Postdoc-Stelle an und übernahm die Finanzierung, sodass ich sofort nach Dallas gehen konnte.

Probleme und Fragen aus dem klinischen Alltag wissenschaftlich bearbeiten.

In einem internationalen Labor wie dem von Eric Olson treffen verschiedene Wissenschaftler mit unterschiedlichem Hintergrund aufeinander. Ich habe von Anfang an eng mit den anderen Postdocs zusammengearbeitet und mich ausgetauscht, sodass sich schnell neue Ideen und Fragestellungen ergaben. Dies half mir sehr beim Antrag für das DFG-Stipendium. Die Zusage kam dann innerhalb von zwei Monaten.

Was heißt translationale Forschung für Sie?

Translationale Forschung bedeutet für mich, konkrete klinische Fragestellungen im Labor zu bearbeiten. Das können neue Therapieansätze oder auch neue diagnostische Methoden oder Marker sein. So gibt es beispielsweise Tiermodelle verschiedener Erkrankungen, wie der Herzinsuffizienz, des Myokardinfarkts oder auch der obstruktiven Schlafapnoe.

Im Rahmen der translationalen Forschung wendet man neue Strategien im Tiermodell an und testet, ob das neue therapeutische Prinzip auch in vivo funktioniert. Dazu nutzt man zum Beispiel Echokardiografie oder Telemetrie an Mäusen.

Was würden Sie sich für wissenschaftliche Interessierte in Deutschland wünschen?

Weniger Bürokratie! In den USA kann man mit einer guten Idee praktisch sofort loslegen. In Deutschland benötigt es teilweise monatelange Vorbereitungen, wie z. B. neue Tierversuchsanträge, sodass es schwieriger ist, da mitzuhalten. Für Clinician Scientists, deren Forschung neben oder nach der Klinik stattfindet, ist es noch schwieriger.

Was kann die DGK dazu beitragen?

Es gibt verschiedene Förderlinien der DGK, wie zum Beispiel das Clinician-Scientist-Programm oder das Forschungsstipendium. Beides ist dazu gedacht, Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen mit einer eigenen Forschungsidee zu fördern. Mit den eingeworbenen Fördermitteln kann man z. B. eine technische Assistenz oder auch die eigene Stelle finanzieren. Eine weitere Möglichkeit wäre es, perspektivisch Rückkehrer-Stipendien auszubauen. So könnte man Forschende nach einem Auslandsaufenthalt beim Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe unterstützen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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