FITT-STEMI – Rettungskette optimieren
Prognoseverbesserung-- Das Beispiel des FITT-STEMI-Projekts im Herzinfarktnetzwerk Hannover zeigt, dass gute Kommunikation, Behandlungsstandards, interprofessionelle und intersektorale Vernetzung sowie regelmäßige Schulungen die Rettungskette optimieren können.
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Das zeitgerechte Schreiben eines 12-Kanal-EKGs erfolgte nach Implementierung von FITT-STEMI sehr viel häufiger.
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Die Rettungskette für Patienten mit Myokardinfarkt beginnt mit der Alarmierung über die zentrale Notrufnummer 112, gefolgt von möglichst schnellem Transport in ein Krankenhaus zur Koronarintervention und endet mit der Ankunft des Patienten auf der Überwachungsstation. Es folgen Kontrollen aller Risikofaktoren und eine kardiologische Rehabilitation. Dabei soll die Zeit von Alarmierung bis Koronarintervention so kurz wie eben möglich sein, um den Infarktschaden sowie Akutkomplikationen (Schock, Arrhythmien etc.) zu minimieren. Was einfach klingt, ist im Alltag oft schwer zu erreichen. Die Leitlinien geben beispielsweise vor, dass innerhalb von zehn Minuten nach Eintreffen des erstversorgenden Rettungsmittels ein 12-Kanal-EKG geschrieben sein muss. Diese Zielvorgabe wurde vor zehn Jahren in Hannover nur in knapp 60 % der Fälle erreicht – obwohl damals schon viele vermeintlich erfolgreiche Versuche unternommen worden waren, um die Prozesse der Infarktversorgung zu optimieren.
Das FITT-STEMI-Projekt baut auf Feedback
Feedback-Intervention and Treatment-Times in ST-Elevation Myocardial Infarction (FITT-STEMI) ist ein bundesweites Projekt zur Optimierung der Rettungskette bei der Herzinfarktversorgung und wurde von Prof. Karl Heinrich Scholz, Hildesheim, gegründet und aufgebaut. FITT-STEMI analysiert systematisch zahlreiche messbare Parameter der Rettungskette, wie Rate der zeitgerecht geschriebenen EKGs, contact- und door-to-balloon-Zeit, Rate an Direktübergaben (d. h. Transport direkt ins Katheterlabor unter Umgehung der Notaufnahme), Unterschiede in Primär- und Sekundärtransport usw. Elementares Instrument in FITT-STEMI sind regelmäßige Feedbackveranstaltungen. Hier wird den beteiligten Rettungsdiensten und Kliniken die eigene Performance im Zeitverlauf sowie im Vergleich mit allen Zentren demonstriert. Erfahrungen aus anderen Kliniken werden in den Feedbackgesprächen ebenfalls kommuniziert, um erfolgreiche Verbesserungsansätze zu teilen. Seit Initiierung im Jahr 2006 in Hildesheim haben bundesweit mehr als 50 Kliniken an FITT-STEMI teilgenommen, sodass mittlerweile eine beeindruckende Datenbasis mit über 55.000 eingeschlossenen Patienten existiert.

An FITT-STEMI teilnehmende infarktversorgende Kliniken der Landeshauptstadt Hannover.
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Kliniken und Rettungsdienste suchen gemeinsam Lösungen
In Hannover wurde FITT-STEMI seit 2012 schrittweise implementiert, und seit 2016 nehmen alle infarktversorgenden Kliniken der Landeshauptstadt an FITT-STEMI teil. Bis Ende 2022 wurden in Hannover über 4.000 Patienten in FITT-STEMI eingeschlossen. Durch konsequente Feedbackgespräche in den einzelnen Kliniken wurden zahlreiche Maßnahmen getroffen, um Reibungsverluste zu minimieren und Versorgungszeiten und -qualität zu verbessern. Hierbei waren stets Kliniken und Rettungsdienste aktiv beteiligt und haben miteinander diskutiert, um gemeinsame Lösungen zu finden. Zusätzlich wurden jährliche Feedbackgespräche mit allen hannöverschen Kliniken und Rettungsdiensten gemeinsam und trägerübergreifend veranstaltet, um intersektorale Synergien zu nutzen und die Allokation von Patienten im Großraum Hannover zu beschleunigen. Ein wichtiger Schwerpunkt war, die früher übliche „Einlieferung in das nächstgelegene Krankenhaus“ zu vermeiden, was zu prognostisch und ökonomisch ungünstigen Sekundärtransporten (d. h. Weiterverlegungen) in Kliniken mit Herzkatheterlabor führt.
STEMI-Versorgung in Hannover messbar verbessert
Die Implementierung von FITT-STEMI in Hannover hat die messbaren Qualitätsparameter erheblich verbessert: Seit 2016 stieg die Rate der zeitgerecht geschriebenen EKGs um gut 25 %, und die Rate der Direktübergaben im Herzkatheterlabor konnte um nahezu 50 % gesteigert werden. Der Anteil der Sekundärtransporte (Verlegungspatienten) konnte um 60 % reduziert werden. Darüber hinaus haben die Feedbackveranstaltungen sowie die Steigerung der Performance das vertrauensvolle Miteinander und die Teamzufriedenheit deutlich verbessert. All dies kommt schließlich unseren Patientinnen und Patienten zu Gute.
Fazit
Eine Teilnahme an dem bundesweiten FITT-STEMI-Projekt kann uneingeschränkt empfohlen werden.
Dadurch können die Prozess- und Strukturqualität nachprüfbar optimiert, die Vernetzung zwischen Rettungsdiensten und Kliniken gestärkt und die Prognose des Herzinfarkts weiter verbessert werden.
Kontakt-- Dr. med. L. Christian Napp, Medizinische Hochschule Hannover, napp.christian@mh-hannover.de