HF-NETs: einzigartige Strukturen
Netzwerkbildung-- 212 zertifizierte Herzinsuffizienz-Einheiten (HFUs) existieren in Deutschland. Diese Einheiten organisieren sich zu Herzinsuffizienz-Netzwerken (HF-NET). Wie gelingt die Interaktion in diesen Netzwerken? Ein Blick auf Strukturen, Kommunikation und Evaluation.
Veröffentlicht:Die Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz optimieren – das ist das Ziel der 2016 von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung (DGK), der Deutschen Gesellschaft für Thorax , Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) und der Arbeitsgemeinschaft Leitende kardiologische Krankenhausärzte e. V. (ALKK) gegründeten Initiative zur Bildung von Herzinsuffizienz-Netzwerken (HF-NETs), die sich regional etablieren aus unterschiedlichen Modulen DGK-zertifizierter Versorger mit dem Schwerpunkt Herzinsuffizienz bestehen [1]. Mittlerweile gibt es (Stand 9.6.2023) 212 zertifizierte Organisationseinheiten, von denen sich knapp die Hälfte bereits einer zweiten Zertifizierungsrunde unterzogen hat.
Strukturen sind unterschiedlich
Wichtige Ziele der Netzwerke umfassen:
die Sektoren-übergreifende Koordination der Versorgung,
die Sicherung der leitlinienbasierten Behandlungs- und Versorgungsqualität sowie
die Organisation von Indikations-abhängigem Telemonitoring.
Weiter können die HF-NET strukturierte Schulungsprogramme für Patienten und/oder Assistenzpersonal bereitstellen, die Leistungserbringer zum Beispiel über vereinfachtes Terminmanagement organisatorisch unterstützen oder Fortbildungen gemeinsam organisieren. Tatsächlich sind den Autoren persönlich mindestens 15 regionale Herzinsuffizienz-Netzwerke bekannt, die sehr unterschiedliche Strukturierungsgrade aufweisen. Dies reicht von der einmal jährlich stattfindenden gemeinsamen Fortbildung mit kollegialem Austausch über einen gemeinsamen Internetauftritt bis hin zu einer gemeinsam geführten digitalen Patientenakte, auf die alle regionalen Partner Zugriff haben.
Erfolgreich kommunizieren
Voraussetzungen für eine gelungene Interaktion sind die gemeinsame Festlegung von Zielen, deren Erreichen regelmäßig überprüft werden sollte. Die zentralen Elemente hierfür sind Kommunikation und Informationsaustausch zwischen den Partnern im Netzwerk. Dazu gehören der Austausch von relevanten medizinischen Informationen, Untersuchungsergebnissen und Behandlungsplänen über klar strukturierte Kommunikationswege. Zudem sind gemeinsam zu nutzende elektronische Patientenakten und andere IT-Systeme sinnvoll, um den Informationsfluss zu erleichtern. Idealerweise erfolgt innerhalb des Netzwerks eine Einigung auf einheitliche Behandlungspfade, z. B. wie die „Warnsignale“ für die unterschiedlichen Behandlungsebenen definiert sein müssen, um zur nächsten Ebene überweisen zu können.
Gemeinsame Fortbildungen für ärztliche Kollegen und medizinisches Assistenzpersonal im Netzwerk kann das Wissen über aktuelle Behandlungsstrategien erweitern und auch vereinheitlichen. „Best Practice“-Beispiele und Berichte über erfolgreiche intersektorale Patientenübergänge können helfen, eine einheitliche Versorgung zu gewährleisten, das gegenseitige Vertrauen in die Behandlungskompetenzen zu stärken und die Vorteile einer interdisziplinären Zusammenarbeit aufzuzeigen. Zudem ermöglichen die gemeinsamen Fortbildungen persönliche Kontakte und verbessern so die intersektorale Zusammenarbeit.
Schließlich bieten telemedizinische Angebote im Netzwerk (z. B. der Service eines Telemedizinischen Zentrums) eine wertvolle Ergänzung für die Betreuung von Patienten mit Herzinsuffizienz.
Evaluierung noch unzureichend
Leider gibt es bisher aus Deutschland keine Daten, die einen möglichen Nutzen sowohl der DGK-zertifizierten Stätte (Praxis oder Klinik mit HFU-Zertifikat) als auch der individuellen personengebundenen Zusatzqualifikation „Herzinsuffizienz“ evaluieren. Um einen ersten Eindruck über die aktuelle Versorgungsqualität von Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion (HFrEF) und ≤ 3 Monate zurückliegender kardialer Dekompensation zu untersuchen, läuft derzeit in Deutschland die prospektive nicht interventionelle Beobachtungsstudie CONNECT (Sponsor: Novartis). Deren Ziel ist es, entsprechend der definierten ESC-Qualitätsindikatoren für Herzinsuffizienz [2, 3] die aktuelle Versorgung von Patienten mit HFrEF zu beschreiben. Folgende Versorgungsstufen werden hier unterschieden: A) Überregionale HFU-Zentren und HFU-Schwerpunktkliniken, B) HFU-zertifizierte kardiologische Praxis, C) Kardiologische Praxis ohne HFU-Zertifikat, D) Allgemeinmediziner/Hausarzt/hausärztlich tätiger Internist. CONNECT wird das gesamte Spektrum struktureller Versorgungsstufen und klinischer Settings abdecken, einschließlich der ersten oder wiederholten akuten Dekompensation sowie der postakuten chronischen HF. Wir erwarten so Einblicke in die aktuelle HF-Versorgung in Deutschland mit ihren einzigartigen HFU-Strukturen sowie auch erstmals Daten über die Machbarkeit und den Status quo des neuen ESC HFrEF-Behandlungsalgorithmus mit früher Vierfachtherapie.
Fazit
Die gemeinsame Initiative für eine spezialisierte und hochwertige Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz hat in den vergangenen 7 Jahren zur Ausbildung entsprechender zertifizierter Strukturen geführt.
Aktuell muss zunächst nachgewiesen werden, dass diese Strukturen auch die Versorgung von Patienten nachhaltig verbessern. Erst dann kann mit den Kostenträgern auch über eine entsprechende Vergütung gesprochen werden.
Kontakt-- Prof. Dr. Birgit Aßmus, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Gießen, birgit.assmus@innere.med.uni-giessen.de; Prof Dr. Ralf Birkemeyer, Herzklinik Ulm, ralf.birkemeyer@herzklinik-ulm.de
Literatur bei der Verfasserin/dem Verfasser