ICI-assoziierte Myokarditis
Fallbericht-- Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) haben die Behandlung fortgeschrittener solider und hämatologischer Krebsarten und die Überlebensraten der Patienten deutlich verbessert. Die hohe Mortalitätsrate von ca. 38–67 % der ICI-Myokarditis stellt jedoch eine schwerwiegende Nebenwirkung dar [1, 2, 3].
Veröffentlicht:Eine 71-jährige Patientin mit rektosigmoidalem Adenokarzinom wurde bei initialem Stadium III chirurgisch, chemotherapeutisch (FOLFOX 4) und radiotherapeutisch behandelt. Eine duale ICI-Therapie mittels Ipilimumab (CTLA-4-Inhibitor) und Nivolumab (PD-1-Inhibitor) wurde bei Progress bei Leber- und Lungenmetastasen indiziert. Nach dem 3. Zyklus stellte sich die Patientin in unserer Notaufnahme mit Brustschmerzen vor. Die Diagnose einer ICI-Myokarditis stellt im klinischen Alltag eine große Herausforderung dar, neue Kriterien dafür wurden 2022 publiziert (Tab. 1; [4]). Bei einer ICI-Myokarditis berichten 71–76 % der Patienten über Atemnot und Müdigkeit, gefolgt von Brustschmerzen und einem Myasthenie-ähnlichen Syndrom [5].
Im EKG zeigte sich bei unserer Patientin eine neu aufgetretene Verlängerung des QRS-Intervalls, ohne spezifisches Blockbild. Bei Patienten mit ICI-assoziierter Myokarditis führt eine Verlängerung der QRS-Dauer um 10 ms zu einem 1,3-fachen Anstieg des MACE-Risikos [6]. Studien berichten von einem Anstieg des kardialen Troponins bei fast 94 % [7], auch bei unserer Patientin war das hoch-sensitive Troponin I erhöht. Eine notfallmäßig durchgeführte Koronarangiografie ergab keinen Hinweis auf interventionsbedürftige Koronarstenosen.
Eine Myokardbiopsie ist nur bei Patienten mit hohem klinischem Verdacht und negativer oder unklarer nicht invasiver Testung indiziert, wie bei unserer Patientin [12]. Die Endomyokardbiopsie zeigt in der Regel ein fleckiges bis grobes T-Zell-dominantes lymphozytäres Infiltrat innerhalb des Myokards, ähnlich wie bei der Abstoßung von Herztransplantaten [7]. Die Myokardbiopsie unserer Patientin ergab eine fulminante lymphatische Myokarditis, mit in vielen Bereichen frischer Myozytennekrose, sowie eine massive CD3+-T-Zellen-, CD68+-Makrophagen- und zahlreiche CD20+-B-Lymphozyten-Infiltrationen. Die Patientin wurde mittels Kortisonstoß gemäß der Leitlinie erfolgreich therapiert.
Fazit
Die Diagnose einer ICI-assoziierten Myokarditis erfolgt durch klinische, MRT- und/oder pathohistologische Kriterien.
Eine Myokardbiopsie ist nur bei Patienten mit hohem klinischem Verdacht und negativer oder unklarer nicht invasiver Testung indiziert.
Hochdosierte Kortikosteroide stellen die Standardtherapie dar.
Kontakt-- PD Dr. Raluca Mincu, Westdeutsches Herz- und Gefäßzentrum, Essen, Raluca-Ileana.Mincu@uk-essen.de
Literatur--
1. Stein-Merlob AF et al. Heart. 2021;107(21):1694-703
2. Salem JE et al. Lancet Oncol. 2018;19(12):1579-89
3. Wang DY et al. JAMA Oncol. 2018;4(12):1721-8
4. Lyon AR et al. Eur Heart J. 2022;43(41):4229-361
5. Lehmann LH et al. JAMA Cardiology. 2021;6(11):1329-37
6. Thavendiranathan et al. J Am Coll Cardiol. 2021;77(12):1503-16
7. Mahmood SS et al. J Am Coll Cardiol. 2018;71(16):1755-64
8. Awadalla M et al. J Am Coll Cardiol. 2020;75(5):467-78
9. Aquaro GD et al. J Am Coll Cardiol. 2017;70(16):1977-87
10. Mahrholdt H et al. Circulation. 2006;114(15):1581-90
11. Zhang L et al. Eur Heart J. 2020;41(18):1733-43
12. Palaskas N et al. J Am Heart Assoc. 2020;9(2):e013757