Langzeitvergleich TAVI versus operativem AKE?

Niedrigrisikopatienten-- Langzeitdaten aus drei randomisierten Studien stellen gute Ergebnisse für den Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVI) im Vergleich zum konventionellen Aortenklappenersatz (AKE) bei Patienten mit niedrigem OP-Risiko aus. Der detaillierte Vergleich der Daten lässt jedoch viele Fragen offen.

Von PD Dr. Kim und Prof. Abdel-Wahab und Prof. Walther Veröffentlicht:
TAVI oder AKE-- Welche Methode hat die Nase vorn? pirke/stock.adobe.com

TAVI oder AKE-- Welche Methode hat die Nase vorn?

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Die Verfügbarkeit von Langzeitdaten nach Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) ist begrenzt. In den ersten Jahren der TAVI mit noch limitierter Erfahrung wurden vorwiegend ältere Patienten mit hohem Risiko behandelt. Daher haben viele Patienten die zu erwartende Haltbarkeit der TAVI-Prothesen nicht überlebt. Erst mit den Studien PARTNER 3, EVOLUT Low Risk und NOTION wurden Patienten mit niedrigem Risiko und jüngerem Alter eingeschlossen.

Daraus sind belastbare Langzeitdaten im randomisierten Vergleich zwischen TAVI und konventionellem Aortenklappenersatz (AKE) abzuleiten. In Abb. 1 sind die wesentlichen Endpunkte aller drei Studien in einer Übersicht zu sehen.

4-, 5- und 10-Jahres-Daten aus drei Studien

Langzeitdaten TAVI versus AKE (Abb. 1)-- Vergleichende Darstellung der Endpunkte der Studien PARTNER 3, EVOLUT Low Risk und NOTION; blau: TAVI (Transkatheter-Aortenklappenersatz), orange: AKE (chirurgischer Aortenklappenersatz), ns: nicht signifikant. Won-Keun Kim

Langzeitdaten TAVI versus AKE (Abb. 1)-- Vergleichende Darstellung der Endpunkte der Studien PARTNER 3, EVOLUT Low Risk und NOTION; blau: TAVI (Transkatheter-Aortenklappenersatz), orange: AKE (chirurgischer Aortenklappenersatz), ns: nicht signifikant.

© Won-Keun Kim

In der PARTNER-3-Studie mit insgesamt 1.000 Patienten trat der primäre Endpunkt (Gesamtmortalität, Apoplex oder Hospitalisierung nach 1 Jahr) nach AKE häufiger auf als nach TAVI mit der Sapien-3-Prothese (15,6 % vs. 8,5 %; p = 0,001). Nach 5 Jahren war die Differenz nicht mehr signifikant (27,2 % vs. 22,8 %), vornehmlich durch eine Annäherung der Kurven für Schlaganfall und Rehospitalisierung und eine Kreuzung der Kurven für Mortalität nach etwa 3 Jahren. Der Anteil an Klappendegenerationen war nach 5 Jahren insgesamt niedrig und identisch zwischen beiden Gruppen [1]. In der EVOLUT-Low-Risk-Studie wurden insgesamt 1.414 Patienten zwischen TAVI (CoreValve, Evolut R/PRO) und AKE randomisiert. Der primäre Endpunkt (Gesamtmortalität oder schwerer Apoplex) trat nach 4 Jahren häufiger im AKE- als im TAVI-Arm auf (14,1 % vs. 10,7 %; p = 0,05) [2]. In der NOTION-Studie wurden 280 Patienten für TAVI (CoreValve) oder AKE randomisiert. Der primäre Endpunkt (Gesamtmortalität, Apoplex oder Myokardinfarkt) war nach 10 Jahren in beiden Gruppen mit 65,5 % gleich häufig. Hingegen war die Inzidenz von Klappendegenerationen nach TAVI geringer [4].

Kommentar aus Sicht eines Kardiologen – Prof. Abdel-Wahab

Die aktuell vorliegenden Langzeitergebnisse bis zu 5 Jahren im Vergleich zwischen TAVI und AKE bei Patienten mit niedrigem operativen Risiko stimmen zuversichtlich und zeigen keinen Hinweis für eine Unterlegenheit der TAVI hinsichtlich harter klinischer Endpunkte sowie Haltbarkeit. Zudem stellen die 10-Jahres-Daten der NOTION-Studie ein positives Signal dar, müssen allerdings durch weitere belastbare Daten untermauert werden. Obwohl es sich bei allen 3 vorgestellten Studien um Niedrigrisiko-Kollektive handelt, verbietet sich ein direkter Vergleich der Ergebnisse zwischen den Studien, beispielsweise aufgrund von verschiedenen Ein- und Ausschlusskriterien oder unterschiedlicher Zusammensetzung der primären Endpunkte. Zudem können die jeweiligen Daten nicht auf andere Klappentypen extrapoliert werden.

Kommentar aus Sicht eines Herzchirurgen – Prof. Walther

Wesentlich für die Patientinnen und Patienten erscheint insbesondere die Vermeidung des „harten“ Endpunktes Mortalität. In PARTNER 3 zeigt sich etwas überraschend nach 5 Jahren ein Unterschied in der Mortalität von 1,8 %. Das Überleben lag nach AKE mit 91,8 % deutlich höher als nach TAVI (90 %) [1]. Für die Prothesen der CoreValve-Plattform zeigte sich hingegen nach 4 Jahren ein Überleben von 89,3 %, das bei gleichem Risikoprofil niedriger ausfiel als nach TAVI mit der SAPIEN Prothese nach 5 Jahren. Weiterhin fiel für den chirurgischen Arm der EVOLUT-Low Risk-Studie ein verringertes Überleben von 87,9 % nach 4 Jahren auf [2].

Aktuelle Ergebnisse der STS-Datenbank (Society of Thoracic Surgeons) zeigen bei 42.000 Patienten und Patientinnen nach 5 Jahren ein Überleben von 92,9 % [3]. Dies entspricht den Ergebnissen der PARTNER-3-Studie, übertrifft jedoch die Ergebnisse des AKE-Armes der EVOLUT-Low-Risk-Studie deutlich. Der Unterschied in der Mortalität nach AKE, mit deutlich erhöhter Mortalität ausschließlich im chirurgischen Arm der EVOLUT-Low-Risk-Studie, ist insbesondere bei gleichem Risikoprofil (STS-Score jeweils 1,9 % und Alter der Patientinnen und Patienten jeweils 74 Jahre) kaum zu erklären. Somit müssen weitere Langzeitdaten, insbesondere nach 10 Jahren abgewartet werden.

Fazit

Drei TAVI-AKE-Vergleichsstudien bei jüngeren Patienten mit niedrigem OP-Risiko liefern keinen Hinweis für eine Unterlegenheit der TAVI in Bezug auf die Haltbarkeit.

Die „harten“ Endpunkte im Langzeitvergleich werfen Fragen auf und müssen im Detail betrachtet werden; weitere Langzeitdaten sind nötig.

Einschränkungen stellen die unterschiedlichen Ein- und Ausschlusskriterien dar sowie die Unterschiede zwischen den primären Endpunkten und den geprüften Klappensystemen.

Kontakt-- PD Dr. Won-Keun Kim, Kerckhoff Klinik, Abt. Kardiologie, Bad Nauheim, w.kim@kerckhoff-klinik.de

Literatur--

1. Mack MJ et al. N Engl J Med. 2023;389(21):1949-60

2. Forrest JK et al. J Am Coll Cardiol. 2023;82(22):2163-65

3. Thourani VH et al. Ann Thorac Surg. 2024;117(1):106-12

4. Jørgensen TH et al. presented at: ESC-Kongress, 25.–28.8.2023, Amsterdam

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