Notaufnahme als Dreh- und Angelpunkt

Ambulantisierung in der Notfallmedizin-- In der klinischen Notfallmedizin sind die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung schon längst „aufgeweicht“. Die Notaufnahme fungiert dabei als eine Art Bindeglied zwischen beiden Strukturen. Und trotzdem gibt es Reformbedarf.

Von Prof. Clemens Kill und Dr. Julian Kreutz Veröffentlicht:
Notaufnahme ist das Bindeglied zwischen ambulanter und stationärer Versorgung.

Notaufnahme ist das Bindeglied zwischen ambulanter und stationärer Versorgung.

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Die notfall- und akutmedizinische Versorgung in den Notaufnahmen der Krankenhäuser hat in den vergangenen Jahren einen grundlegenden Wandel begonnen und wird durch aktuelle Reformvorhaben der Bundesregierung wie der Etablierung von integrierten Notfallzentren weiter vorangetrieben. Während traditionell zwischen der ambulanten Medizin und der stationären Krankenhausversorgung sowohl organisatorisch wie auch medizinisch unterschieden wurde, ist diese feste Grenze in der klinischen Notfallmedizin längst nicht mehr existent. Vielmehr ist es schon heute bei zahlreichen notfallmedizinischen Leitsymptomen sinnvoll und durch medizinische Leitlinien untermauert, akute Beschwerdebilder besonders dann in einer Notaufnahme mit einer gesicherten Diagnosefindung zu versorgen, wenn dadurch bedrohliche Diagnosen gesichert oder ausgeschlossen werden können. Die Notaufnahme wird hierbei zum „Hub“ zwischen der rein ambulanten, niedergelassenen medizinischen Versorgung und der akuten stationären Krankenhausaufnahme.

Notfalldiagnostik des akuten Brustschmerzes ist Alltagsgeschäft

Das zunehmende Kompetenzprofil moderner Notaufnahmen mit der jederzeitigen Verfügbarkeit aller notfallrelevanter Diagnostik und Bildgebung sowie von umfassenden Laboruntersuchungen bietet dabei besonders bei der Notfalldiagnostik von kardiovaskulären Notfallpatienten die Möglichkeit, im akuten Beschwerdefall potenziell bedrohliche Diagnosen zu sichern oder auszuschließen und bei risikoarmen Befunden eine ungeplante stationäre Aufnahme zu vermeiden. So gehört die Notfalldiagnostik beim akuten Thoraxschmerz zum Alltagsgeschäft jeder Notaufnahme und wurde durch die immer hochwertigere und schnellere Labordiagnostik viel schneller und sicherer. Aber auch unkomplizierte Fälle beispielsweise einer Rhythmisierung können bei leistungsfähigen Notaufnahmen mit integrierten Monitorbetten immer öfter mit Intervention und Nachbeobachtung ohne mehrtägigen stationären Aufenthalt erfolgen. Grundvoraussetzung ist die heute ohnehin geforderte Vorhaltung einer eigenen Überwachungsstation in der Zuständigkeit der Notaufnahme.

Sektorale Abgrenzung muss überwunden werden

Entscheidend für eine sichere und risikominimierte Ambulantisierung in der Notfallmedizin ist, dass diese 24/7 in gleicher Qualität und Organisationsform umgesetzt wird. Hierfür eignen sich nur die Notaufnahmestrukturen leistungsfähiger Kliniken, da dort jederzeit der Rückgriff auf alle kardiologisch-invasiven wie auch operativen Interventionsmöglichkeiten möglich ist. Nach Ausschluss akut interventionspflichtiger Diagnosen kann von hier aus eine zeitgerechte weitere gezielte Diagnostik und Behandlung geplant und terminiert werden, dies dann auch in vielen Fällen in einem ambulanten Setting. Hierfür erscheint es unerlässlich, die bisherige sektorale Abgrenzung in der Gesundheitsversorgung zu überwinden. Auch durch die gewachsene Inanspruchnahme der Notfallversorgung bei gleichzeitigem Personalmangel gibt es weiterhin einen großen Reformbedarf in der Akut- und Notfallversorgung und u. a. durch eine flächendeckende Etablierung von integrierten Leitstellen, zunehmenden telemedizinischen Angeboten und einer konsequenten Digitalisierung können die bereits leistungsfähigen Strukturen weiterentwickelt werden.

Fazit

Die notfall- und akutmedizinische Versorgung in den Notaufnahmen fungiert als „Hub“ zwischen der rein ambulanten und der akut stationären Versorgung, ein gutes Beispiel ist die Notfalldiagnostik des akuten Thoraxschmerzes.

Besonders bei kardiovaskulären Notfällen bieten die Notaufnahmen heute eine diagnostische Sicherheit, die im klassischen ambulanten Sektor nicht leitlininengerecht abgebildet werden kann.

Aktuell besteht Reformbedarf bei Leitstellen, telemedizinischen Angeboten und Digitalisierung.

Kontakt-- Dr. med. Julian Kreutz, Zentrum für Notfallmedizin – Innere Medizin, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Prof. Dr. med. Clemens Kill, Zentrum für Notfallmedizin, Universitätsmedizin Essen

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