Pauschalisierte Abrechnungen drücken auf die Bremse

Ambulantisierung in der Angiologie-- Es gibt bereits gute Beispiele, wie periphere Gefäßeingriffe ambulant durchgeführt werden können. In vielen Fällen scheitert es aber an der ausreichenden Erstattung solcher Leistungen. Pauschalisierte Abrechnungen drücken auf die Bremse.

Von Dr. Michael Piorkowski und Prof. Sabine Steiner Veröffentlicht:
Die Abrechnungsoptionen ambulant durchgeführter Gefäßeingriffe sind relativ starr.

Die Abrechnungsoptionen ambulant durchgeführter Gefäßeingriffe sind relativ starr.

© Arno Burgi / ZB / picture alliance

Die Erbringung und Abrechnung gefäßmedizinischer Leistungen inklusive minimalinvasiver Kathetereingriffe sind grundsätzlich sowohl im ambulanten wie auch stationären Rahmen möglich. Neben medizinischen patientenspezifischen Erwägungen, bestimmte Eingriffe unter stationären Bedingungen statt ambulant durchzuführen, sind hier vor allem Fragen der Vergütung, vertragsrechtliche Beschränkungen, aber auch die Notfallversorgung nach dem Eingriff ausschlaggebend.

Es hapert an der Vergütung

Die Fortschritte bei den interventionellen Techniken, den verfügbaren Zugangssystemen, die Verwendung von Gefäßverschlusssystemen, aber auch transbrachiale bzw. transradiale Zugänge bieten – aus rein medizinischer Sicht – die Möglichkeit, nicht kardiale, periphere Gefäßeingriffe ambulant durchzuführen.

Gerade die Erstattung von ambulant zu erbringenden Leistungen hat hier nicht mit den technischen Entwicklungen Schritt gehalten. Im Bereich des stationären Fallpauschalensystems können komplexe materialintensive Prozeduren zumindest teilweise besser abgebildet und so auch neue innovative Verfahren in begrenztem Umfang querfinanziert werden. Trotz jährlicher Anpassungen an die wirtschaftliche Kostenentwicklung wird das System allerdings durch die Vermengung von Fällen mit interventionellen Prozeduren und Fällen, bei denen die Hauptleistung ein offen gefäßchirurgischer Eingriff ist, beeinträchtigt.

Die ambulante Vergütung ist relativ starr.

Die ambulante Vergütung nach EBM (Einheitlicher Bemessungsmaßstab, gesetzliche Krankenkassen, GKV) bzw. GOÄ (Gebührenordnung Ärzte, private Krankenkassen, PKV) hat zwar den Vorteil, dass sie nicht dieser Vermischung mit chirurgischen Leistungen unterliegt, aber sie ist relativ starr, seit Jahren nicht aktualisiert und schlecht an die Komplexität der Eingriffe anpassbar. Während bei der Abrechnung privat versicherter Patientinnen und Patienten vor allem die ärztliche Leistung zur Diskussion steht, sind es bei GKV versicherten Patienten die Materialkosten. Hier sind entweder die Kassenärztlichen Vereinigung (KV) oder die GKV direkt für die Sachkostenerstattung zuständig. Neben einem Selbstbehalt bergen besonders – bei fehlender Erstattung – die Materialkosten ein hohes wirtschaftliches Risiko. Dieses Risiko und die Unterfinanzierung des beteiligten medizinischen Personals durch pauschalisierte Abrechnungen nach EBM – Schätzungen des Deutschen Krankenhaus Instituts gehen hier von einem zweistelligen Prozentbereich aus – sind wahrscheinlich die Hauptursache für eine mangelnde Umsetzung ambulanter gefäßinterventioneller Eingriffe.

Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Eine Ambulantisierung, wie sie nun angestrebt wird, könnte ohne Anpassung der Vergütung tendenziell zu einer Ausweitung komplexerer Verfahren und chirurgischer Therapien führen, die eine stationäre Leistungserbringung rechtfertigen.

Da aus medizinischen und technischen Gründen in vielen Fällen wenig gegen die ambulante Durchführung peripherer interventioneller Eingriffe spricht, müssten folgende Punkte sichergestellt werden, bevor Einspareffekte für das Gesundheitssystem realisiert werden können.

1. Die Vergütung der Kosten durch Personal und Infrastruktur sollte sich an der stationären Fallpauschale orientieren.

2. Die Kosten von Verbrauchsmaterial und Implantaten sollten unabhängig von offen chirurgischen Fällen ermittelt werden.

3. Es sollte der Wechsel zwischen stationärer und ambulanter Durchführung der Eingriffe aus medizinischen Gründen möglich sein, ohne dass sich für den Leistungserbringer finanzielle Vor- oder Nachteile ergeben, die zu einer Präferenz für eine Modalität führen.

Eine Möglichkeit wäre die Durchführung der Eingriffe nach Einzelverhandlungen mit den Kostenträgern im Rahmen der integrierten Versorgung, wie dies bereits für die endovenöse Behandlung von Varizenerkrankungen praktiziert wird.

Fazit

Rein aus medizinischer Sicht ist die Durchführung nicht kardialer peripherer Gefäßeingriffe ambulant möglich.

Allerdings hat die Erstattung mit den technischen Entwicklungen nicht mitgehalten, weshalb es hier Anpassungen der Vergütungsstrukturen bedarf.

Kontakt-- Dr. Michael Piorkowski, CCB am Agaplesion Bethanien Krankenhaus, Frankfurt

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