Schlafapnoe als kardiovaskulärer Risikofaktor

Fakten-- Schlafbezogene Atmungsstörungen erhöhen das Risiko für vier häufige Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Hypertonie, Vorhofflimmern, KHK und Herzinsuffizienz. Die kurze Übersicht zeigt epidemiologische Zahlen, Ursachen und Therapiemöglichkeiten.

Von PD Dr. Raluca Mincu Veröffentlicht:
Die obstruktive Schlafapnoe ist eine der häufigsten Ursachen für eine sekundäre Hypertonie. vchalup/stock.adobe.com

Die obstruktive Schlafapnoe ist eine der häufigsten Ursachen für eine sekundäre Hypertonie. vchalup/stock.adobe.com

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Die wichtigsten schlafbezogenen Atmungsstörungen (SBAS) sind die obstruktive und die zentrale Schlafapnoe. Beide haben negative Effekte auf das kardiovaskuläre System und sind mit einer erhöhten kardiovaskulären Morbidität und Mortalität verbunden [1]. In kardiologischen Patientenkollektiven liegt die Prävalenz von SBAS deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung [2, 3].

SBAS erhöhen das Risiko für die Entwicklung von arterieller Hypertonie, Vorhofflimmern, koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz. Die physiopathologischen Mechanismen dafür sind intermittierende nächtliche Hypoxämie/Hyperkapnie, intrathorakale Druckverschiebungen, oxidativer Stress, Entzündung, ein erhöhter Sympathikotonus sowie Störungen der appetitregulierenden Hormone und der Glukosehomöostase mit erhöhtem Risiko für Diabetes mellitus und Adipositas [3, 4].

Arterielle Hypertonie

Bei Patienten mit arterieller Hypertonie weisen etwa 20–60 % eine begleitende SBAS auf, bei therapieresistenter, arterieller Hypertonie sogar bis zu 71 % [5]. Die obstruktive Schlafapnoe ist eine der häufigsten Ursachen für eine sekundäre Hypertonie und stellt eine Indikation für die ambulante 24-h-Blutdruckmessung dar [5]. Die obstruktive Schlafapnoe führt zu einer akuten Erhöhung des nächtlichen Blutdruckes, dem sogenannten „Non-dipper“-Profil, welches mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko verbunden ist [6]. Bei Patienten mit nächtlicher positiver Überdruckbeatmung (CPAP, „continuous positive airway pressure“) gibt es nur eine mäßige Auswirkung auf den Blutdruck [7]. Bei Patienten < 60 Jahren mit unkontrolliertem Blutdruck und mit schwerer nächtlicher Sauerstoffentsättigung zeigte sich ein stärkeres Ansprechen mit einer systolischen Blutdrucksenkung zwischen –2,75 und –7,57 mmHg [8].

Vorhofflimmern

Vorhofflimmern lässt sich in bis zu 60–70 % aller Patienten mit SBAS diagnostizieren [3]. Die SBAS führen bei diesen Patienten zu einer niedrigeren Erfolgsrate einer medikamentösen antiarrhythmischen Therapie und zu einer höheren Rezidivrate nach effektiver elektrischer Kardioversion und/oder Katheterablation [9, 10]. Dementsprechend empfiehlt die europäische Vorhofflimmern-Leitlinie eine CPAP-Therapie der obstruktiven Schlafapnoe, um gezielt das Auftreten, die Progression und das Wiederauftreten von Vorhofflimmern sowie dessen Symptome zu reduzieren (Empfehlungsgrad IIb, Evidenzgrad C) [11]. Eine Metaanalyse von 698 CPAP-Benutzern und 549 Nicht-CPAP-Benutzern zeigte ein um 42 % verringertes Vorhofflimmern-Risiko in der CPAP-Gruppe. Es wurde ein umgekehrter Zusammenhang zwischen der CPAP-Therapie und dem Wiederauftreten von Vorhofflimmern beobachtet [12].

Koronare Herzkrankheit

Die Prävalenz der obstruktiven Schlafapnoe bei koronarer Herzkrankheit ist 2- bis 3-fach höher als in vergleichbaren Populationen ohne kardiovaskuläre Erkrankung [13]. Eine Beobachtungsstudie hat gezeigt, dass die Schwere der obstruktiven Schlafapnoe mit einer geringeren Erholung der linksventrikulären Funktion und mit einer größeren Infarktgröße 3 Monate nach dem akuten Myokardinfarkt korreliert [14]. Die Behandlung einer moderaten bis schweren obstruktiven Schlafapnoe durch eine CPAP-Therapie konnte die kardiovaskulären Outcomes bei Patienten mit nachgewiesener kardiovaskulärer Erkrankung nicht verbessern [15].

Herzinsuffizienz

Die Prävalenz mittel- bis schwergradiger SBAS liegt nach Registerdaten zwischen 46 und 51 % [3]. 58 % der Patienten einer Kohortenstudie von 963 Patienten mit HFrEF weisen eine mittelschwere bis schwere SBAS auf. Die Zeit mit Sauerstoffsättigung < 90 % war ein robuster und unabhängiger Prädiktor für die Gesamtmortalität bei diesen Patienten. Ob die gezielte Behandlung nächtlicher Hypoxämien positive Auswirkungen auf die Mortalität hat, muss noch untersucht werden [16]. Auch die prognostische Bedeutung der SBAS bei Patienten mit HFpEF ist noch nicht untersucht worden [3].

Fazit

Die Zahl der randomisierten Studien und damit die Evidenz im Bereich der SBAS ist begrenzt.

Weitere Studien sind notwendig.

Kontakt-- PD Dr. med. Raluca Mincu, Universitätsklinikum Essen, Westdeutsches Herz- und Gefäßzentrum, Klinik für Kardiologie und Angiologie, Raluca-Ileana.Mincu@uk-essen.de

Literatur--

1. Linz D et al. Int J Cardiol. 2018;271:281-8

2. Kerkhof GA. Sleep Med. 2017;30:229-39

3. Fox H et al. Kardiologie. 2021;15(5):429-61

4. Goudis CA et al. Int J Cardiol. 2017;230:293-300

5. Williams B et al. Eur Heart J. 2018;39(33):3021-104

6. Sega R et al. Circulation. 2005;111(14):1777-83

7. Kasiakogias A et al. J Hypertens. 2013;31(2):352-60

8. Pengo MF et al. Eur Respir J. 2020;55(5):1901945

9. Monahan K et al. Am J Cardiol. 2012;110(3):369-72

10. Li L et al. Europace. 2014;16(9):1309-14

11. Hindricks G et al.Eur Heart J. 2020;42(5):373-498

12. Qureshi WT et al. Am J Cardiol. 2015;116(11):1767-73

13. Buchner S et al. Eur Respir J. 2012;40(5):1173-9

14. Buchner S et al. Eur Heart J. 2014;35(3):192-9

15. McEvoy RD et al. N Engl J Med. 2016;375(10):919-31

16. Oldenburg O et al. Eur Heart J. 2016;37(21):1695-703

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