TAVI und Klappenkeime

Post-TAVI Endokarditis-- Die Zahl der TAVI-Prozeduren wird steigen und damit auch die Zahl der infektiösen Endokarditis-Fälle nach TAVI. Das Problem: Die Therapie ist komplikationsbehaftet, der Ausgang häufig letal. Aber es gibt Verbesserungsansätze.

Von Prof. Dr. Norman Mangner und Prof. Dr. Axel Linke Veröffentlicht:
Staphylokokkus aureus ist einer der am häufigsten bei TAVI-IE isolierten Erreger. Steve Gschmeissner/Science Photo Library

Staphylokokkus aureus ist einer der am häufigsten bei TAVI-IE isolierten Erreger.

© Steve Geschmeissner/Science Photo Library

Das Auftreten einer infektiösen Endokarditis nach TAVI (TAVI-IE) ist mit einer Inzidenz von 0,2–2,0 % pro Patientenjahr eine relativ seltene Komplikation [1, 2]. Vermutlich wird die Zahl gefährdeter Patienten vor dem Hintergrund steigender TAVI-Zahlen und insbesondere einer Ausweitung der Therapie auf jüngere Patienten exponentiell wachsen. Das Risiko ist insbesondere im ersten Jahr nach TAVI erhöht, in dem ca. 75 % der TAVI-IE auftreten [1, 2]. Zum Vergleich: Die Inzidenz einer infektiösen Endokarditis nach chirurgischem Aortenklappenersatz ist mit der Inzidenz dieser Komplikation nach TAVI vergleichbar [3–5].

Untypische Befunde bei TAVI-IE

Das Auftreten von Fieber in 80 % sowie einer neuen Herzinsuffizienz in 40 % sind die häufigsten initialen Symptome einer TAVI-IE. Systemische Embolien sind bei ca. 13 % der Patienten im Rahmen der Erstvorstellung zu finden [1]. Die am häufigsten isolierten Erreger einer TAVI-IE beinhalten S. aureus, Enterococci sp. und koagulase-negative Staphylokokken [1, 2]. Die Diagnose der TAVI-IE erfolgt nach den modifizierten Duke-Kriterien gemäß der aktuellen Leitlinie [6]. Sie sind aber, ähnlich wie bei anderen Prothesenendokarditiden, mit einer geringeren diagnostischen Genauigkeit im Vergleich zur Nativklappen-IE verbunden, vornehmlich durch eine höhere Rate an negativen Blutkulturen sowie einer inkonklusiven Echokardiografie [1]. Tatsächlich weisen 15 % der TAVI-IE keine typischen echokardiografischen Befunde auf. Die Prognose dieser „echokardiografisch-negativen“ Patienten ist jedoch genauso schlecht wie die der Patienten mit typischen echokardiografischen Befunden [7]. Diese Tatsache unterstützt die intensivierte Nutzung von zusätzlichen radiologischen und nuklearmedizinischen Bildgebungsmodalitäten wie in der neuesten europäischen Leitlinie zur IE empfohlen [6]. Die diagnostische Wertigkeit insbesondere der 18F-Fluordesoxyglukose Positronen-Emissions-Tomografie konnte bereits im Rahmen kleinerer TAVI-IE-Kohorten gezeigt werden [1].

Schlechte Prognose

Die TAVI-IE weist eine hohe Rate an Komplikationen (bis zu 70 %) während der Therapie auf, wobei die akute Herzinsuffizienz, das akute Nierenversagen, der septische Schock und systemische Embolien am häufigsten zu beobachten sind [1]. Hierdurch ist erklärbar, dass 8 von 10 Patienten mit TAVI-IE eine formelle Indikation zur chirurgischen Sanierung aufweisen [2]. Betrachtet man jedoch die Therapie aktueller TAVI-IE-Kohorten erhalten nur ca. 20 % eine chirurgische Therapie zusätzlich zur Antibiose, 80 % werden alleinig mittels Antibiotika behandelt [8]. Unabhängig von der gewählten Therapiestrategie ist die Prognose schlecht mit einer Inhospital-Sterblichkeit zwischen 16–64 % und einer 1-Jahres-Mortalität zwischen 27–75 % [1, 2].

Mögliche Strategien für besseres Outcome

Wenn die Therapiewahl keinen Einfluss auf die Mortalität der TAVI-IE hat [8–10], erlangen zwei Aspekte eine herausragende Bedeutung:

1) Diagnose und Therapie müssen individuell in einem multidisziplinären Team in einem spezialisierten Zentrum getroffen und durchgeführt werden, was dem Konzept des „Endokarditis-Teams“ der aktuellen Leitlinie folgt [6], und

2) die Prävention einer TAVI-IE. Diese beinhaltet die Antibiotikaprophylaxe vor dentalen und nicht dentalen Prozeduren bei bereits mit TAVI behandelten Patienten. Vor und während der TAVI sind Maßnahmen wie Screening/Dekolonisierung von S. aureus, allgemeine antiseptische Maßnahmen sowie die Verwendung einer perioperativen Antibiotikaprophylaxe dringend zu empfehlen. Letztere sollte die beiden Hauptkeime, S. aureus und Enterococci sp. adressieren.

Fazit

Die TAVI-IE ist mit einer Inzidenz von 0,2–2,0 % pro Patientenjahr eine relativ seltene Komplikation der TAVI.

Die Komplikationsrate der TAVI-IE ist hoch, unabhängig von der gewählten Therapie liegt die 1-Jahres-Mortalität zwischen 27 und 75 %.

Diagnose und Therapie sollten in einem spezialisierten Zentrum erfolgen, weiter ist eine wirksame IE-Prophylaxe bei TAVI-Patienten zu empfehlen.

Kontakt-- Prof. Dr. Norman Manger, Herzzentrum Dresden – Technische Universität Dresden, norman.mangner@tu-dresden.de

Literatur--

1. Del Val D et al. J Am Coll Cardiol. 2023;81:394-412

2. Mangner N et al. Ann Cardiothorac Surg. 2019;8:685-7

3. Butt JH et al. J Am Coll Cardiol. 2019;73:1646-55

4. Kolte D et al. Am J Cardiol. 2018;122:2112-9

5. Ried ID et al. Clin Res Cardiol. 2024; https://doi.org/10.1007/s00392-023-02356-4

6. Delgado V et al. Eur Heart J. 2023;44:3948-4042

7. Mangner N et al. Clin Infect Dis. 2023;76:1003-12

8. Mangner N et al. J Am Coll Cardiol. 2022;79:772-85

9. Bansal A et al. Catheter Cardiovasc Interv. 2022;99:1592-6

10. Mangner N et al. J Am Heart Assoc. 2018;7:e010027

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