Werden Stents bald ambulant eingesetzt?

Ambulantisierung der PCI-- Eine perkutane Koronarintervention könnte durchaus ambulant vorgenommen werden. Die Vorteile liegen auf der Hand. Doch die Ambulantisierung solcher Eingriffe ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

Von Prof. Holger Nef und Prof. Holger Thiele Veröffentlicht:
Stents ambulant einsetzen, birgt Vorteile wie Risiken.

Stents ambulant einsetzen, birgt Vorteile wie Risiken.

© Science Photo Library/Science Photo Library

Der zunehmenden Ambulantisierung medizinischer Leistungen rückt auch die interventionelle Stentimplantation (OPS 8-837.x) immer mehr in den Fokus der Diskussion. Im bisherigen AOP-Katalog (ambulanter Operationskatalog) nach §115b SGB sind lediglich die Koronarangiografie mit oder ohne physiologische Messung mittels Druckdraht aufgeführt. Hierzu hat die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie gerade ein wichtiges Positionspapier zu strukturellen, prozeduralen und personellen Voraussetzungen zur Leistungserbringung veröffentlicht [1].

Der Vorteil einer ambulanten Durchführung einer PCI liegt auf der Hand.

Für die Durchführung der perkutanen Koronarintervention (PCI) ist weiterhin eine stationäre Behandlung möglich. Allerdings ist durch die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der PCI in den letzten Jahren gerade auch diese Prozedur im Sinne einer Ambulantisierung prüfenswert. Entsprechend müssen die Indikationen – ebenso aber auch die Kontraindikationen für eine ambulante Behandlung nach PCI – diskutiert werden.

Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine ambulante PCI möglich

Der Vorteil einer ambulanten Durchführung einer PCI liegt auf der Hand: In Zeiten des Fachkräftemangels und der weniger verfügbaren Ressourcen bedeutet dies ein geringeres Stressniveau für Patienten und Patientinnen und in gleichem Maße Entlastung für das Personal. Ebenso können hierdurch die mit der stationären Übernachtung verbundenen Kosten eingespart werden. Unter Beachtung der strukturellen und personellen Mindestanforderung an die ambulante Einrichtung und den Voraussetzungen für die postoperative Überwachung (Stichwort minimale Überwachungsdauer vier Stunden) bzw. Entlassmanagement (EKG, Kontrolle der Punktionsstelle) erscheint deshalb eine einfache PCI bei radialem Zugang möglich zu sein.

Abb. 1--Entscheidungskriterien für eine ambulante bzw. stationäre Behandlung basierend auf Patientencharakteristika, anatomischen Kriterien und prozedurrelevanten Aspekten.

Abb. 1--Entscheidungskriterien für eine ambulante bzw. stationäre Behandlung basierend auf Patientencharakteristika, anatomischen Kriterien und prozedurrelevanten Aspekten.

© Nach Stellbrink et al. Kardiologie. 2023

Im Falle eines femoralen Zugangs sollte bei höherem Blutungsrisiko die Liegezeit von vier bis sechs Stunden (bei Verwendung eines Verschlusssystems) nicht unterschritten werden. Komplexere Interventionsverfahren (beispielsweise an Bifurkationsstenosen, eine Rotablation, intravaskuläre Lithotripsie, orbitale Atherektomie oder eine Rekanalisation von chronischen totalen Okklusionen) sollten jedoch – unabhängig des Zugangsweges – generell unter stationären Bedingungen vorgenommen werden, weil diese Eingriffe mit einem erhöhten postinterventionellen Risiko einhergehen.

Standardisiertes Komplikationsmanagement ist obligatorisch

Insgesamt kann die Mortalität nach PCI bei solchen komplexen Eingriffen ja nach Erfahrung des Untersuchers bei circa 1,5 % bis 1,9 % liegen [2]. Da entsprechende Komplikationen auch bei scheinbar einfachen Interventionen auftreten können, ist ein standardisiertes Komplikationsmanagement gerade bei ambulanter Durchführung der PCI unbedingte Voraussetzung. Weiterhin ist diesem Kontext eine 24-Stunden-Erreichbarkeit und eine mögliche Anbindung an eine intensivmedizinische Einheit obligatorisch. Neben den oben genannten prozeduralen und anatomischen Aspekten sind natürlich patientenspezifische Aspekte von Bedeutung, wie z. B. eine Niereninsuffizienz, die entsprechende prophylaktische Maßnahmen zur Vermeidung einer Kontrastmittelinduzierten Nephropathie und Nachkontrollen erforderlich machen.

Zusätzlich zählen Blutungsrisiko, Herzinsuffizienz und die klinische Präsentation neben einigen anderen Fakturen dazu (Abb. 1). Auch soziale Faktoren spielen eine Rolle, die auch bei längeren Fahrtwegen eine ambulante Behandlung erschweren bis gar unmöglich machen können [1]

Fazit

Insgesamt liegt die Ambulantisierung der PCI im Trend einer modernen Medizin. Trotzdem ist es wichtig, dass diese im Vorfeld sorgfältig geprüft und nur bei geeigneten Patienten/Patientinnen angewendet wird, um eine sichere und effektive Behandlung zu gewährleisten.

Und nebenbei sollte gewährleistet sein, dass die Vergütung für die Prozeduren im Vorfeld geklärt ist, bevor medizinisch sinnvolle Maßnahmen umgesetzt werden können.

Literatur-- 1. Stellbrink C et al. Kardiologie. 2023;17:95-110
2. Fanaroff AC et al. J Am Coll Cardiol. 2017;69(24): 2913-24

Kontakt-- Prof. Dr. Holger Nef, Universitätsklinikum Gießen, Prof. Holger Thiele, Herzzentrum Leipzig

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