Wird Pulsfeldablation neuer Standard?

Pulmonalvenenisolation-- Die Ablation von Vorhofflimmern ist eine Standardtherapie. Heutzutage dominieren Radiofrequenz- oder Kryoablation, auch wenn diese Verfahren Limitationen aufweisen. Kann die innovative Methode der Pulsfeldablation (PFA) den thermischen Verfahren den Rang ablaufen? Hier sind die Pro- und Kontra-Argumente.

Von Prof. Jan Schrickel und PD Dr. Marc Kottmaier Veröffentlicht:
 Prof. Jan Schrickel

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© Schrickel

PRO: Effektivität und Sicherheit werden sich durchsetzen

Die Elektroporation im Rahmen der Pulsfeldablation (PFA) nutzt im Gegensatz zu den etablierten Ablationsverfahren (Radiofrequenzstrom- oder Kryoablation) keine thermische Energie. Per Applikation hochamplitudiger, gepulster elektrischer Felder wird durch Porenbildung die Membranpermeabilität gesteigert und letztlich der Zelltod induziert. Verschiedene Zelltypen zeigen variable Empfindlichkeiten gegenüber dieser irreversiblen Zellmembranschädigung, Kardiomyozyten sind besonders vulnerabel. Ablationsläsionen können also durch gezielte Zerstörung myokardialer Zellen erzeugt werden, ohne dabei unempfindlichere Zelltypen (u. a. glatte Muskelzellen, Fibrozyten, Nervenzellen) zu schädigen, was die Sicherheit der Ablation erhöht.

Etliche kleinere Studien haben bereits die klinische Effektivität und Sicherheit der PFA bei der Pulmonalvenenisolation (PVI) für paroxysmales und persistierendes Vorhofflimmern gezeigt. Zuletzt untersuchte das MANIFEST-PF-Register an der bisher größten Patientenkohorte die Sicherheit, um PFA für PVI in der alltäglichen Praxis an einer repräsentativen Patientenzahl (n = 1.758) zu evaluieren (Device: Pentaspline PFA-Katheter). 1,6 % der Patientinnen und Patienten zeigten Major-Komplikationen. Es traten aber keine atrioösophageale Fisteln, PV-Stenosen oder dauerhafte Paresen des Nervus phrenicus auf. Die Inzidenz der Perikardtamponade lag bei 1 %, die Komplikation trat überwiegend im ersten Drittel der Lernkurve auf. Zu periinterventionellen Schlaganfällen kam es in 0,4 % der Fälle, was auch die Ursache für den einzigen Todesfall in der untersuchten Kohorte war. Bei 17,5 % der 11 Teilnehmenden, die nach der Prozedur eine kraniale MRT bekamen, zeigten sich prozedurassoziierte stumme zerebrale Mikroembolien. Inwieweit dies durch technische Aspekte der Prozedur oder die Form der Energieapplikation bedingt ist, bleibt aktuell unklar.

Hohe Effektivität bestätigt

In MANIFEST-PF bestätigte sich die zuvor gezeigte hohe akute Effektivität der PFA bei PVI von nahezu 100 %. Die Durabilität der Isolationsläsionen wurde zudem durch elektives Remapping in Patienten in der IMPULSE- und der PEFCAT-Studie nachgewiesen, die beide nach 12 Monaten Follow-up auch eine sehr gute klinische Erfolgsrate von 78 % Vorhofflimmerfreiheit (nach Optimierung der Prozedurparameter) zeigten. PFA ermöglichte es in allen gezeigten Studien zudem, die Untersuchungsdauer nach Absolvierung einer Lernkurve zu verkürzen. Mittels tiefer Analgosedierung sind die assoziierten Schmerzen und muskulären Kontraktionen beherrschbar.

Insgesamt ist auf Grundlage der aktuell noch limitierten, aber extrem vielversprechenden Datenlage davon auszugehen, dass sich die PFA als maßgebliche, wenn nicht sogar wichtigste Methode zur PVI durchsetzen wird. Gründe dafür sind die bereits nachgewiesene hohe Effektivität, Sicherheit und prozedurale Effektivität bezüglich linksatrialer Untersuchungsdauer und Durabilität der Läsionen. Eine weitere Optimierung von Devicearchitekturen, technischen Modalitäten und die Kombination mit bestehenden (implementiertes 3-D-Mapping) sowie neuen (Single-Tip-PFA-Devices) Technologien wird die PFA-Prozedur künftig noch effektiver, sicherer und breiter anwendbar machen – auch für komplexe Ablationen.

Kontakt-- Prof. Dr. Jan Schrickel, Universitätsklinikum Bonn

KONTRA: (K)eine Rose ohne Dornen?

PD Dr. Marc Kottmaier

PD Dr. Marc Kottmaier

© Kottmaier

Gegenargumente zum Statement „Pulsfeldablation (PFA) wird neue Standardenergiequelle für die PVI“ gibt es vermeintlich nur wenige anzuführen – auch ich bin von der Technik und dem Ansatz der PFA überzeugt.

Was tut man also, wenn man einen zu seiner eigenen Position konträren Part in der Diskussion einnehmen soll? Man geht auf Absolutismen und Generalisierungen ein. PFA ist ein äußerst heterogener Begriff. Die aktuell zur Verfügung stehende biphasische, bipolare PFA mit einem Basket-/Flower-Katheter im Sinne eines Single Shot-Devices liefert äußerst überzeugende Erfolgsraten.

Unklar ist aber bislang, inwieweit diese Ergebnisse auf PFA-Methoden anderer Hersteller übertragbar sind, die beispielsweise eine monophasische PFA, veränderte Pulsanzahlen oder ein verändertes Katheterdesign (Spiralkatheter, Single-Tip-Katheter) verwenden.

Große Areale werden auch am Dach der LA abladiert

Untersuchungen mittels Voltage-Map zeigen, dass bei der oben genannten PFA-Methode große Areale nicht nur im Bereich der Mündungsstellen der Pulmonalvenen, sondern auch am Dach sowie im posterioren linken Vorhof (LA) abladiert werden. Ist dies bei Patienten und Patientinnen mit paroxysmalem Vorhofflimmern eher unnötig oder sogar potenziell proarrhythmisch? Diese Areale wären wahrscheinlich bei einer Radiofrequenz-PVI „verschont“ geblieben.

Auch die initiale Euphorie bzgl. „fehlender“ Nebenwirkungen der PFA muss sich erst in Studien mit großen Teilnehmerzahlen bestätigen. Selbst wenn die PFA äußerst sicher erscheint, kann es bei großen Patientenzahlen über kurz oder lang zu Komplikationen kommen. Ein potenziell besorgniserregendes Phänomen der PFA ist die Entstehung kleinster Luftblasen während der Applikation („Micro-Bubbles“). Diese scheinen zwar keine großen zerebralen Infarkte zu verursachen, allerdings ist wenig über stumme Infarkte, im Sinne von zerebralen Läsionen, bekannt.

Phrenikusparesen scheinen nur transient aufzutreten, aber auch transiente Komplikationen können zu Problemen führen. Beispielsweise wurden Koronarspasmen bei PFA im Bereich des Mitralisthmus berichtet. Diese Komplikation ist natürlich auch bei einer konventionellen PVI wegen der anatomischen Nähe der Koronararterien zu den linken Pulmonalvenen (insbesondere bei atypischem Verlauf der Koronararterien) denkbar.

Zusammenfassend ist die PFA mit hoher Wahrscheinlichkeit ein sehr sicheres Verfahren, aber es gibt keine Rose ohne Dornen – bei sehr guter Effektivität wird es bei großen Patientenzahlen auch zu Nebenwirkungen bzw. Komplikationen kommen.

Noch fehlen Langzeitdaten zu Effektivität und Sicherheit

Der PFA gegenüber stehen derzeit etablierte Ablationsmethoden wie die Radiofrequenzablation oder die Kryoballonablation. Diese haben ihre Effektivität und Sicherheit bei weltweit 100.000sten von Prozeduren und langen Follow-up-Zeiten zeigen können. Solche Daten sind für die PFA noch ausstehend.

Mit Sicherheit ist es daher noch zu früh, etablierte Verfahren wie Radiofrequenz- oder Kryoablation „zu Grabe“ zu tragen, und die „Pulsed Field Ablation“ zum „Standard“ zu erheben. Nichtsdestotrotz freue ich mich, in Zukunft mit der PFA eine weitere Ablationsmethode zur Verfügung zu haben, die ich Patientinnen und Patienten anbieten kann.

Kontakt-- PD Dr. Marc Kottmaier, Herzzentrum München

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