Umfrage auf Social Media

Young Cardiologists & Work-Life-Balance

Twitterumfrage-- Wer kennt sie nicht, die ewige Diskussion im Alltag? Erfahrene Kardiologinnen und Kardiologen werfen der jungen Generation vor, nur noch an Freizeit zu denken, während Young Cardiologists ihrerseits über eine zu große Arbeitsbelastung klagen. Aber wer hat denn nun recht?

Von Dr. Hannah Billig und Dr. Philipp Breitbart Veröffentlicht:

Auf Twitter haben wir als Sektion Young DGK über mehrere Wochen immer wieder gefragt: Wie sieht Eure Work-Life-Balance aus?

Die Umfrageergebnisse wollen wir an dieser Stelle zusammenfassen und in einen Kontext setzen. Auch wenn die Ergebnisse sicher keine belastbaren Daten darstellen, so können sie vielleicht ein Meinungsbild unter jungen Ärztinnen und Ärzten skizzieren.

Berufsmüdigkeit unter Medizinern

Die SARS-CoV-2-Pandemie hat nicht nur die ganze Welt, sondern auch und besonders das Gesundheitswesen vor neue Herausforderungen gestellt und seit Jahren bestehende Probleme exponiert. Eine Mitgliederumfrage (8.464 Teilnehmerinnen und Teilnehmern) des Marburger Bunds aus diesem Jahr belegt, was viele von uns ahnten: 57 % aller Befragten arbeiten mehr als 48 Stunden pro Woche, 18 % sogar über 60 Stunden wöchentlich (s. auch Cardio News vom 23.9.2022, Seite 37).

Ein Viertel der Befragten erwägt laut Umfrage sogar, ihre Tätigkeit aufzugeben, und 18 % antworteten auf diese Frage mit „weiß nicht“. 57 % schlossen einen Berufswechsel hingegen aus.

Diese alarmierenden Ergebnisse waren für uns Grund bzw. Auftrag genug, Young Cardiologists, die sich ja initial eigentlich alle für das unseres Erachtens spannendste Fach der Medizin entschieden haben, zu den Belastungen ihres Arbeitsalltages zu befragen. Und wie sie sich eine gute Work-Life-Balance vorstellen?

Twitterumfrage offenbart Ausmaß der Überstunden

Young Cardiologists & Work-Life-Balance

© Billig/Breitbart

Twitterumfrage-- Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, aber durchaus aufschlussreich. Billig/Breitbart

Twitterumfrage-- Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, aber durchaus aufschlussreich. Billig/Breitbart

© Billig/Breitbart

58 % der befragten Twitter-User gaben an, an einer Uniklinik zu arbeiten, 27 % an einem peripheren Haus und jeweils 7 % an einer Privatklinik oder in einer Praxis (s. Abb. unten links)

Die meisten Abstimmungen (439) erhielten wir auf die Frage, wie viel Zeit Young Cardiologists wöchentlich bei der Arbeit verbringen: 50 % der Teilnehmenden arbeiten zwischen 40 und 50 Stunden pro Woche, 30 % über 50 Stunden und knapp 20 % sogar über 60 Stunden wöchentlich (s. Abb. unten Mitte).

Zudem haben wir die jungen Kollegen in Teilzeit befragt, wie häufig sie Überstunden machen: Knapp 30 % gaben an, (fast) immer Überstunden zu machen, fast 20 % müssen nie oder fast nie Überstunden leisten. 63 % der Young Cardiologists kommen im Tagdienst zwischen 17 und 19 Uhr aus der Klinik, 21 % allerdings erst nach 21 Uhr.

Das geleistete Arbeitspensum wurde von knapp 56 % mit „ich arbeite zu viel, aber komme klar“ beurteilt. Etwa ein Drittel der Befragten empfindet den eigenen „Workload“ jedoch als Dauerstress (s. Abb. unten rechts).

Auswirkungen der Arbeitsbelastung auf das Privatleben

74 % der Teilnehmenden checken nach Feierabend noch berufliche Mails und knapp die Hälfte ist auch im Urlaub oder bei Krankheit für den Arbeitgeber erreichbar. Ein Fünftel verzichtet dagegen auf das Abrufen von Mails außerhalb der Arbeitszeiten – ob am Abend oder im Urlaub (s. Abb. oben links).

Auch 30 % der Kollegen in Teilzeit machen oft Überstunden.

Wir haben uns gefragt, wie sich der Job auf das Privatleben auswirkt, und wollten wissen, ob das Arbeitspensum die Partnerschaft junger Kardiologinnen und Kardiologen beeinflusst. Dabei gab die große Mehrheit (70 %) an, dass aufgrund der Arbeit Diskussionen entstünden, und 16 % machen den Job für das Ende einer Beziehung verantwortlich. Bei 60 % der Antworten wurde angegeben, freundschaftliche Aktivitäten oder Hobbys oft zugunsten des Berufs einzuschränken. Forschung wird bei 90 % der Befragten abends oder am Wochenende erledigt.

Nur ein Drittel schafft es, trotz des hohen Arbeitsaufkommens drei bis vier Mal pro Woche Sport zu treiben, lediglich 10 % kommen auf fünf oder mehr Trainingseinheiten (s. Abb. oben Mitte). Auch regelmäßiges Essen kommt im Arbeitsalltag bei den Allermeisten zu kurz (s. Abb.oben rechts).

Die Teilnehmerzahlen der einzelnen Umfragen lagen im Schnitt zwischen 100 und 200 und konnten aus technischen Gründen nicht auf Youngs beschränkt werden.

Was hilft, die Work-Life-Balance zu erhalten?

Dieser kleine Survey bestätigt jedoch, was die Umfrage des Marburger Bunds bereits gezeigt hat: Die Arbeitsbelastung in der Medizin ist hoch und wirkt sich nicht unwesentlich auch auf das Privatleben der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer aus. Wie können wir es schaffen, trotz des Berufs oder gerade deshalb eine zufriedenstellende Work-Life-Balance beizubehalten?

Welcher Ausgleich kann uns helfen, belastende Situationen aus der Klinik hinter uns zu lassen? Muss sich etwas ändern, damit der ärztliche Beruf attraktiv bleibt? Wir sind sicher, dass jeder von Euch zu diesen Fragen spannende Vorschläge hat. Teilt Sie gerne mit uns und schreibt uns auf Twitter oder per Mail (young@dgk.org)..

Fazit

Eine Umfrage der Young Cardiologists auf Twitter zeigt die hohe Arbeits- belastung junger Kardiologinnen und Kardiologen.

Die Auswirkungen betreffen unter anderem Beziehungen, Freizeitgestaltung und regelmäßige Ernährung.

Lösungsansätze für eine ausgeglichene Work-Life-Balance könnten flexiblere Arbeitsbedingungen sein.

Kontakt-- Dr. med. Hannah Billig, Universitätsklinikum Bonn, Dr. Philipp Breitbart, Universitätsklinikum Freiburg,

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