Wird die invasive Diagnostik obsolet?

DGK-Jahrestagung-- Die kardiale CT-Angiografie gewinnt zunehmend an Stellenwert in der KHK-Diagnostik. Doch kann sie die invasive Koronarangiografie ersetzen? Darüber diskutierte eine Expertin bei der DGK-Jahrestagung und kam zu dem Schluss: „Nein, noch nicht ganz.“

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
Über 5.300 Besucherinnen und Besucher kamen nach Mannheim, 3.100 Personen nutzten währenddessen das Online-Angebot.

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© Thomas Hauss

Läuft die koronare CT-Angiografie (CCTA) der invasiven Koronarangiografie den Rang ab, kann sie diese gar völlig überflüssig machen? Mit dieser Frage setzte sich Dr. Monique Tröbs vom Uniklinikum Erlangen bei der DGK-Jahrestagung auseinander. Schon mal vorweggenommen, die Kardiologin sieht weiterhin einen Stellenwert für die invasive Diagnostik. Doch macht sie anhand von Studien deutlich, dass die CCTA bei bestimmten die Indikationen die Koronarangiografie durchaus ersetzen kann.

So ist in der ISCHEMIA-Studie laut Tröbs eine Patientenklientel eingeschlossen worden, das von einer CT profitieren kann: Patientinnen und Patienten mit stabiler KHK. Die CT biete hier eine gute Möglichkeit, jene Patienten zu identifizieren, die von einem initial konservativen Vorgehen profitieren können. In ISCHEMIA wurden die Patienten vor der Randomisierung zunächst einer CCTA unterzogen. Nur wenn darin eine Hochrisikoanatomie (z. B. Haupstamm-Stenose) ausgeschlossen und eine signifikante Stenosierung festgestellt werden konnte, sind sie randomisiert worden. Bekanntlich hat sich in der Studie herausgestellt, dass die unmittelbare invasive Intervention im Vergleich zum initial konservativen Vorgehen keinen prognostischen Nutzen gebracht hat. Symptomatisch haben die Patienten aber von der direkten Revaskularisation profitiert. Daraus schließt Tröbs, dass nicht jeder Patient revaskularisiert werden muss, wenn sich seine Beschwerden durch Medikamente kontrollieren lassen und wenn eine Hochrisikoanatomie ausgeschlossen wurde – was wiederum mit der CCTA gut möglich ist. Auch die erst kürzlich publizierte DISCHARGE-Studie liefert Argumente für eine initiale Abklärung mittels CT bei Patienten mit stabiler KHK und mittlerer Prätestwahrscheinlichkeit. Darüber hinaus bietet die CCTA einen Mehrwert für die prognostische Risikoeinschätzung, wie u. a. die SCOT-HEART-Studie demonstriert hat. Wie Tröbs ausführte, hat sich die anatomische Bildgebung in dieser Studie unter prognostischen Gesichtspunkten einer Ischämie-Diagnostik als eindeutig überlegen erwiesen. Vorteil der CCTA sei, dass sich dadurch Wandstrukturen und Plaques in ihren unterschiedlichen Ausprägungen und Charakteristika abbilden lassen, so Tröbs.

Zum ersten Mal nach drei Jahren fand die DGK-Jahrestagung wieder vor Ort in Mannheim statt.

Zum ersten Mal nach drei Jahren fand die DGK-Jahrestagung wieder vor Ort in Mannheim statt.

© Thomas Hauss

Auch die CCTA hat Grenzen

Doch obwohl die CCTA in Studien überzeugen konnte, stößt sie immer wieder an Grenzen. Das Ende der diagnostischen Koronarangiografie sieht die Kardiologin daher nicht eingeleitet. „Nein, noch nicht ganz“, so ihr Resümee. So gibt es diverse Gründe, die entweder die Durchführung einer CCTA unmöglich oder es erforderlich machen, eine Koronarangiografie nachzuschalten. So verweist Tröbs auf Artefakte, die in der CT entstehen können und die die Beurteilung einer Stenose erschweren. Zudem erfordert die Durchführung der CT eine angemessene Hardware – mind. einen 64-Zeiler, besser noch ein Dual Source CT, so Tröbs – und Expertise. Wie entscheidend diese ist, wird an der anschließenden Diskussion deutlich. So war aus dem Auditorium zu hören, dass im Alltag aufgrund mangelhafter Bilder und Unsicherheiten bei der Interpretation der Befunde oft eine Koronarangiografie nachgeschaltet werden muss. „Ein richtig gutes CT übersieht keine echte Problematik“, erwiderte Prof. Axel Schmermund darauf. Es sei aber entscheidend, dass Kardiologen in der Befundung der CT-Befunde mit einbezogen werden, so der in Frankfurt tätige Kardiologe. Zu guter Letzt gibt es Patienten, die für eine CCTA nicht geeignet sind. So ist eine CT bei Menschen mit Rhythmusstörungen oder schwerem Übergewicht schwierig durchführbar. Patienten müssen zudem in der Lage sein, Atemkommandos zu befolgen. Die erforderliche Kontrastmittelgabe kann den Einsatz ebenfalls einschränken. Des Weiteren erschweren starke Verkalkungen der Koronarien die Beurteilung von Stenosen, sodass der Einsatz der CCTA bei Patienten mit hohem Kalk-Score limitiert ist. Dasselbe gilt für KHK-Patienten, die bereits einen Stent implantiert bekommen haben. Thrombosen seien im Stentbereich schwer zu sehen, führte Tröbs aus.

Was heißt das nun für die Praxis? „Ich gehe da mit den Leitlinien“, machte Tröbs ihre grundsätzliche Position klar. Diese empfehlen eine CCTA als bevorzugte Diagnostik bei Patienten mit einer eher im niedrigen Bereich liegenden Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer obstruktiven KHK. Vor allem im Ausschluss einer KHK sieht die Kardiologin die Stärke der CCTA, wegen des hohen negativen prädiktiven Wertes. „Wenn Patienten zu uns zur Koronarangiografie geschickt werden, entscheiden wir uns auch hin und wieder für eine Koronar-CT, wenn wir merken, dass das Risiko geringer ist und die Symptome doch nicht so typisch sind, wie initial gedacht“, berichtet sie. Mit technischen Fortschritten werde der Stellenwert der CCTA sicher noch zunehmen, prognostiziert sie. Doch trotz aller Euphorie warnt sie vor einem „Gießkannenprinzip“, also vor einem inflationären Einsatz der Methode. Darunter werde die Bildqualität leiden, so Tröbs. Derzeit ist der Einsatz der CCTA in Deutschland durch Verfügbarkeit und vor allem durch die Vergütung limitiert

Fazit

Bei stabiler KHK und niedriger bis moderater Prätestwahrscheinlichkeit kann die CCTA eine Koronarangiografie überflüssig machen.

Vollständig ersetzen kann die CT eine invasive Diagnostik bisher aber nicht, u. a. wegen ihrer Limitationen.

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