Rheumatisches Vorhofflimmern

INVICTUS: DOAK versus VKA

Orale Antikoagulation-- Patientinnen und Patienten mit rheumatischem Vorhofflimmern und erhöhtem Schlaganfallrisiko stehen im Fokus der INVICTUS-Studie. Geprüft wurde Rivaroxaban gegen einen Vitamin-K-Antagonisten. Das Ergebnis überraschte die medizinische Fachwelt.

Von Prof. Stavros Konstantinides Veröffentlicht:

Es war im 2009, als Stuart Connolly und Mitarbeiter die erste randomisierte Studie zum Einsatz des direkten oralen Antikoagulans (DOAK) Dabigatran zwecks Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern publizierten. Es folgten weitere Studien mit Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban, welche eine überlegene Wirksamkeit – einschließlich Mortalitätssenkung – und Sicherheit (Reduktion schwerer Blutungen) dieser Medikamentengruppe gegenüber den Vitamin-K-Antagonisten (VKA) zeigen konnten. Davon wurden allerdings stets Patienten mit „valvulärem“ Vorhofflimmern, insbesondere (mittel)schwerer rheumatischer Mitralstenose, ausgeschlossen.

Jetzt, 13 Jahre später, ist es wieder die Autorengruppe aus Ontario, die mit der INVICTUS-Studie den Kreis schließt. INVICTUS verglich das DOAK Rivaroxaban mit einem VKA bei 4.565 Patienten mit rheumatischem Mitralvitium oder echokardiografischen Hinweisen auf ein hohes Thromboserisiko. Die Ergebnisse waren unerwartet: In der Rivaroxaban-Gruppe wurde eine höhere jährliche Inzidenz von (ischämischen) Schlaganfällen als unter VKA beobachtet, insbesondere fiel jedoch eine signifikant höhere Rate von Todesfällen in der Form eines plötzlichen Herztodes oder in Verbindung mit einem Pumpversagen auf.

Ist „blindes“ Vertrauen ins DOAK schuld am schlechten Ergebnis?

Wie kann dieses enttäuschende Ergebnis erklärt werden? Da die höhere Mortalität in der Rivaroxaban-Gruppe weder auf Schlaganfälle noch auf Blutungen zurückzuführen war, scheidet das DOAK als direkte Todesursache sehr wahrscheinlich aus. Es bestehen ferner keine Hinweise aus der Literatur, dass Rivaroxaban oder andere DOAK Pumpversagen oder plötzlichen Herztod verursachen können. Vielmehr ist auf die erhöhte Abbruchrate der Studienmedikation im Vergleich zu der INR-gesteuerten VKA-Behandlung und die insgesamt reduzierten Arztkontakte unter Rivaroxaban zu achten. Es scheint, dass ein „blindes“ Vertrauen in das DOAK nicht nur die Therapieadhärenz reduzierte, sondern auch weitere wichtige Aspekte der Vorhofflimmernbehandlung verdrängte.

Die INVICTUS-Studie macht deutlich, dass die effektive Therapie von Vorhofflimmern nicht nur aus therapeutischer Antikoagulation besteht. Eine umfassende medizinische Behandlung und Betreuung der Patientinnen und Patienten sollte in gleichem Maße auf kardiale und extrakardiale Komorbiditäten fokussieren sowie die Prävention lebensbedrohlicher Arrhythmien beinhalten. Vorhofflimmern ist eine schwerwiegende kardiale und systemische Erkrankung, nicht nur eine Quelle von Thromben. Die VKA-Behandlung und die damit verbundene Notwendigkeit regelmäßiger Arztkontakte dient zumindest in manchen Ländern und Gesundheitssystemen dazu, dieses wichtige Prinzip nicht aus den Augen zu verlieren.

Fazit

Unerwartet: In der Rivaroxaban-Gruppe der INVICTUS-Studie wurde eine höhere Inzidenz von (ischämischen) Schlaganfällen als unter VKA beobachtet.

Learning: Die effektive Therapie von Vorhofflimmern besteht nicht allein aus therapeutischer Antikoagulation.

Kontakt-- Prof. Dr. med. Stavros Konstantinides, Universitätsmedizin Mainz

Literatur beim Verfasser

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