Koronarangiografie oder FFR einsetzen

Interventionelle Diagnostik-- Druckdrahtbasierte Messungen der fraktionellen Flussreserve werden zur Indikationsstellung für perkutane Koronarinterventionen bei intermediären Stenosen und fehlendem Ischämienachweis empfohlen, aber selten genutzt. Moderne Alternativen basieren auf Algorithmen für Angiografiedaten.

Von Prof. Holger Thiele Veröffentlicht:
Koronarangiografie oder FFR einsetzen

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Deutschland ist in Bezug auf die Einwohnerzahl Weltmeister in der invasiven Diagnostik und der Rate an perkutanen koronaren Interventionen (PCI) pro 100.000 Einwohner [1]. In den letzten Jahren zeigte sich hier aber eine Abnahme, den Empfehlungen der Leitlinien für das chronische Koronarsyndrom folgend [2]. Während die invasive Diagnostik und PCI bei akutem Koronarsyndrom unstrittig die Prognose verbessert [3, 4], konnte für das chronische Koronarsyndrom bisher nur eine symptomatische Verbesserung gezeigt werden.

Spezifische Besonderheiten des deutschen Gesundheitssystems spielen eine Rolle inkl. der bisher fehlenden Erstattungsfähigkeit von kardialer MRT und CT im ambulanten Bereich. Hier ist die DGK sehr aktiv, um eine Erstattungsfähigkeit dieser nicht invasiven Methoden unter entsprechenden Qualitätskriterien mit Beteiligung von Kardiologen zu etablieren.

Validierungsstudien softwarebasierte FFR vs. FFR

Für derzeit verfügbare Lösungen wie (links: von oben nach unten) QFR (Medis, Niederlande), FFRangio (Cathworks, Israel), vFFR (Pie Medical Imaging, Niederlande) und caFFR (Rain Med, China) gibt es Validierungsstudien (rechts) im Vergleich zur FFR.

Für derzeit verfügbare Lösungen wie (links: von oben nach unten) QFR (Medis, Niederlande), FFRangio (Cathworks, Israel), vFFR (Pie Medical Imaging, Niederlande) und caFFR (Rain Med, China) gibt es Validierungsstudien (rechts) im Vergleich zur FFR.

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FFR wird zu selten eingesetzt

Seit der FAME-1-Studie weiß man, dass eine PCI bei in der fraktionellen Flussreserve (FFR) nicht relevanten Stenosen (FFR < 0,80) prognostisch nicht von Vorteil ist [5]. Die FFR hat aber Nachteile aufgrund der Notwendigkeit einer Adenosingabe und wegen der Invasivität bei der Verwendung eines Drahtes in der Koronararterie, weshalb, trotz hochrangiger Leitlinienempfehlung (Klasse IB; [3]), die FFR im Alltag nicht häufig genug eingesetzt wird (in Deutschland bei 5–10 % im Jahr 2017).

Softwarebasierte FFR-Lösungen sind noch nicht abrechenbar.

Neuere nicht hyperämische Pressure Ratio (NHPR)-Optionen, die kein Adenosin zur Hyperämie-Induktion benötigen (iFR, RFR, Pd/Pa, DFR, dPR etc.), wurden in den letzten Jahren zur Abschätzung der hämodynamischen Relevanz von Koronarstenosen etabliert [6, 7]. Der Vorteil ist das Weglassen der Hyperämie-Induktion bei weiter bestehender Notwendigkeit der Verwendung eines Druckdrahtes. Valide Daten, inwiefern diese NHPR zu einer weiteren Akzeptanz der invasiven hämodynamischen Ischämiebeurteilung im klinischen Alltag geführt haben, liegen derzeit noch nicht vor.

Softwarebasierte Ermittlung der FFR

Eine Weiterentwicklung sind rein softwarebasierte Algorithmen, die nur aus der Angiografie die FFR bestimmen können. Für die derzeit zur Verfügung stehenden Lösungen wie QFR (Medis, Niederlande), FFRangio (Cathworks, Israel), vFFR (Pie Medical Imaging, Niederlande) und caFFR (Rain Med, China) gibt es eine Vielzahl an Validierungsstudien im Vergleich zur FFR (Abb. 1).

Eine erste Outcome-Studie, FAVOR III China, konnte ähnlich der FAME-1-Studie zeigen, dass eine QFR-basierte PCI einer rein angiografisch gesteuerten PCI überlegen ist [8]. Die Tabelle zeigt eine Übersicht der derzeit laufenden Outcome-Studien, die softwarebasierte FFR versus konventionelle FFR vergleichen. Ein Problem stellt derzeit noch die nicht geklärte Situation der Abrechenbarkeit für die softwarebasierten Lösungen dar, bevor diese elegante Lösung in den klinischen Alltag überführt werden kann.

Fazit

Die FFR-Messung erlaubt die Abschätzung der Prognose einer PCI, nachteilig sind jedoch Hyperämie und Invasivität.

Inzwischen gibt es softwarebasierte Alternativen, die nur Angiografiedaten benötigen, und in ersten Studien einer rein angiografisch gesteuerten PCI überlegen sind.

Literatur beim Verfasser

Kontakt-- Prof. Dr. med. Holger Thiele, Herzzentrum Leipzig – Universität Leipzig,

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