TAVI: bikuspide Aortenklappenstenose

Evaluation im Herzteam-- Auch Stenosen bikuspider Aortenklappen können mit TAVI versorgt werden. Entscheidend für die Erfolgsrate ist jedoch die richtige Beurteilung von Anatomie, Kalzifikation und weiteren Faktoren.

Von Dr. Moritz Seiffert Veröffentlicht:
TAVI bei hochgradiger Stenose der Aortenklappe-- 82-jährige Patientin mit hochgradiger dekompensierter Aortenklappenstenose bei bikuspider Aortenklappe (Sievers 0) mit ausgeprägter Kalzifikation (A, B, C). Sizing: Intercommissurale Distanz (A) sowie annulär mit 24 mm Diameter (B), Abstand des linkskoronaren Hauptstamms 11 mm (C). Vordilatation mittels 21-mm-Ballon (D) und Implantation einer 29-mm-Evolut Pro Plus Prothese (E) ohne residuelle Insuffizienz (F). Seiffert

TAVI bei hochgradiger Stenose der Aortenklappe-- 82-jährige Patientin mit hochgradiger dekompensierter Aortenklappenstenose bei bikuspider Aortenklappe (Sievers 0) mit ausgeprägter Kalzifikation (A, B, C). Sizing: Intercommissurale Distanz (A) sowie annulär mit 24 mm Diameter (B), Abstand des linkskoronaren Hauptstamms 11 mm (C). Vordilatation mittels 21-mm-Ballon (D) und Implantation einer 29-mm-Evolut Pro Plus Prothese (E) ohne residuelle Insuffizienz (F).

© Seiffert

Etwa 5–10 % der Patientinnen und Patienten, die derzeit bei hochgradiger symptomatischer Aortenklappenstenose (AS) mit einer kathetergestützten Aortenklappenimplantation (TAVI, Transcatheter Aortic Valve Implantation) behandelt werden, weisen eine bikuspide Aortenklappenanatomie auf. Mit der Erweiterung der Indikationsstellung für TAVI auch auf jüngere Patienten wird diese Prävalenz weiter ansteigen. Dabei gilt zu bedenken, dass Patientinnen und Patienten mit bikuspider Aortenklappenstenose aus den randomisierten Landmark-Studien zu kathetergestütztem vs. operativem Aortenklappenersatz systematisch ausgeschlossen worden sind. Für sie gilt das operative Vorgehen entsprechend der Leitlinien weiterhin als Standard. Dennoch gibt es mittlerweile einige, v. a. retrospektive, Untersuchungen, die die Ergebnisse einer TAVI bei bikuspider Aortenklappenstenose differenziert evaluiert haben mit zum Teil vielversprechenden Resultaten.

TAVI-Evaluation bei bikuspider Klappenanatomie

Patientinnen und Patienten mit bikuspider Anatomie sind zumeist jünger als solche mit einer trikuspiden Aortenklappenstenose. Zusätzlich gibt es eine gehäufte Assoziation mit begleitender Dilatation von Aortenwurzel oder Aorta ascendens, die – sofern vorliegend – oft mit niedrigem Risiko kombiniert operativ versorgt werden können, um auch das Risiko der Aortopathie prophylaktisch zu behandeln. Hier ist daher der interdisziplinäre Diskurs im Herzteam elementar. Darüber hinaus entscheiden Anatomie und Kalzifikationsmuster der Aortenklappe, ob ein kathetergestütztes Verfahren sinnvoll ist. Zumeist wird die Klassifikation nach Sievers angewendet (Typ 0: keine Raphe, Typ 1: eine Raphe, Typ 2: zwei Raphen). Am häufigsten ist Typ 1 mit einer Raphe zwischen rechts- und linkskoronarer Tasche, gefolgt von einer Raphe zwischen rechts- und akoronarer Tasche bzw. Typ 0. Entsprechend der bisherigen Daten scheint insbesondere die exzessive Kalzifikation der Raphe als auch der Klappentaschen selbst mit einem erhöhten prozeduralen Risiko (u. a. Verletzung der Aortenwurzel, erhöhtes Schlaganfallrisiko) sowie einer residuellen paravalvulären Aortenklappeninsuffizienz nach TAVI verbunden. Besondere Sorgfalt erfordert darüber hinaus die Evaluation der Größe und Geometrie von Aortenannulus, -wurzel und linksventrikulärem Ausflusstrakt aus den computertomografischen Bilddaten, die in Zusammenschau mit dem Kalzifikationsmuster entscheidend für die Prothesenwahl und Prozedurplanung sind.

Register: gute Ergebnisse bei ausgewählten Patienten

Bei ausgewählten Patientinnen und Patienten mit bikuspider Aortenklappenstenose konnten mithilfe moderner Transkatheterherzklappenprothesen in großen Registern vergleichbare periprozedurale Ergebnisse zu trikuspiden Anatomien erzielt werden. Allerdings zeigten Untersuchungen eine häufige Unterexpansion des Klappenstents aufgrund der starken Kalzifikation. Dies muss im Hinblick auf die notwendige Langzeithaltbarkeit – insbesondere bei jüngeren Patientinnen und Patienten – weiter evaluiert werden. Inwiefern sich diese Register-Daten auf eine unselektierte Patientenpopulation übertragen lassen, bleibt derzeit unklar, zumal prospektiv-randomisierte Studiendaten noch fehlen. Die NOTION-2-Studie evaluiert erstmals auch bikuspide Aortenklappenanatomien in randomisierter Form und könnte in Kürze Aufschluss geben. Weitere große prospektiv-randomisierte Studien sind in Planung. Diese sollten sicher abgewartet werden, bevor die Indikation zur TAVI grundsätzlich auch auf bikuspide Anatomien bei jüngeren Personen ausgeweitet wird – trotz erster vielversprechender Daten.

Fazit

Für ausgewählte Patientinnen und Patienten ist eine TAVI auch bei bikuspider Aortenklappenstenose eine vielversprechende Behandlungsoption.

Allerdings ist die sorgfältige Patientenauswahl und individuelle Prozedurplanung im interdisziplinären Herzteam entscheidend, da prospektiv-randomisierte Studiendaten für diese Indikation derzeit noch fehlen.

Kontakt-- Prof. Dr. Moritz Seiffert, BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum, moritz.seiffert@bergmannsheil.de

Literatur--

Forrest JK et al. JAMA Cardiol. 2021;6:50-7

Tarantini G et al. Circ Cardiovasc Interv. 2021;14:751-62

Tchetche D et al. EuroIntervention. 2023;19:502-11

Vahanian A et al. Eur Heart J. 2022;43:561-632

Windecker S et al. Eur Heart J. 2022;43:2729-50

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