Plättchenhemmung

Thrombosen verhindern, ohne das Blutungsrisiko zu steigern

Faktor-XI-Inhibition-- Die duale Thrombozytenaggregationshemmung nach akutem Herzinfarkt ist in Bewegung. Der Faktor-XIa-Inhibitor Asundexian zeigt in der Phase-II-Studie PACIFIC-AMI keine erhöhten Blutungsraten.

Von Prof. Uwe Zeymer Veröffentlicht:
 Abb. 1: Wie unterschiedliche Antikoagulanzien die Verhinderung von Thrombosen und die Induktion von Blutungen beeinflussen.

Abb. 1: Wie unterschiedliche Antikoagulanzien die Verhinderung von Thrombosen und die Induktion von Blutungen beeinflussen.

© Zeymer

Nach einem akuten Herzinfarkt empfehlen die derzeitigen Leitlinien für Patientinnen und Patienten ohne Indikation für eine orale Antikoagulation eine duale Thrombozytenhemmung mit Acetylsalicylsäure (ASS) und einem P2Y12-Inhibitor als antithrombotische Therapie [1]. Zwei Studien, die vor der Ära der interventionellen Therapie des akuten Herzinfarkts durchgeführt wurden (ASPECT und WARIS) zeigten die Überlegenheit der oralen Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten (VKA) im Vergleich zu ASS, während die Kombinationstherapie mit VKA + ASS nicht wesentlich effektiver war, aber zu mehr Blutungen führte [2, 3]. Eine volldosierte Antikoagulation mit dem Faktor-Xa-Inhibitor Apixaban zusätzlich zur dualen Thrombozytenhemmung nach Herzinfarkt war nicht mit weniger ischämischen Ereignissen, aber mit mehr Blutungen assoziiert [4].

Eine niedrige Dosis von 2 × 2,5 mg Rivaroxaban [5], ebenfalls ein Faktor-Xa-Inhibitor, reduzierte jedoch die kardiovaskuläre Sterblichkeit nach Herzinfarkt in der ATLAS-2-TIMI 52-Studie [6]. Die Therapie erfolgte bei der überwiegenden Mehrheit der Teilnehmenden zusätzlich zur Gabe einer dualen Thrombozytenhemmung. Diese Ergebnisse wurden durch die Resultate der COMPASS-Studie bestätigt, in der die Kombination aus ASS und niedrig dosierter Faktor-Xa-Hemmung prognostische Vorteil erzielte [7]. Trotzdem hat sich diese Kombinationstherapie bislang nicht durchgesetzt, am ehesten aufgrund von Bedenken hinsichtlich Blutungsereignissen [8], wobei in ATLAS-2 und COMPASS tödliche Blutungen und spontane Organblutungen nicht erhöht waren.

Faktor-XIa-Antagonisten auf dem Prüfstand

Jetzt wird eine neue Klasse oraler Antikoagulanzien klinisch getestet, die Faktor-XIa-Inhibitoren. Diese greifen weiter oben in der Gerinnungskaskade an [9] und haben nach den bisherigen Ergebnissen gegenüber anderen Antikoagulanzien den Vorteil, dass sie die Bildung pathologischer Thromben verhindern können, ohne wesentlich die physiologische Hämostase der Verhinderung pathologischer Blutungen zu beeinflussen (Abb. 1).

Menschen mit Faktor-XIa-Defizit haben eine niedrigere Inzidenz von Thrombosen und embolischen Ereignissen, ohne dass bei Ihnen eine erhöhte Blutungsneigung vorliegt. Einer dieser Faktor-XIa-Inhibitoren wurde kürzlich in der Phase-II-Studie PACIFIC-AMI zur Sekundärprophylaxe nach Herzinfarkt untersucht. Asundexian ist ein direkter Faktor-XIa-Inhibitor mit einer Halbwertszeit von 21 Stunden, er wird zu 15 % renal eliminiert. In der PACIFIC-AF-Studie, mit 755 Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern, war Asundexian mit weniger Blutungsereignissen im Vergleich zu Apixaban assoziiert, ohne dass sich die ischämischen und embolischen Ereignisse unterschieden [10].

Blutungsrisiko wie bei Placebo

In PACIFIC-AMI wurden 1.601 Personen mit PCI im Mittel 4 Tage nach Herzinfarkt zu Placebo oder 10, 20 oder 50 mg Asundexian randomisiert und über 6–12 Monate nachverfolgt [11]. Alle Patientinnen und Patienten standen unter einer dualen Thrombozytenhemmung mit überwiegend Prasugrel oder Ticagrelor. Asundexian führte dosisabhängig zu einer Inhibition der residualen Faktor-XIa-Aktivität um > 70 % (10 mg), > 80 % (20 mg) oder  >90 % (50 mg). Sowohl die Häufigkeit schwerer (BARC 2, 3 und 5) Blutungen (Placebo: 9,0 %, Asundexian 10 mg: 7,6 %, 20 mg: 8,1 %, 50 mg: 10,5 %) als auch aller Blutungsereignisse (21,3 %, 17,7 %, 18,9 %, 20,4 %) unterschieden sich nicht zwischen Placebo und den drei Asundexian-Gruppen.

Allerdings ergab sich auch kein Hinweis für eine Reduktion ischämischer Ereignisse (5,5 %, 6,8 %, 6,0 %, 5,5 %). Das wichtigste Ergebnis war die Sicherheit von Asundexian hinsichtlich der Blutungskomplikationen, die sich nicht vom Placebo unterschieden. Schwieriger wird es mit der Auswahl der optimalen Dosierung für die Phase-III-Studie. Hier ergaben sich keine sicheren Anhaltspunkte für eine dosisabhängige Effektivität. Die Erfahrungen mit Rivaroxaban legen nahe, dass möglicherweise die niedrigste Dosierung als Kombinationspartner zu einer Thrombozytenhemmung empfehlenswert ist. Erst eine für klinische Endpunkte gepowerte Studie wird zeigen, ob die theoretisch attraktive Kombinationstherapie einer Thrombozytenhemmung mit einer oralen Antikoagulation mittels Faktor-XIa-Inhibitor die Prognose nach akutem Herzinfarkt verbessern kann.

Fazit

Nach akutem Herzinfarkt gilt es, Thrombosen zu verhindern, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen.

Der Faktor-XIa-Inhibitor Asundexian zusätzlich zur Standardtherapie mit einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung erhöhte nicht das Blutungsrisiko verglichen mit der Standardtherapie. Allerdings gab es aber auch keine Hinweise für eine Reduktion ischämischer Ereignisse.

Kontakt-- Prof. Dr. med. Uwe Zeymer, Klinikum Ludwigshafen

Literatur beim Verfasser

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