DGK-Jahrestagung

Dicke Wände im Echo: HCM oder doch nur Sport?

Hypertrophe Kardiomyopathie-- Geschätzt einer von fünfhundert Menschen hat eine hypertrophe Kardiomyopathie (HCM). Doch nicht alles, was nach HCM aussieht, ist auch eine. Die Echokardiografie kann bei verdickten Herzwänden nicht alle Fragen beantworten, aber doch einige.

Von Philipp Grätzel Veröffentlicht:
Echokardiografie bietet wichtige Hinweise für das Vorliegen einer hypertrophen Kardiomyopathie.

Echokardiografie bietet wichtige Hinweise für das Vorliegen einer hypertrophen Kardiomyopathie.

© Catherine Twomey / Science Photo Library

Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist nicht besonders häufig, aber sie ist eine wichtige Differenzialdiagnose bei Angina-pectoris-Symptomatik und eine wichtige Ursache des plötzlichen Herztods. Schon deswegen sollte sie möglichst nicht übersehen werden. Prof. Frank Flachskamp von der Universität Uppsala gab bei der DGK-Tagung in Mannheim einige Hinweise für die echokardiografische Diagnostik bei (Verdacht auf) diese(r) Erkrankung.

Obstruktion nicht mit Dobutamin provozieren

Kardinalmerkmal der HCM ist eine linksventrikuläre Wanddicke von ≥ 15 mm. Dies gelte aber nicht uneingeschränkt, so Flachskamp. Bei positiver Familienanamnese bzw. genetischer Belastung reichen bereits 13–14 mm für die Diagnose. Die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten hat eine Obstruktion. Sie kann den linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) betreffen, aber auch mittventrikulär auftreten. Per Definition liegt eine Obstruktion vor, wenn der maximale Gradient ≥ 30 mmHg beträgt, was in etwa einer Flussgeschwindigkeit von 2,7 cm/s entspricht: „50 mmHg ist die Grenze, ab der an eine septale Reduktion – sprich Alkoholtherapie oder Myektomie – gedacht werden sollte“, so der Kardiologe. Neben Wanddicke und Gradient liefert das Echo diverse weitere, morphologische Hinweise auf eine HCM und auch auf drohende HCM-Komplikationen. Generell gilt, dass die Obstruktion provoziert wird, wofür es verschiedene Möglichkeiten gibt, beispielsweise die Gabe von Nitro oder ein Valsalva-Manöver. Nicht genutzt werden sollte Dobutamin, da dies auch bei Gesunden pathologische Echo-Phänomene provozieren kann. Gut funktioniere neben Nitro und Valsalva auch eine milde Belastung auf der Fahrradergometrie, so Flachskamp: „50 Watt reichen meist aus, das ist kein Ischämietest.“

Wichtige Echo-Morphologien

Was die obstruktiven Echo-Befunde angeht, ist das SAM-Phänomen das Bekannteste. SAM – Systolic Anterior Motion – ist eine Vorwärtsbewegung der Mitralsegel als Folge einer erheblichen, exzentrischen Mitralinsuffizienz. Im Echo zu sehen ist eine mittsystolische Schließungsbewegung der Aortenklappe als Folge der SAM-bedingten Obstruktion. Dies lasse sich auch dreidimensional darstellen, was hübsch aussehe, aber keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn bringe, so Flachskamp.

50 mmHg ist die Grenze, ab der an eine septale Reduktion gedacht werden sollte.

Zitat Prof. Frank Flachskamp

Eine andere, typische Morphologie ist die Pik-Ass-Konfiguration des Apex. Sie entstehe, wenn die Hypertrophie insbesondere apikal auftrete, und sie sei am besten mit Kontrastmittel zu erkennen. Kontrastmittel hilft auch bei der Detektion von Aneurysmen, die eher keine LVOT-Obstruktion, sondern eine mittventrikuläre Obstruktion nach sich ziehen. Aneurysmen würden in Untersuchungen ohne Kontrastmittel bei der hypertrophen Kardiomyopathie gerne übersehen, sagte Flachskamp. Das ist deswegen problematisch, weil sie prognostische und unter Umständen auch therapeutische Bedeutungen haben: „Sie sind verbunden mit ventrikulären Rhythmusstörungen und thromboembolischen Komplikationen.“

Typisch für Aneurysmen ist ein „Doppelprofil“ im Doppler, das aus einem spitzen, systolischen Obstruktionssignal sowie aus einem nach unten gerichteten, diastolischen Signal besteht. Letzteres repräsentiert den Fluss aus dem Aneurysma in den Restventrikel. Dieses Phänomen ist auch als Hummerscherenzeichen („Lobster Claw“) bekannt. Im Farbdoppler lässt sich das visualisieren: Hier ist eine typische, frühdiastolische Entleerung erkennbar, unmittelbar vor dem Mitral-Einstrom.

Und wenn es doch nur vom Sport kommt?

Klar ist: Nicht alles, was nach HCM aussieht, ist auch eine HCM. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen bei LV-Wandverdickungen sind hypertensive Herzerkrankung, Aortenstenose sowie Amyloidosen und andere Speicherkrankheiten. In den Lehrbüchern wird hier meist eine konzentrische Hypertrophie als Unterscheidungsmerkmal genannt: „Das ist aber kein gutes Kriterium. Auch bei der Hypertonie und Aortenstenose ist das Septum meist dicker als die posteriore Wand“, so Flachskamp. Nur auf die dicken Wände und nicht auf die spezifischeren Zeichen zu blicken, ist deswegen keine gute Idee.

Eine weitere Differenzialdiagnose der linksventrikulären Wandverdickung ist das Sportlerherz, wobei es hier eher keine Probleme gebe, wie Flachskamp ausführte. Die Wanddicke bei Sportlerherzen betrage in der Regel ≤ 16 mm, schon 15 mm seien sehr ungewöhnlich. In größeren Kohorten zeige sich, dass weniger als 2 % der Sportlerinnen und Sportler LV-Wanddicken von > 12 mm aufwiesen. Typisch für Sportlerherzen sei eine große Herzkammer mit einem LVDD ≥ 55 mm sowie eine in jeder Beziehung normale diastolische Funktion.

Bleiben die Differenzialdiagnosen der Obstruktion selbst. Von kardiologischer Seite sind subvalvuläre Membranen, anteriore Infarkte und Takotsubo in Erwägung zu ziehen. Jenseits der Kardiologie sind Hypovolämien und Kompressionen von außen denkbare Ursachen.

Anders formuliert: Eine Obstruktion im Echo kann immer dann auftreten, wenn der Ventrikel, wodurch auch immer, „zu klein“ für die Mitralklappe wird.

Fazit

Wichtiges Merkmal einer hypertrophen Kardiomyopathie ist eine linksventrikuläre Wanddicke von ≥ 15 mm in der Echokardiografie.

Allerdings gibt es auch andere Erkrankungen, die hinter einer solchen Wandverdickung stecken können, wie hypertensive Herzerkrankung, Aortenstenose sowie Amyloidosen.

Quelle-- 89. DGK-Jahrestagung, vom 12. bis 15. April 2023 in Mannheim

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