Bildgebung

Ist die TTE alles, was wir brauchen?

Mitralinsuffizienz-Diagnostik-- Inzwischen hat sich die transthorakale Echokardiografie durch Einsatz von 3-D-Techniken weiterentwickelt. Wie der folgende Fallbericht veranschaulicht, lässt sich dadurch die Ursache für eine Mitralinsuffizienz identifizieren, und zwar ohne auf den Goldstandard zurückgreifen zu müssen.

Von Dr. N. Merke und E. Romero und Prof. H. Dreger Veröffentlicht:
 TTE bei Mitralinsuffizienz

TTE bei Mitralinsuffizienz

© Charité Mitte

Die Diagnostik der Mitralklappeninsuffizienz (MI) – dem zweithäufigsten erworbenen Vitium – stellt Untersucherinnen und Untersucher im Alltag immer wieder vor Herausforderungen und verlangt einen strukturierten Ansatz, der Befunde, Anamnese, körperliche Untersuchung und die Bildgebung einbezieht. Die Echokardiografie spielt in der Beurteilung von Schweregrad und Genese eine zentrale Rolle.

Dr. Nicolas Merke Charité Mitte, Berlin

Dr. Nicolas Merke Charité Mitte, Berlin

© Merke

Elena Romero-Dorta, Charité Mitte, Berlin

Elena Romero-Dorta, Charité Mitte, Berlin

© Romero

Patient mit hochgradiger MI

Abb. 1 zeigt die transthorakale Echokardiografie (TTE) eines Patienten mit einer exzentrischen MI. Die echokardiografischen Parameter bestätigen das Vorliegen einer hochgradigen MI:

Linksventrikulärer endsystolischer Diameter > 4,5 cm,

linksatrialer Volumenindex 100 ml/m2,

Vorwärtsschlagvolumen 70 ml und Gesamtschlagvolumen 140 ml,

linksventrikuläre Ejektionsfraktion (EF) 67 %.

Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Belastungsdyspnoe des Patienten besteht daher die Indikation zur chirurgischen oder – bei erhöhtem OP-Risiko – interventionellen Therapie. Zur weiteren Therapieplanung ist eine genaue Identifizierung der Genese der Insuffizienz notwendig.

Abb. 1: TTE bei MitralinsuffizienzExzentrischer Jet-Verlauf nach anterior-- Hinweis auf Mechanismus:LVEDS 4,5 cmLV EF 67%, tot. SV 140 ml, eff. SV 68 mlLAVI 101 ml/m²

Abb. 1: TTE bei MitralinsuffizienzExzentrischer Jet-Verlauf nach anterior-- Hinweis auf Mechanismus:LVEDS 4,5 cmLV EF 67 %, tot. SV 140 ml, eff. SV 68 mlLAVI 101 ml/m²

© Charité Mitte, Berlin

TEE in diesem Fall nicht erforderlich

Goldstandard für die morphologisch-funktionelle Beurteilung der Mitralklappe ist aufgrund der besseren Visualisierung des Klappenapparats die transösophageale Echokardiografie (TEE). Durch Fortschritte in der Ultraschalltechnologie in den vergangenen Jahren ist jedoch auch die TTE – insbesondere durch den Einsatz der 3-dimensionalen (3-D-)TTE – in der Lage, die Genese der Insuffizienz mit ausreichender Genauigkeit herauszuarbeiten, was das hier gezeigte Beispiel illustrieren soll.

Step by Step 3-D

1. Apikale Anlotungen 4-D-Zoom-Vorbereitung.

2. Auf gute Bildqualität in den 2-D-Bildebenen achten (Azimuth & Elevationsebene anpassen damit die Zielstruktur komplett erfasst wird).

3. Orientierungspunkte einbeziehen: Aortenklappe.

4. Chirurgische Orientierung AV auf 12-Uhr-Blick vom LA auf MV.

5. Bildoptimierung mittels 2-D- und Aktiv-Gain sowie Gamma.

6. Translumination.

4-D-Zoom-Vorbereitung-- 23 Bilder pro Sekunde, Orientierungspunkte Aortenklappe, Default Blickrichtung LV vs. LA gelber Pfeil.

4-D-Zoom-Vorbereitung-- 23 Bilder pro Sekunde, Orientierungspunkte Aortenklappe, Default Blickrichtung LV vs. LA gelber Pfeil.

© Charité Mitte, Berlin

Chirurgische Orientierung-- Blickrichtung LA vs. LV gelber Pfeil, Aortenklappe auf 12 Uhr, Bildoptimierung über 2-D- und 4-D-Gain & Gamma.

Chirurgische Orientierung-- Blickrichtung LA vs. LV gelber Pfeil, Aortenklappe auf 12 Uhr, Bildoptimierung über 2-D- und 4-D-Gain & Gamma.

© Charité Mitte, Berlin

Zusätzliche Lichtquelle-- Verbesserung der Detail-Erkennung.

Zusätzliche Lichtquelle-- Verbesserung der Detail-Erkennung.

© Charité Mitte, Berlin

Im TTE zeigt sich in unserem Fall ein anterior gerichteter Jet als erster Hinweis auf einen Prolaps des posterioren Segels. Diese bestätigten sich in der 3-D-Analyse bereits im TTE, sodass hier auf eine TEE verzichtet werden kann. Voraussetzung für den Einsatz der 3-D-TTE ist die konsequente Optimierung der zeitlichen und räumlichen Auflösung durch Berücksichtigung folgender Empfehlungen:

Gute, artefaktfreie 2-D-Bildqualität,

orthogonale Ausrichtung der Zielstruktur (Mitralklappe von apikaler Anlotung),

Optimierung der zeitlichen und räumlichen Auflösung mittels 4-D-Zoom-Vorbereitung,

Anpassung der Auswahlfenster mit Ziel- und Umgebungsstrukturen zur Orientierung (hier Aortenklappe),

so klein wie möglich (hohe Bildrate, wenig Umgebungsstrukturen) und so groß wie nötig (geringere Bildrate und mehr Umgebungsstrukturen),

Aktivierung des 4-D-Modus, wenn beide orthogonalen Bildausschnitte die Zielstruktur mit Landmarks in guter Qualität zeigen.

„Single beat“ bietet in den meisten Fällen ausreichend hohe zeitliche Auflösung,

Aufnahme mehrerer 3-D-Datensätze, um den Besten für Nachbearbeitung zu nutzen,

nach Aktivierung des 3-D-Modus erhält man zunächst eine 3-D-Darstellung mit Blick auf die Mitralklappe vom linken Ventrikel; um den Defekt darzustellen, ist eine Blickrichtung vom linken Vorhof erforderlich (Aortenklappe bei 12 Uhr für den „chirurgischen Blick“).

mittels Nachbearbeitungs-Modalitäten wie 2-D-Gain (bei Mitralklappe tendenziell reduzieren), Aktiv-Gain (bei Mitralklappe tendenziell erhöhen), Schwarz-Weiß-Verhältnis und Translumination ist es möglich, den Defekt optimal herauszuarbeiten.

Durch präzise Umsetzung dieser Empfehlungen gelingt die Beurteilung der Genese der MI mit hinreichender Genauigkeit auch per 3-D-TTE, sodass vor einer chirurgischen Therapie in vielen Fällen im Alltag auf eine zusätzliche TEE verzichtet werden kann. Vor interventioneller Therapie ist die TEE jedoch heute weiter unabdingbar zur genauen Beurteilung der interventionellen Therapieoptionen.

Fazit

In der klinischen Routine ist die Durchführung einer transthorakalen Echokardiografie für die Beurteilung des Schweregrades, die Beschreibung der sekundären kardialen Veränderungen und der Genese mit der 3-D-Technik in den meisten Fällen ausreichend.

Die Durchführung einer TEE ist erforderlich bei nicht ausreichender Klärung des Mechanismus mittels TTE und zur interventionellen bzw. chirurgischen Therapieplanung.

Literatur bei den Verfassern

Kontakt-- Dr. Nicolas Merke, Deutsches Herzzentrum der Charité, Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie;