Myokard-SPECT: unverändert hoher Stellenwert!

Bildgebende Diagnostik-- Wie häufig kommt die Myokard-SPECT in Deutschland zum Einsatz? Eine Umfrage von 2021 unter Kliniken und niedergelassenen Kardiologen bestätigt einen anhaltenden Trend: Die Methode ist aus der Praxis nicht wegzudenken.

Von Prof. Oliver Lindner und Prof. Jan Bucerius Veröffentlicht:
Gammakamera für die Myokard-SPECT.

Gammakamera für die Myokard-SPECT.

© Institut für Radiologie, Nuklearmedizin und Molekulare Bildbegebung, Herz- & Diabeteszentrum NRW

Die Myokard-SPECT ist ein über Jahrzehnte etabliertes und an großen Patientenzahlen evaluiertes, nicht invasives Verfahren zur Darstellung der myokardialen Perfusion. Neuerungen hinsichtlich der verwendeten Radiopharmaka (99mTc-Radiopharmaka anstelle von 201Tl) sowie der Kameratechnologie (zunehmender Einsatz dezidierter Cardio-Kameras) haben unter anderem zu einer deutlichen Reduktion der Strahlenexposition für die Patientinnen und Patienten und zu kürzeren Untersuchungszeiten geführt.

Prof. Oliver Lindner  Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen

Prof. Oliver Lindner Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen

© Lindner

Prof. Jan Bucerius Universitätsmedizin Göttingen

Prof. Jan Bucerius Universitätsmedizin Göttingen

© Bucerius

Für die bildgebende Diagnostik des chronischen Koronarsyndroms (CCS) stehen neben Myokard-SPECT mit Perfusions-MRT, Stressechokardiografie und kardialer Angio-CT derzeit drei weitere nicht invasive Verfahren zur Verfügung.

Um den Stellenwert der Myokard-SPECT im zeitlichen Verlauf und den Eingang neuer Entwicklungen in die klinische Routine zu erfassen, führt die AG „Kardiovaskuläre Nuklearmedizin und Lungendiagnostik“ der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN) alle drei Jahre eine Umfrage bei Anwendern in Krankenhäusern, Universitätskliniken und Niederlassung durch. Die Ergebnisse der Erhebung für das Jahr 2021 wurden kürzlich publiziert [1].

Umfrage für das Jahr 2021

Unter anderem wurden folgende Punkte evaluiert:

Wie stellen sich die Untersuchungszahlen der Myokard-SPECT in den letzten Jahren dar? Seit 2012 lässt sich ein kontinuierlicher Anstieg der Untersuchungszahlen beobachten. Das bestätigen sowohl die Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) (Abb. 1) als auch die direkten Umfrageergebnisse. So gaben 74 % der 218 Teilnehmer an, dass sie gleichbleibend viele oder mehr Untersuchungen durchgeführt haben.

Abb. 1-- Untersuchungszahlen Myokard-SPECT; KBV-Daten.

Abb. 1-- Untersuchungszahlen Myokard-SPECT; KBV-Daten.

© Lindner/Bucerius

Wie viele Patienten wurden 2021 mit der Myokard-SPECT untersucht? Berücksichtigt man zu den KBV-Zahlen einen PKV-Anteil (Privaten Krankenversicherung) von 11 % und Untersuchungen während eines stationären Krankenhausaufenthalts, wurden 2021 etwa 250.000 Myokard-SPECTs durchgeführt.

Hat die COVID-19-Pandemie Auswirkungen gezeigt? Nur vier der 218 antwortenden Institutionen gaben an, dass sie durch die Pandemie weniger Untersuchungen durchgeführt haben. Die KBV-Zahlen zeigen, dass es im ersten Pandemiejahr einen langsameren Anstieg als zuvor gab. Dieser „Knick“ wurde im folgenden Jahr jedoch komplett kompensiert.

Wer sind die Zuweiser? Erwartungsgemäß diejenigen, die primär in die fachärztliche Versorgung des CCS eingebunden sind (Abb. 2). Daher kommen mit leichten Schwankungen im Verlauf der Umfragen etwa 70 % der Zuweisungen aus der Kardiologie. Der Rest verteilt sich auf Hausärzte, Krankenhäuser und andere Facharztgruppen.

Myokard-SPECT: unverändert hoher Stellenwert!

© Lindner/Bucerius

Zu einer Myokard-SPECT gehört immer eine ergometrische oder pharmakologische Belastungsuntersuchung. Hat sich dabei etwas geändert? Die 2021er Umfrage zeigt, dass erstmals mehr pharmakologische (58 %) als ergometrische Belastungen (42 %) erfolgten. Das könnte eine Auswirkung der Pandemie sein. Bei den pharmakologischen Belastungen stand Regadenoson (35 %) an erster Stelle, gefolgt von Adenosin (23 %). Dobutamin spielte keine Rolle.

Gibt es noch Thallium-Szintigrafien? Der Einsatz der Thallium-Szintigrafie wurde vor über zehn Jahren eingestellt. Grund war die deutlich höhere Strahlenexposition, die sich durch die lange Halbwertszeit von 72 Stunden ergab. Die modernen Tc-99m-Perfusionsradiopharmaka haben nur eine Halbwertszeit von sechs Stunden.

Wo stehen die anderen Verfahren? Durch das kontinuierliche Monitoring zur Myokard-SPECT liegen sehr belastbare Daten vor. Leider gibt es keine vergleichbare Datenlage zu Stress-Echo, MRT oder CT. 2019 erfolgte eine Erhebung zur kardialen CT und MRT [2]. Dort wurden die Untersuchungen nicht näher aufgeschlüsselt, sodass der Anteil der CCS-Diagnostik nur geschätzt werden kann. Grob betrachtet, dürfte es sich um etwa 10 % der Anzahl der Myokard-SPECTs handeln. Für die Stressechokardiografie liegen keine Daten vor.

Fazit

Der Myokard-SPECT kommt, in Klinik und Niederlassung, unverändert eine auch zahlenmäßig bedeutende Rolle in der Diagnostik des CCS zu, die auch den Vergleich mit den anderen bildgebenden, nicht invasiven Verfahren nicht scheuen muss.

Entscheidend, welches dieser Verfahren gewählt wird, ist und bleiben Expertise, Verfügbarkeit, Eignung des Patienten und die Qualität der fachlichen Kommunikation.

Literatur-- 1. Lindner O et al. Eur J Nucl Med Mol Imaging. 2023; doi: 10.1007/s00259-023-06129-z
2. Sieren MM et al. Rofo. 2022;194:181-91

Kontakt-- Prof. Dr. Oliver Lindner, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen, Univ.-Prof. Dr. Jan Bucerius, Universitätsmedizin Göttingen,