Fettgewebshormon Leptin schützt auch die Gefäße

Grundlagenforschung-- Eine Leptin-Therapie verbessert die Stoffwechsellage von Lipodystrophie-Patienten. Neue Untersuchungen legen nun nahe, dass das Fettgewebshormon auch positive vaskuläre Effekte ausübt.

Von Dr. Paulina Stürzebecher und Dr. Jes-Niels Boeckel Veröffentlicht:
Leptin hat metabolische und vaskuläre Effekte. Ramon Andrade/3dciencia/Science Photo Library

Leptin hat metabolische und vaskuläre Effekte. Ramon Andrade/3dciencia/Science Photo Library

© Ramon Andrade / 3dciencia / Science Photo Library

Unter Lipodystrophie-Syndromen werden Erkrankungen zusammengefasst, die durch einen Mangel an Fettgewebe und in der Folge auch Fettgewebshormonen wie Leptin gekennzeichnet sind. Die betroffenen Patientinnen und Patienten leiden an schweren metabolischen und kardiovaskulären Komplikationen, ähnlich zu Patienten mit schwerer Adipositas. Die Substitution von Leptin in Form von Metreleptin verbessert die Stoffwechsellage von Lipodystrophie-Patienten. Es ist jedoch noch unbekannt, ob Leptin vaskuläre Effekte vermittelt.

PD Dr. Jes-Niels Boeckel Universitätsklinikum Leipzig

PD Dr. Jes-Niels Boeckel Universitätsklinikum Leipzig

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Dr. Paulina Stürzebecher Universitätsklinikum Leipzig

Dr. Paulina Stürzebecher Universitätsklinikum Leipzig

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In kultivierten humanen Endothelzellen reduziert eine Leptin-Behandlung Entzündungsmarker und TGF-ß2 induzierte eine endotheliale-zu-mesenchymaler Transition (EndMT) [1]. EndMT bezeichnet die reversible Umwandlung einer gesunden Endothelzelle zu einer Zelle mesenchymalen Ursprungs, wenn sie Stressoren wie Entzündungsprozessen ausgesetzt ist. EndMT kommt vermehrt in atherosklerotischen Plaques vor und ist mit Plaqueinstabilität assoziiert. Wichtige Komponenten eines Gefäßsystems, wie die endotheliale Barrierefunktion, gehen durch EndMT verloren, was zur Entstehung von Atherosklerose beiträgt. Diese Beobachtungen bestätigten sich im Tiermodell. In lipodystrophen proatherosklerotischen Mäusen besserte eine Leptin-Therapie Dyslipidämie, Steatosis hepatis und Glukosetoleranz und senkte die EndMT in Plaques.

Abb. 1--Leptin hemmt die pathologische Umwandlung von Endothelzellen zu Mesenchymzellen.

Abb. 1--Leptin hemmt die pathologische Umwandlung von Endothelzellen zu Mesenchymzellen.

© Stürzebecher

Leptin reduziert GDF-15-Spiegel

Umfangreiche mechanistische Experimente identifizieren den growth differentiation factor 15 (GDF15) als einen entscheidenden Mediator. Diese Erkenntnis konnte durch Tierexperimente, Knock-down-Studien sowie schließlich auch an Patientenproben bestätigt werden. Eine Leptin-Behandlung führte sowohl in den Endothelzellen als auch in Patienten zu einer Reduktion von GDF15 und der nachgeschalteten proatherogenen Signaltransduktion (Abb. 1). Diese Befunde haben Bedeutung für Patientinnen und Patienten mit Lipodystrophie und weisen darauf hin, dass eine Leptin-Therapie neben den bekannten metabolischen Effekten auch positive vaskuläre Effekte ausüben kann. Diese Beobachtungen verbessern das grundlegende Verständnis der Interaktion von Fettgewebe und Gefäßsystem und können unter anderem dazu beitragen, das Paradoxon der erworbenen Leptinresistenz bei Adipositas zu verstehen und potenzielle Ansätze für Therapiestrategien zu liefern.

Literatur-- [1] Stürzebecher PE et al. Leptin treatment has vasculo-protective effects in lipodystrophic mice. Proc Natl Acad Sci U S A. 2022; https://doi.org/10.1073/pnas.2110374119.

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