TAVI und TEER: Wenn Keime auf den Klappen wachsen

Endokarditis-- Nicht nur nach chirurgischen Klappenprothesen, auch nach TAVI-Implantationen treten Endokarditis-Fälle auf. Mit zunehmender Beliebtheit der Katheterverfahren steigt auch die Zahl der Keime auf den Klappen. Hier eine Zusammenschau zu Häufigkeit, Diagnostik und Therapieoptionen.

Von Dr. Dinah Sofia Choudhury und Dr. Nina C. Wunderlich Veröffentlicht:
Endokarditis nach Implantation von MitraClips

Endokarditis nach Implantation von MitraClips

© PD Dr. Christian Frerker

Eine infektiöse Endokarditis (IE) einer Klappenprothese ist eine seltene, aber schwerwiegende Komplikation, die bei 1–6 % der Patienten nach einer chirurgisch implantierten Herzklappe auftritt [1]. Aktuell werden Hochrisikopatienten mit schwerer Aortenstenose (AS) oder Mitralinsuffizienz (MI) zunehmend mit perkutanen Katheterverfahren therapiert. Dabei wird bei der AS die Klappe primär ersetzt (TAVI, Transkatheter-Aortenklappenimplantation) und die Mitralklappe zumeist mit dem Edge-to-Edge-Verfahren (TEER, Transkatheter-Edge-to-Edge-Reparatur) therapiert.

Eine IE ist auch bei den Katheterverfahren eine ernst zu nehmende Komplikation, die durch steigende Implantationszahlen und die Expansion des Anwendungsspektrums z. B. auf jüngere Patienten an Bedeutung gewinnt.

Endokarditis nach TAVI: Kennzahlen

In der bislang umfassendsten Studie zu einer IE nach TAVI wurden entsprechend der modifizierten Duke-Kriterien 250 Fälle einer definitiven IE bei 20.006 eingeschlossenen Patienten identifiziert [2]. Das entspricht einer Gesamtinzidenz von 1,1 %/Patientenjahr. Im Mittel dauerte es 5,3 Monate bis zum Auftreten der IE, symptomatisch traten meist Fieber und Herzinsuffizienzzeichen auf. Echokardiografsche Vegetationen wurden bei 67,6 % der Patienten gefunden. Häufigste Erreger waren Enterokokken (24,6 %) gefolgt von Streptokokken (23,3 %). Als prädisponierende Faktoren wurden jüngeres Alter, männliches Geschlecht, Diabetes und moderate/schwere Aorteninsuffizienz identifiziert. Die Krankenhausmortalität war insgesamt hoch und lag bei 36 % und war mit einem höheren logistischen EuroSCORE, einer Herzinsuffizienz und akuten Niereninsuffizienz assoziiert. Ein chirurgisches Vorgehen war bei 14,8 % der Patienten in der initialen Hospitalisationsphase notwendig, nicht chirurgische Maßnahmen (z. B. Valve-in-Valve, Schrittmachersondenextraktion) wurden bei 4 % durchgeführt. Alle anderen Patienten wurden rein antibiotisch mit Betalactam-Antibiotika oder Vancomycin jeweils alleine oder in Kombination mit anderen Antibiotika therapiert.

Beispiele einer Endokarditis nach TAVI und Mitralklappen-TEER

Patient 1 (A, B; männlich, 88 Jahre) entwickelte einen Monat nach Implantation von 2 MitraClips bei einem P2-Prolaps Fieber und Dyspnoe, echokardiografisch zeigte sich eine erneute schwere MI (B), die transösophageale Echokardiografie bestätigte Vegetationen um beide MitraClips (A). Nachweis von Staphylococcus aureus in den Blutkulturen. Es wurde ein chirurgischer biologischer Mitralklappenersatz durchgeführt, die histologische Begutachtung bestätigte die akute IE. Der Patient konnte am 15. postoperativen Tag entlassen werden, die Antibiose wurde für 6 Wochen nach der OP weitergeführt.

Patient 2 (C, D; männlich, 76 Jahre) entwickelte 2 Jahre nach TAVI (SAPIEN-Klappe) Fieber und Dyspnoe. Nachweis von Enterokokken in den Blutkulturen. In der transösophagealen Echokardiografie zeigten sich Vegetationen an der SAPIEN-Prothese (D). Es wurde ein chirurgischer biologischer Aortenklappenersatz durchgeführt, den der Patient gut überstanden hat. Die Antibiose wurde für 6 Wochen nach OP fortgeführt.

TAVI und TEER: Wenn Keime auf den Klappen wachsen

© PD Dr. Christian Frerker, Universitäres Herzzentrum Lübeck

48 % der Erreger waren resistent

In einer Registeranalyse von 2020, in die alle in der Schweiz durchgeführten TAVI (7.203 Patienten, davon 149 IE [ca. 2 %], Nachbeobachtungszeit 5 Jahre) Eingang fanden, konnten einige additive Erkenntnisse gewonnen werden:

Das Risiko einer IE war besonders in der frühen Phase- (< 100 Tage nach Indexprozedur) mit einer Inzidenz von 2,56 Ereignissen/100 Patientenjahren erhöht. Als unabhängige Risikofaktoren wurden jüngeres Alter, männliches Geschlecht, fehlende Prädilatation vor Implantation sowie Eingriff im Katheterlabor statt im Hybrid-OP identifiziert.

Die modifizierten Duke-Kriterien ließen lediglich bei 63 % der Patienten mit IE eine definitive Diagnose zu.

Der echokardiografische Befund war in 47,7% nicht eindeutig, sodass hier eine ergänzende PET-CT zur Diagnosesicherung sinnvoll erscheint.

Blutkulturen waren zu 99,3 % positiv. Die häufigsten isolierten Erreger waren Streptokokken (28,9 %), Enterokokken (26,2 %) und S. aureus (21,5 %). Das Keimspektrum differierte abhängig vom zeitlichen Auftreten der IE. Bei periprozeduralen IE wurden hauptsächlich Enterokokken isoliert. Bemerkenswert war, dass zwar 92,6 % der Patienten eine periprozedurale Antibiotikaprophylaxe erhielten, aber 48 % der isolierten Erreger resistent gegen das Antibiotikum waren.

Die Mortalität einer IE nach TAVI war 7-fach höher als in vergleichbaren Kontrollgruppen, das Risiko für einen Schlaganfall war 4-fach erhöht.

Endokarditis nach TEER

Während die Charakteristika einer IE nach TAVI vergleichsweise gut untersucht sind, stützt sich das Wissen bzgl. einer IE nach TEER überwiegend auf Fallbeschreibungen nach MitraClip-Implantationen. In publizierten Fallbeispielen und kleineren Fallserien einer IE nach MitraClip wurde eine IE entsprechend der Leitlinien wie eine prothetische Klappenendokarditis definiert: früh (≤ 1 Jahr nach Intervention) und spät (> 1 Jahr). Nur Fälle mit definitiver IE basierend auf den modifizierten Duke-Kriterien wurden eingeschlossen (n = 12) [3]. Die Inzidenz einer IE nach MitraClip war insgesamt niedrig (0–1,3 %), was der Inzidenz einer IE nach chirurgischer Edge-to-Edge-Therapie entspricht [4].

TAVI und TEER: Wenn Keime auf den Klappen wachsen

© nach Asmarats L et al. JSCAI. 2018;92(3):583-91

Die meisten Patienten (75 %) hatten eine früh auftretende IE, häufigste Leitsymptome waren Fieber, Dyspnoe und kardiale Dekompensation [3, 5]. 45 % waren Frauen. Ein hoher mittlerer logistischer EuroSCORE von 41,3 % und ein mittlerer EuroSCORE II von 44,6 % unterstrich die hohe Komorbidität. Im Mittel wurden 1,7 ± 0,7 Clips implantiert. Die meisten Patienten hatten eine leichtgradige MI bei Entlassung. Über ein Drittel hatte eine chronische Niereninsuffizienz. Der am häufigsten auftretende ursächliche pathogene Keim war S. aureus, der ebenfalls Hauptverursacher einer IE von prothetischen Herzklappen ist [6].

Die Diagnose einer IE wurde zumeist echokardiografisch (Vegetationen an der Klappe unter Einbeziehung mind. eines Clips wurden echokardiografisch in 83 % gefunden [3]) und klinisch gestellt, selten mittels PET-CT [5]. Lokalisation der IE waren zumeist die mittleren Segmente, da hier am häufigsten Clips implantiert wurden [3, 5]. Zumeist präsentierten sich die Patienten mit einer erneut schweren Mitralinsuffizienz [3, 5].

Eine kombinierte Langzeittherapie mit Vancomycin, Gentamycin und Rifampicin war gemäß Leitlinien das am häufigsten eingesetzte Antibiotikaregime für eine frühe IE [1]. Etwa zwei Drittel der Patienten mit IE nach MitraClip bedurften im Verlauf trotz ihres Hochrisikoprofils eines chirurgischen Mitralklappenersatzes. Die intrahospitale Mortalität war insgesamt hoch (ob chirurgisch interveniert wurde oder nicht) und lag um 40 %, was einer 4- bis 10-fach erhöhten Mortalitätsrate gegenüber Patienten, die eine IE nach chirurgischer Klappenreparatur entwickelten, entspricht [7, 8].

Fazit

Eine IE nach TAVI und Mitralklappen-TEER ist insgesamt selten, aber mit einer hohen Mortalität assoziiert.

Da nach beiden Prozeduren meist eine frühe IE auftritt, scheint eine Endokarditisprophylaxe periprozedural gemäß Leitlinien sinnvoll. Die Antibiotikawahl sollte erregerspezifisch erfolgen und lokale Resistenzen berücksichtigen.

Konsequent steriles Arbeiten mit Situs- und Prozedurvorbereitung nach OP-Standard sowie eine nicht routinemäßige Anlage von Dauer- und i.v.-Kathetern könnten zur Vermeidung einer IE beitragen.

Literatur bei den Verfasserinnen

Kontakt-- Dr. Dinah Sofia Choudhury, Elisabeth-Krankenhaus Essen; Dr. Nina Wunderlich, Asklepios Klinik Langen

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