HCT gegen Chlorthalidon
Bluthochdrucktherapie: Aufeinandertreffen zweier Klassiker
Bluthochdrucktherapie-- Chlorthalidon und Hydrochlorothiazid (HCT) sind schon seit Jahrzehnten auf dem Markt. Doch noch heute besteht Unklarheit, welches Diuretikum als Blutdrucksenker besser wirkt. Eine pragmatisch durchgeführte, randomisierte Studie sollte endlich Klarheit schaffen.
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Der direkte Vergleich zwischen Chlorthalidon und HCT ergab eine Pattsituation.
© Virtisus/Getty Images/iStock
Welches Thiaziddiuretikum kann kardiovaskuläre Ereignisse bei Bluthochdruckpatienten effektiver verhindern: Chlorthalidon oder Hydrochlorothiazid (HCT)? Diese Frage beschäftigt die Wissenschaft schon seit Langem. Beide Wirkstoffe sind Ende der 1950er-Jahre auf den Markt gekommen, seit Jahrzehnten gibt es kein Patent mehr darauf. In der Zwischenzeit wurden zwar Studien publiziert, die nahelegten, dass Chlorthalidon unter klinischen Gesichtspunkten HCT überlegen ist, und ebenso eine bessere 24-Stunden-Blutdruckkontrolle ermöglicht. Neuere Beobachtungsstudien sprechen allerdings gegen eine solche Überlegenheit von Chlorthalidon, in diesen Studien ging das Medikament mit einem höheren Risiko für Nebenwirkungen einher (Hypokaliämie, akutes Nierenversagen, chronische Niereninsuffizienz).
Randomisierte Studie sollte Klarheit schaffen
Die randomisierte „Diuretic Comparison Project“ (DCP-)Studie sollte nun endlich Klarheit schaffen in dieser für den Alltag bedeutsamen Frage. Das Ergebnis vorweggenommen: Es gab eine Pattsituation zwischen beiden Wirkstoffen. Prof. Areef Ishani von der Universität Minnesota hat die Ergebnisse beim AHA-Kongress in Chicago vorgestellt. Wie der Mediziner berichtete, wurde die Studie mit pragmatischen Mitteln durchgeführt. Bedeutet, die Teilnehmer wurden mithilfe elektronischer Gesundheitsdaten identifiziert. Patientinnen und Patienten, die im Vorfeld bereits mit HCT in einer Dosis von 25 oder 50 mg behandelt worden sind, wurden kontaktiert. Willigten sie ein, wurden sie randomisiert: entweder zu einer Fortführung der HCT-Behandlung oder zu einem Therapiewechsel auf Chlorthalidon (12,5 oder 25 mg). Das Studienprotokoll war in die übliche Versorgung der Patientinnen/Patienten integriert, kein Mitglied des Studienteams hat die Probanden je persönlich gesehen, alles lief über die jeweiligen Primärversorger.
Am Ende konnten 13.523 Patienten auf diese Weise randomisiert werden. Der primäre Endpunkt bestand aus den kardiovaskulären Ereignissen Schlaganfall, Myokardinfarkt, Krankenhauseinweisungen wegen Herzinsuffizienz, instabile Angina pectoris mit notfallmäßiger Revaskularisierung oder Tod durch andere Ursachen als Krebs. Die Follow-up-Daten wurden über elektronische Gesundheitsdaten zentral gesammelt und ausgewertet.
Pattsituation nach 2,4 Jahren
Während des durchschnittlichen Follow-up von 2,4 Jahren ereignete sich bei 10,4 % der mit Chlorthalidon behandelten Patienten ein Ereignis des primären Endpunktes, in der HCT-Gruppe waren 10,0 % betroffen – dadurch ergibt sich kein Unterschied zwischen den Gruppen (Hazard Ratio, HR: 1,04; p = 0,4). Auch bei den Subgruppen ließ sich wenig an Unterschieden ableiten, mit einer Ausnahme: Bei Patienten, die schon einen Herzinfarkt oder Schlaganfall gehabt hatten, war die Ereignisrate unter Chlorthalidon niedriger, entsprechend dann höher bei Patienten ohne Myokardinfarkt oder Schlaganfall in der Vorgeschichte. Ishani zeigte sich in Chicago aber skeptisch, ob das mehr ist als eine Zufallsbeobachtung. In Sachen Verträglichkeit schnitt Chlorthalidon etwas schlechter ab: Allergien traten darunter bei 1,6 % der Patienten auf (vs. 0,3 % mit HCT), Hypokaliämien bei 6,0 % (HCT: 4,4 %).
„Chlorthalidon hat die Inzidenz schwerer kardiovaskulärer Ereignisse und Todesfälle, die nicht auf Krebserkrankungen zurückzuführen sind, im Vergleich zu HCT in alltagsüblichen Dosierungen nicht reduziert“, brachte Ishani das Studienergebnis am Ende seines Vortrages auf den Punkt. Als Fazit für die Praxis zog das Panelmitglied Prof. Clyde Yancy aus diesen Daten, dass Thiaziddiuretika eine angemessene Wirkstoffklasse zur Blutdrucksenkung darstellten, egal für welches Präparat man sich entscheide.
Fazit
Chlorthalidon hat im Vergleich zu HCT keine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse bewirkt.
Beide Diuretika können somit als gleichwertig wirksame Blutdrucksenker betrachtet werden.
Quelle-- Late Breaking Science I. AHA-Kongress 2022, 5. – 7. November 2022 in Chicago