Kommetar von Prof. Meyer-Zürn

Die Ergebnisse sind sehr wichtig für den Alltag

Kommentar-- Die Ergebnisse der randomisierten DCP-Studie beeinflussen auch den Alltag in Deutschland, meint Prof. Christine Meyer-Zürn

Von Prof. Christine Meyer-Zürn Veröffentlicht:

Hydrochlorothiazid (HCT) und Chlorthalidon werden seit mehreren Jahrzehnten zur Therapie der arteriellen Hypertonie verwendet. In Deutschland wird Hydrochlorothiazid viel häufiger eingesetzt als Chlorthalidon, obwohl es in der Vergangenheit Signale für eine mögliche Überlegenheit von Chlorthalidon gab (ALLHAT-Studie, JAMA 2002). Die aktuell vorgestellte randomisierte „Diuretic Comparison Project“-Studie (DCP) liefert nun Evidenz dafür, dass HCT im Vergleich zur Chlorthalidon in der Hypertonie-Therapie hinsichtlich kardiovaskulären Ereignissen nicht unterlegen ist. Vor dem Hintergrund des häufigen Einsatzes von Diuretika sind diese Ergebnisse von hoher alltäglicher Relevanz.

Prof. Dr. Christine Meyer-Zürn, Universitätsspital Basel

Prof. Dr. Christine Meyer-Zürn, Universitätsspital Basel

© Meyer-Zürn

HCT kann somit in der Hypertonie-Therapie weitergeführt werden. Anderseits kann eine begonnene Chlorthalidon-Therapie ebenfalls fortgesetzt werden. Auf das Auftreten einer Hypokaliämie sollte gemäß Studiendaten insbesondere unter Chlorthalidon geachtet werden. Die Überlegenheit von Chlorthalidon bei Patientinnen und Patienten nach Myokardinfarkt oder Schlaganfall gemäß einer Subgruppenanalyse sollte nicht überinterpretiert, sondern als hypothesengenerierend betrachtet werden, im Kontext der insgesamt negativen Studie gesehen und in Folgestudien weiter untersucht werden. Eine Limitation der DCP-Studie ist sicherlich das nicht verblindete Studiendesign. Andererseits hat das pragmatische Konzept der Studie, bei dem elektronische Krankenakten verwendet und die Patienten über E-Mail und Telefon kontaktiert wurden, die Kosten für die Studie reduziert und die Durchführung dieser großen Studie erleichtert.

Des Weiteren muss bei der Interpretation der DCT-Studie bedacht werden, dass die Ergebnisse möglicherweise zugunsten von HCT verfälscht waren, da nur Patienten in die Studie eingeschlossen wurden, die bereits mit HCT vorbehandelt waren und es folglich bereits vertragen hatten. Zudem können die Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf Frauen (97 % der Studienteilnehmer waren Männer) oder auf jüngere Patienten (alle Studienteilnehmer waren über 65 Jahre alt) übertragen werden. Auch die Co-Medikation und die Compliance der Medikamenteneinnahme könnten einen wesentlichen Einfluss auf die Resultate gehabt haben. Trotzdem sind Ergebnisse neuer Studien zu Diuretika, die trotz geringer Studienlage sehr häufig in der Therapie der Hypertonie und Herzinsuffizienz eingesetzt werden und für die kein Patent oder bedeutsames kommerzielles Interesse mehr existiert, von großem Interesse für klinisch tätige Ärzte und Ärztinnen.


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