EuroPCR

Erster Vergleich mit Transkatheter-Ersatz

Mitralinsuffizienz-- Ob ein Transkatheter-Mitralklappenersatz gegenüber einer medikamentösen Therapie prognostische Vorteile hat, wurde bisher in keiner randomisierten Studie untersucht. Um trotzdem Evidenz zu schaffen, haben Kardiologen sich für einen Propensity-Score gematchten Vergleich entschieden.

Von Peter Overbeck und Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
Die Mitralklappe kann in manchen Fällen weder operativ ersetzt noch interventionell repariert werden.

Die Mitralklappe kann in manchen Fällen weder operativ ersetzt noch interventionell repariert werden.

© Science Photo Library / Science Photo Library

Der Transkatheter-Mitralklappenersatz (TMVR) scheint bei bestimmten Patienten mit einer sekundären Mitralinsuffizienz gegenüber einer leitliniengerechten Pharmakotherapie prognostische Vorteile zu haben. Zu diesem Ergebnis kommt eine gematchte Analyse aus Daten des CHOICE-MI-Registers und der COAPT-Studie. Dr. Sebastian Ludwig, Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg, hat die Ergebnisse beim EuroPCR vorgestellt, gleichzeitig sind sie in Circulation Intervention publiziert worden. „Für ausgewählte Patienten mit einer sekundären Mitralinsuffizienz stellt der TMVR unter Einsatz aktueller Devices eine sichere und effektive Alternative dar, er bewirkt eine symptomatische Verbesserung und eine Abnahme von Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen im Vergleich zu einer rein medikamentösen Behandlung“, lautet das Fazit der Autoren.

Potenzielle Alternative zur OP

Speziell für inoperable Patienten mit hohem OP-Risiko, die nicht für eine interventionelle Transkatheter-Edge-to-Edge- Reparatur (TEER) geeignet sind, trat der TMVR in den letzten Jahren als Alternative zum Vorschein. Bisher gibt es jedoch keine randomisierte Studie, die die Wirksamkeit des Eingriffs mit der einer leitliniengerechten Pharmakotherapie verglichen hat. Die Kardiologen um Ludwig behalfen sich deshalb der statistischen Möglichkeiten eines Propensity-Score-Matching. Dafür wurden Daten von Herzinsuffizienzpatienten (NYHA III/IV) und schwerer Mitralklappeninsuffizienz (3+ oder 4+) aus dem internationalen CHOICE-MI-Register, die alle einem TMVR unterzogen worden waren, sowie die Ergebnisse der COAPT-Kontrollgruppe, die eine medikamentöse Standardtherapie erhalten hatte, herangezogen. Daraus wurden merkmalsgleiche Paare von je 97 Patienten (TMVR vs. Medikamente) gebildet. In der TMVR-Gruppe war die Transkatheter-Mitralklappe meist via transapikalem Zugang (92 %), also über die Herzspitze, implantiert worden. Am häufigsten genutzt wurde das Tendyne-Device.

Infolge der Device-Implantation kam es bei den meisten Patienten zu einer vollständigen echokardiografischen Erholung der Mitralinsuffizienz (93,7 % bei Klinikentlassung, 89,1 % nach 1 Jahr und 64,3 % nach 2 Jahren). Im Gegensatz dazu hatte die Mehrzahl der medikamentös behandelten Patienten zu diesen Zeitpunkten weiterhin eine Mitralinsuffizienz ≥ 2+ (93,7 %, 93,1 %, 92,2 %).

Reduktion von Klinikeinweisungen

Erfreulich ist zudem, dass die Rate für Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen mit 32,8 % vs. 54,4 % nach zwei Jahren in der TMVR-Gruppe relativ um 41 % niedriger war als in der rein medikamentös behandelten Gruppe (Hazard Ratio, HR: 0,59, 95%-KI: 0,35–0,99; p = 0,04). Zudem verbesserten sich die Symptome der via TMVR behandelten Patienten deutlich stärker als in der Gruppe, die rein medikamentös behandelt worden war (NYHA 77,8 % vs. 53,2 % nach 2 Jahren; p = 0,09). Keinen signifikanten Unterschied gab es bei der Gesamtmortalität (36,8 % vs. 40,8 %; HR: 1,01, 95%-KI: 0,62–1,64; p = 0,98).

Das Panel beim EuroPCR bewertete diese Studie als aufschlussreich – trotz der Limitationen, die ein solcher nicht randomisierter Vergleich mit sich bringt (kleine Größe, Selektionsbias, exploratorisch usw.). Diese Daten seien ein wichtiger Schritt für die Heart-Failure-Community, kommentierte Prof. Ralph Stephan von Bardeleben. Auch Prof. Patrizio Lancellotti sieht der Zukunft des TMVR optimistisch entgegen, besonders wegen eines Ergebnisses der aktuellen Studie: „Selbst wenn man den transapikalen Ansatz verwendet, verringert sich die Anzahl herzinsuffizienzbedingter Klinikeinweisungen.“ Dies sei ein großer Wegweiser, wenn man bedenke, dass die chirurgische Behandlung keinen solchen Effekt gezeigt habe, so der Kardiologe.

Weitere Erkenntnisse, speziell zur Patientenselektion, erhoffen sich die Experten von randomisierten Studien.

Fazit

In einem gematchten Vergleich hatte sich der TMVR einer Pharmakotherapie bzgl. Insuffizienzgrad, Symptomatik und Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen als überlegen erwiesen.

Die Studie war aber nicht randomisiert.

Quelle-- Late breaking clinical data: Mitral and tricuspid valves disease, EuroPCR-Kongress 2023, 16. bis 19. Mai 2023, Paris

Literatur-- Ludwig S et al. Circ Cardiovasc Interv. 2023; https://doi.org/10.1161/CIRCINTERVENTIONS.123.013045

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