Kommentar von Dr. Vogelhuber

Zweifelsohne besteht ein großer Bedarf

Kommentar--Der Transkatheter-Mitralklappenersatz kann bestehende Limitationen der TEER adressieren, muss sich jedoch an den verfügbaren Verfahren messen lassen. Randomisierte Studien fehlen zwar. Aber den Bedarf gibt es.

Ein Kommentar von Dr. Johanna Vogelhuber Veröffentlicht:

Insbesondere für das wachsende Kollektiv der älteren, multimorbiden, kardiovaskulär meist vielfach vorerkrankten Patientinnen und Patienten mit symptomatischer hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz (MI) und deutlich erhöhtem perioperativen Risiko ist – nach entsprechender Diskussion im Herzteam – die Transkatheter-Edge-to-Edge-Reparatur (TEER) derzeit die bevorzugte Strategie. Die TEER ist in dieser Indikation bisher das einzige CE-zertifizierte katheterbasierte Verfahren und weist ein niedriges Komplikationsrisiko auf. Dennoch sind Limitationen zu bedenken, wie eine mögliche MI-Rekurrenz im Verlauf oder individuelle anatomische Besonderheiten (u. a. Anulus- oder Segelverkalkungen/-verdickungen, kurzes posteriores Mitralsegel, Segelrestriktionen bei Gefügedilatation, bereits bestehender MK-Gradient, TEER-bedingte MK-Stenose oder partielle Device-Detachments). Der TMVR kann bestehende Limitationen der TEER adressieren, muss sich jedoch bzgl. Komplikationsraten und klinischen Endpunkten an der TEER, aber auch an minimalinvasiven herzchirurgischen Verfahren (MIC-MKR/E) messen lassen.

Dr. Johanna Vogelhuber- Universitätsklinik Bonn

Dr. Johanna Vogelhuber- Universitätsklinik Bonn

© Vogelhuber

Die auf dem EuroPCR von Ludwig et al. vorgestellte Studie konnte erstmals im Propensity-Matching zur konservativ behandelten Kontrollgruppe der COAPT-Studie an 194 Patienten mit symptomatischer, hochgradiger MI zeigen, dass der TMVR nicht nur die MI effektiv eliminiert, sondern auch zu weniger herzinsuffizienzbedingten Rehospitalisationen sowie einer signifikanten Symptombesserung in den kommenden zwei Jahren führt – wobei die Gesamtmortalität unbeeinflusst blieb.

Derzeit wird der TMVR meist dann in Betracht gezogen, wenn etablierte Therapieoptionen versagen oder als wenig erfolgversprechend eingeordnet werden – folglich für ein Hochrisikokollektiv mit meist komplexen anatomischen Voraussetzungen. So besteht die wesentliche Herausforderung des TMVR sicherlich in der individuell variablen Anatomie der Mitralklappe, nebst umgebener Strukturen mit vergleichsweise nachgiebigem, Sattel-/D-förmigem Anulus mit assoziierter variabler Gefügedilatation und komplexem Halteapparat. Zudem birgt die Nähe zum linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) häufig das Risiko einer relevanten Obstruktion durch die Klappenprothese, was eine aufwendige präprozedurale Planung und Evaluation nötig macht mit hohen Ausschlussraten. Aber auch das Wundmanagement beim meist transapikalen Zugangsweg kann besonders für das vulnerable Patientenkollektiv die postinterventionelle Rekonvaleszenz erschweren.

Derzeit befinden sich mindestens acht speziell für die Anwendung in MK-Position entwickelte TMVR-Systeme in klinischer Erprobung, wobei jeweils meist nur Compassionate-Use-Fallserien vorliegen; mit der Weiterentwicklung des Zugangswegs zu transfemoral-venös/transseptal, der Modifikation des Prothesenprofils zur Vermeidung der LVOT-Obstruktion und der Entwicklung innovativer Ankermechanismen wird versucht, wesentliche Nachteile des TMVR anzugehen. Ergebnisse randomisierter Studien im Vergleich zur TEER, aber auch zu MIC-MKR/E fehlen aktuell. Diese wurden aber initiiert und werden die Datengrundlage liefern, die den Stellenwert des TMVR für die Therapie der symptomatischen MI stärken und wichtige weitere Fragen zu Haltbarkeit, Antikoagulation, Blutungen, Thrombosen usw. klären könnten. Denn zweifelsohne besteht großer klinischer Bedarf, zumal die wesentliche Stärke des TMVR gegenüber der TEER in der breiteren Anwendbarkeit bei unterschiedlichen anatomischen Voraussetzungen und der vollständigen Reduktion der MI liegen könnte.

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