Mechanische Kreislaufunterstützung
Frühe ECMO beim kardiogenen Schock fällt durch
Kardiogener Schock-- Hat eine früh initiierte mechanische Kreislaufunterstützung bei Patientinnen und Patienten im kardiogenen Schock Vorteile gegenüber einer abwartenden Strategie? Die ECMO-CS-Studie kommt zu einem ernüchternden Ergebnis, wenngleich die Ergebnisse mit Bedacht interpretiert werden sollten.
Veröffentlicht:Eine mechanische Kreislaufunterstützung wird insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit schwerem kardiogenem Schock gerne eingesetzt, aber der genaue Zeitpunkt des Beginns dieser Behandlung ist umstritten. Hier liefert die ECMO-CS-Studie neue Daten, deren Ergebnisse von Dr. Petr Ostadal vom Na Homolce Krankenhaus in Prag beim AHA-Kongress in Chicago vorgestellt und zeitgleich publiziert wurden. Es handelte sich um eine multizentrische, randomisierte Studie bei Patientinnen und Patienten mit sich schnell verschlechterndem oder schwerem kardiogenen Schock. Konkret waren das Patienten im SCAI-Stadium D oder E, die wiederholt Vasopressoren benötigten, um einen mittleren arteriellen Druck (MAP) von 50 mmHg aufrechtzuerhalten, außerdem Patienten im SCAI-Stadium D mit hämodynamischen Parametern, die einen schweren kardiogenen Schock nahelegten.
Die Studie umfasste 117 Patientinnen und Patienten , die im Median 67 Jahre alt waren. Etwa die Hälfte hatte einen ST-Hebungsinfarkt (STEMI), die andere Hälfte entweder einen NSTEMI oder eine dekompensierte Herzinsuffizienz oder eine mechanische Komplikation nach Infarkt. Bei den Patienten, die die genannten Kriterien erfüllten, wurde entweder sofort eine venoarterielle, extrakorporale Membranoxygenierung (VA-ECMO) initiiert oder es wurde hinsichtlich mechanischer Kreislaufunterstützung eine Watch-and-Wait-Strategie gewählt. Hier stand die komplette medikamentöse Therapiepalette zur Verfügung, die ECMO kam aber erst dann zum Einsatz, wenn sich die Hämodynamik weiter verschlechterte und das Team keine andere Möglichkeit mehr sah.
Keine signifikante Risikoreduktion
Primärer Endpunkt der ECMO-CS-Studie war ein Komposit aus Tod jeglicher Ursache, Reanimation bei Kreislaufstillstand und Notwendigkeit eines (anderen) mechanischen Kreislaufunterstützungssystems bis 30 Tage nach Studienbeginn. Das Ergebnis sei enttäuschend gewesen, sagte Ostadal in Chicago. Der primäre Endpunkt wurde in der Gruppe mit sofortiger ECMO von 63,8 % der Patienten erreicht, in der Gruppe mit Watch-and-Wait-Strategie bzw. primär konservativer Behandlung von 71,2 %. Die relative Risikoreduktion von 28 % war nicht statistisch signifikant (Hazard Ratio, HR: 0,72; 95%-KI: 0,46–1,12; p = 0,21) Auch bei den einzelnen Komponenten des primären Endpunkts gab es keinen Unterschied zwischen den Gruppen. Die Gesamtsterblichkeit betrug 50 % in der ECMO-Gruppe und 47,5 % in der Kontrollgruppe. Was es gab, waren (allerdings ebenfalls nicht signifikante) Unterschiede bei den unerwünschten Ereignissen. Sepsis und Pneumonie waren zwar gleich häufig, aber Schlaganfälle, Bein- ischämien und Blutungen traten in der ECMO-Gruppe häufiger auf. Die Crossover-Quote war erwartungsgemäß relativ hoch: Vier von zehn Patienten im initial konservativen Arm erhielten im Verlauf dann doch eine ECMO-Therapie.
In einer Kongress-Pressekonferenz wies Prof. Larry Allen von der Universität Colorado darauf hin, dass es höchste Zeit sei, mehr und bessere Daten zur mechanischen Kreislaufunterstützung zu generieren. Dies gelte insbesondere für die ECMO, deren Einsatz in den letzten Jahren vielerorts deutlich zugenommen habe. Aber auch bei der perkutanen mechanischen Kreislaufunterstützung beschränke sich die Datenlage bisher weitgehend auf Beobachtungsstudien.
Reaktionen aus Deutschland
Bei deutschen Kardiologen und Kardiologinnen gibt es unterschiedliche erste Reaktionen auf die ECMO-CS-Studie. Prof. Holger Thiele vom Herzzentrum Leipzig stellte auf Twitter die Frage, ob diese Studie die Praxis verändern werde – die Antwort darauf gibt er in seinem Kommentar unten. Andere wiesen darauf hin, dass die ECMO in vielen Zentren ohnehin ganz am Ende der Versorgungskette stehe, eine Maßnahme, die zum Einsatz kommt, wenn nichts anderes mehr möglich ist. Daran dürfte sich wenig ändern, aber für einen frühen ECMO-Einsatz gibt es nach ECMO-CS in jedem Fall weniger Argumente als vorher. Schwierig wird die Interpretation auch dadurch, dass STEMI-Patienten mit kardiogenem Schock in vielen Zentren primär eine perkutane Herzpumpe erhalten. Dieses Kollektiv findet sich in der ECMO-CS-Studie nicht wieder.
Fazit
Patientinnen und Patienten mit kardiogenem Schock, bei denen früh eine ECMO begonnen wird, haben bzgl. des primären Endpunktes keinen Vorteil gegenüber Patienten, bei denen die Indikation zur ECMO später gestellt wird.
Ein Aus für die ECMO bedeuten diese Daten jedoch nicht (s. Kommentar: Ist das das Aus für die ECMO?).
Quelle-- Late Breaking Science III, AHA-Kongress 2022, 5. – 7. November 2022 in Chicago