Kommentar von Prof. Thiele

Ist das das Aus für die ECMO?

Kommentar-- Bedeuten die Ergebnisse der ECMO-CS-Studie das Ende für die ECMO? Nein, erörtert Prof. Holger Thiele in seinem Kommentar.

Von Prof. Dr. Holger Thiele Veröffentlicht:

Seit der Publikation der IABP-SHOCK II-Studie, die keinen Vorteil der IABP im kardiogenen Schock nach Myokardinfarkt zeigte,[1] gibt es förmlich eine Explosion in der Verwendung der venoarteriellen extrakorporalen Membranoxygenation (ECMO) als auch der Impella in Deutschland trotz fehlender Evidenz.[2, 3 4] Dieser Reflex – ein aktives, theoretisch mehr effizientes Device zu verwenden im Vergleich zur passiven IABP – ist vor dem Hintergrund der unverändert hohen Schock-Mortalität nachvollziehbar. Insofern benötigen wir aber unbedingt Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien (RCT), die einen Mortalitätsbenefit von va-ECMO oder Impella im kardiogenen Schock zeigen [5] – auch vor dem Hintergrund, dass diese Devices trotz ihrer theoretischen Vorteile in der Hämodynamik mit Komplikationen wie Blutungen oder Beinischämien assoziiert sind. [6, 7]

Prof. Dr. Holger Thiele, Herzzentrum Leipzig

Prof. Dr. Holger Thiele, Herzzentrum Leipzig

© Thiele

Insofern ist die ECMO-CS-Studie die erste wichtige größere Studie, die mit 122 eingeschlossenen Teilnehmern nach der IABP-SHOCK II-Studie (n = 600) die meisten Patienten zu einer mechanischen Kreislaufunterstützung oder Kontrolle randomisiert hat. Mit einem ungewöhnlichen kombinierten Endpunkt aus Gesamtmortalität, Reanimation bei Herzstillstand und Implantation eines mechanischen Unterstützungssystems ist die Interpretation der Ergebnisse aber erschwert. Durch diesen Endpunkt, der ein Crossover automatisch als Endpunkt zählt, wird theoretisch die ECMO-Gruppe präferiert. Insofern ist es erstaunlich, dass trotz einer 39%igen Crossover-Rate zur ECMO im initial konservativen Arm kein Unterschied zwischen beiden Studienarmen detektiert wurde. Der primäre Endpunkt trat bei 37 (63,8 %) im ECMO-Arm im Vergleich zu 42 (71,2 %) der Patienten im konservativen Arm auf (HR: 0,72; 95%-KI: 0,46–1,12; p = 0,21). Auch für die Gesamtsterblichkeit ergab sich kein Unterschied, selbst in einer „as-treated“-Analyse nicht. Komplikationen traten in beiden Gruppen nicht unterschiedlich oft auf, was erstaunlich ist vor dem Hintergrund der hohen Invasivität mit großen Kanülen im ECMO-Arm.

Ist das jetzt das Ende der ECMO-Therapie? Wir denken nicht, da die Studie sicherlich mit einer angenommenen Reduktion des primären Endpunktes um 50 % underpowered ist. Zudem wurde ein heterogenes Patientenkollektiv eingeschlossen mit unterschiedlichen Schock-Ursachen. Ein weiteres Problem ist auch, dass für die Patienten im ECMO-Arm keine Venting-Strategie vorgesehen war unter präspezifizierten Kriterien. Venting scheint nach gematchten Analysen einen Mortalitätsbenefit zu haben, weshalb für eine RCT sicherlich prädefinierte Kriterien für Venting anzuwenden sind. [8] Am wichtigsten ist aber sicher, dass diese RCT keine Studie mit Vergleich ECMO versus keine ECMO, sondern ein Vergleich routinemäßiger ECMO versus selektiv/späterer ECMO bei hämodynamischer Verschlechterung darstellte. Wir müssen also die großen, auf Mortalität gepowerten Studien abwarten. Unsere eigene ECLS-SHOCK-Studie hat 415 von 420 Patienten eingeschlossen und wird voraussichtlich im Jahr 2023 präsentiert. [9] Mit Spannung sind auch die Ergebnisse der DANGER-Studie zu erwarten, die Impella versus Kontrolle bei kardiogenem Schock nach Infarkt untersucht. 315 von 360 Patienten sind eingeschlossen. Die Ergebnisse werden ebenfalls für Ende 2023 erwartet. [10] Es bleibt also weiter spannend.

Literatur beim Verfasser


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