Kommentar von Prof. Störk
Funktioniert das System auch bei uns?
Kommentar--
Veröffentlicht:Die MONITOR-HF-Studie ist ein weiterer Meilenstein in der mühsamen Gewinnung von randomisierter Evidenz im Bereich telemedizinisch unterstützter Betreuung herzinsuffizienter Patienten. Es ist die erste randomisierte Studie (RCT) zu einem Pulmonalisdruck geführten Versorgungspfad in Europa. Frühere RCTs wurden in USA/Kanada durchgeführt, wo deutliche Unterschiede existieren bzgl. des Gesundheitswesens, Vergütungsstrategien, zu patientennahen Faktoren wie Versicherungsstatus oder Zugang zu medizinischer Versorgung. MONITOR-HF war als Erprobungsstudie vom Niederländischen Gesundheitsministerium vor Einführung in die Regelversorgung gefordert. Die Studie war universitär geplant, gesponsert und durchgeführt, und unterstützt durch die Firma Abbott, die auf Design, Durchführung oder Analyse keinen Einfluss hatte. Die Niederlande sind bekannt für sehr gut ausgebildete Versorgungsstrukturen im Bereich Herzinsuffizienz (HI). Zusätzlich waren die Patienten allgemein sehr gut therapiert mit leitlinienindizierten Medikamenten und Devices.

Prof. Stefan Störk-- Universitätsklinikum Würzburg
© Störk
Vor diesem Hintergrund sind die konsistenten Ergebnisse aus MONITOR-HF besonders eindrucksvoll. MONITOR-HF war eine positive Studie, insofern der primäre Endpunkt, die KCCQ-basierte Lebensqualität, eindeutig günstig in der Interventionsgruppe verändert war. Im Gegensatz dazu war die US-amerikanische GUIDE-HF-Studie bzgl. Lebensqualität neutral verlaufen. MONITOR-HF war aber auch eine offene RCT. Somit war der Endpunkt „Lebensqualität“ empfindlich für einen Bias, da die Patienten der Kontrollgruppe wussten, dass sie im Kontrollarm geführt wurden. Die größte Begeisterung bei der Präsentation beim Heart Failure-Kongress rief deshalb die starke Senkung der Hospitalisierungsrate von 44 % nach im Median 1,8 Jahren hervor. Dies sind aus Patientensicht wie aus gesundheitsökonomischer Perspektive hervorragende Neuigkeiten.
Was hat MONITOR-HF so erfolgreich gemacht? Noch sind Subanalysen ausstehend, aber ein Ergebnis sticht heraus: Auf Basis der Pulmonalisdruck-Daten konnten viel öfter Konsequenzen gezogen werden, die Therapieaktionen triggerten. So erfolgte die Anpassung der Medikation etwa fast doppelt so häufig im Interventions- als im Kontrollarm, ebenso die Auf- wie auch die Abtitration von Diuretika. Damit ist gezeigt, dass die vom CardioMEMS-Sensor übermittelten hämodynamischen Informationen sinnvoll in den Versorgungspfad eingespeist werden können und Endpunkte bedeutsam verändern.
Was bedeutet MONITOR-HF für das deutsche Gesundheitssystem? Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat ebenfalls eine Erprobungsstudie vor Einführung des Pulmonalisdruck-Monitorings in die Regelversorgung gefordert. Der G-BA hat das Design entscheidend mitgestaltet, das sich überwiegend an die CHAMPION-Studie anlehnt, aber wie MONITOR-HF eine offene RCT ist. Im Unterschied zu MONITOR-HF hat PASSPORT-HF als primären Endpunkt die Rate ungeplanter HI-bedingter Rehospitalisierungen oder Tod jeder Ursache am Ende der Beobachtungszeit nach 12 Monaten. Lebensqualität, NT-proBNP, Pulmonalisdruck-Kurvenintegrale und Echo-Befunde werden ebenfalls erfasst, sodass perspektivisch eine gemeinsame Auswertung beider Studien möglich ist. Von 554 geplanten Patienten sind derzeit 230 rekrutiert.
Sind die deutschen und niederländischen HI-Versorgungsstrukturen vergleichbar? In weiten Teilen sicher nicht. Auffälligster Unterschied ist das Fehlen einer HI-Nurse als festes Element der Versorgung. Daher hat der G-BA im Kontrollarm von PASSPORT-HF eine HI-Nurse gestützte Versorgung vorgesehen, sodass sich die beiden Gruppen nur durch Berücksichtigung der Pulmonalisdruckwerte unterscheiden. Wichtig für die erfolgreiche Implementierung kardiologischer Telemedizin ist jedoch, zu verstehen, dass das Remotemonitoring nur eine von mindestens drei essenziellen Säulen der telemedizinisch unterstützten HI-Versorgung darstellt. Wie in der Abb. 1 gezeigt, müssen die Sensor-Informationen visuell aufbereitet Eingang finden in eine elektronische Fallakte und müssen von spezialisiertem, geschultem Personal regelbasiert kontrolliert werden. Abweichungen müssen interpretiert und in Aktionen übersetzt werden, deren Erfolg kontrolliert und ggf. korrigiert werden muss. Fehlt eines der Elemente, ist die „Versorgungsschleife“ nicht geschlossen und die telemedizinische Intervention läuft ins Leere.
Ob dieses System auch in Deutschland „funktioniert“, werden erst die Ergebnisse von PASSPORT-HF zeigen.