DANCAVAS-Studie

Kardiovaskuläres Screening – bei wem und wie?

Kommentar-- Die DANCAVAS-Studie lässt nach Ansicht von Prof. Rainer Hambrecht einige Fragen offen. Nichtsdestotrotz gebe es in Deutschland einen großen Bedarf für kardiovaskuläre Präventionsmaßnahmen.

Ein Kommentar von Prof. Rainer Hambrecht Veröffentlicht:
Prof. Rainer Hambrecht-- Klinikum Links der Weser, Bremen

Prof. Rainer Hambrecht-- Klinikum Links der Weser, Bremen

© Hambrecht

In der DANCAVAS-Studie wurden die Effekte eines systematischen kardiovaskulären Screenings bei 65–74-jährigen Männern in Dänemark untersucht [1]. Das Screening beinhaltete einen CT-Scan mit Erfassung von Koronarkalk und möglichen aortalen/iliakalen Aneurysmen, die Messung des Knöchel-Arm-Indexes, Herzrhythmus-Monitoring sowie die Bestimmung von Cholesterin und Blutzucker. Es wurde randomisiert zugeteilt, welche Personen zu dem Screening eingeladen wurden; 63 % der eingeladenen Personen nahmen an dem Screening teil. Der primäre Endpunkt Mortalität jeglicher Ursache wurde nach im Mittel 5,6 Jahren in der Gesamtgruppe nicht signifikant reduziert. Jedoch zeigte sich in der Subgruppe der 65–69-Jährigen ein signifikanter Effekt des Screenings.

Die Studie beschäftigt sich mit einem wichtigen Thema, lässt aber einige Fragen offen: Personen < 65 Jahre und Frauen waren ausgeschlossen; alle Teilnehmer kamen aus Dänemark, einem „low-risk country“ gemäß den ESC-Leitlinien zur kardiovaskulären Prävention [2]. Ob die Ergebnisse auch in anderen Bevölkerungsgruppen oder Ländern ähnlich gewesen wären, bleibt unklar. Dass jüngere im Vergleich zu älteren Teilnehmern mehr von einem kardiovaskulären Screening mit daraus folgenden Präventionsmaßnahmen profitiert haben, ist nachvollziehbar, da Prävention in einem möglichst jungen Alter ansetzen sollte („life-time risk“). Kürzlich konnte unsere Arbeitsgruppe in einer großen Fall-Kontroll-Studie nachweisen, wie wichtig modifizierbare Risikofaktoren (Rauchen, Hypertonie, Adipositas, Diabetes) für das Auftreten von Herzinfarkten bei jungen Menschen ≤45 Jahren sind [3]. Künftige Strategien zu einem systematischen kardiovaskulären Screening sollten somit junge Personen einbeziehen.

Die generelle Durchführung von CTs im Rahmen eines Screenings erscheint in Deutschland derzeit in Anbetracht der weiterhin fehlenden Kostenerstattung von Kardio-CTs durch gesetzliche Krankenkassen nicht realistisch. Zudem ist zu bedenken, dass Personen durch eine CT einer Strahlenexposition ausgesetzt werden, die alternative Untersuchungsmethoden, wie ein Ultraschall der Karotiden und der Bauchaorta, nicht bergen. Leider gab es in DANCAVAS keinen Studienarm, der ein Screening ohne CT untersucht hat, diese Ergebnisse wären von großem Interesse gewesen.

Es ist unbestritten, dass in Deutschland ein großer Bedarf an kardiovaskulären Präventionsmaßnahmen besteht [4, 5]. Dass nicht einmal zwei Drittel der eingeladenen Patienten in DANCAVAS zu dem Screening gekommen sind, zeigt, wie schwierig es ist, Menschen zu motivieren, Risikofaktoren zu erfassen und dann ggf. behandeln zu lassen. Das gilt besonders für Risikogruppen, wie Personen mit Adipositas, körperlicher Inaktivität, sozioökonomischer Benachteiligung oder depressiven Verstimmungen. Hierzu braucht es gut ausgebildete und engagierte Ärztinnen und Ärzte sowie nicht ärztliche Fachkräfte („Präventionsassistent*innen“), die kompetent und nachhaltig zu besserer Prävention anleiten können. Die neuen Ausbildungskurse der DGK bieten für beide Berufsgruppen eine gute Möglichkeit, diese Kompetenzen zu erlernen [6, 7]. Wenn ausgebildete Fachkräfte insbesondere jüngere Risikopatienten motivieren, nachhaltig Prävention zu betreiben, dürften sich deutlich überzeugendere Effekte ergeben als durch das Screening-Programm der DANCAVAS-Studie.

Literatur beim Verfasser

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