ESC-Kongress

Nächster Meilenstein für die HFpEF-Therapie

Herzinsuffizienz-- Die SGLT2-Hemmer feiern einen weiteren Erfolg in der Herzinsuffizienztherapie. Dapagliflozin hat sich in der DELIVER-Studie sowohl bei HFpEF als auch bei HFmrEF als wirksam erwiesen. Die Studie liefert darüber hinaus neue Erkenntnisse, die für die Behandlung in der Praxis wichtig sind.

Von Veronika Schlimpert und Peter Overbeck Veröffentlicht:
Der ESC-Kongress in Barcelona hatte nicht nur inhaltlich einiges zu bieten, auch das Bühnenbild war ein Blickfang.

Der ESC-Kongress in Barcelona hatte nicht nur inhaltlich einiges zu bieten, auch das Bühnenbild war ein Blickfang.

© ESC

Ein weiterer SGLT2-Hemmer hat sich für die Behandlung der HFpEF bzw. HFmrEF qualifiziert. Dapagliflozin hat in der beim ESC-Kongress präsentierten randomisierten DELIVER-Studie eine deutliche Reduktion des primären Endpunktes erzielt.

„DELIVER hat tatsächlich geliefert, mit einer 18%igen Reduktion des primären Endpunktes bestehend aus kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz oder sich verschlechternder Herzinsuffizienz“, kommentierte Prof. Theresa McDonagh die Ergebnisse beim ESC-Kongress. SGLT2-Inhibitoren seien damit zu fundamentalen Medikamenten für die Herzinsuffizienz-Therapie geworden, unabhängig von der linksventrikulären Funktion, machte die Kardiologin vom King’s College Hospital in London deutlich.

Unterschiede zwischen DELIVERund EMPEROR-Preserved

DELIVER schreibt damit nach der EMPEROR-Preserved-Studie die nächste Erfolgsgeschichte in der Behandlung einer Herzinsuffizienz mit erhaltener LVEF (HFpEF). In der im letzten Jahr beim ESC-Kongress präsentierten randomisierten EMPEROR-Preserved-Studie hatte sich bereits der SGLT2-Inhibitor Empagliflozin bei Herzinsuffizienzpatienten mit einer LVEF > 40 % als effektiv erwiesen. Wie McDonagh ausführte, gibt es Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede zwischen beiden Studien. So sei die erzielte Risikoreduktion vergleichbar: in DELIVER 18 %, in EMPEROR-Preserved 21 %. In beiden Untersuchungen war die ausschlaggebende Wirkung der SGLT2-Hemmer-Therapie eine deutliche Reduktion von Herzinsuffizienz-bedingten Klinikeinweisungen; der Effekt auf die kardiovaskuläre Mortalität war dagegen nicht signifikant (wenngleich bei beiden ein Trend zugunsten des SGLT2-Hemmers vorhanden war).

„DELIVER hat tatsächlich geliefert.“

Zitat Prof. Theresa McDonagh

Etwas unterschiedlich waren die Einschlusskriterien in beiden Studien. Anders als in EMPEROR-Preserved durften in DELIVER auch Patientinnen und Patienten teilnehmen, die aktuell oder kurz zuvor wegen Herzinsuffizienz in stationärer Behandlung waren, oder bei denen die LVEF von ≤ 40 % zum Zeitpunkt der Studienaufnahme auf > 40 % angestiegen war – die sog. „Heart Failure with improved Ejection Fraction“ (HFimEF). Letztere machten immerhin 18 % der Studienpopulation aus.

„Bemerkenswerte Konsistenz“in den Subgruppen

Wie Studienautor Prof. Scott Solomon beim ESC berichtete, hat sich in allen Subgruppen eine „bemerkenswerte Konsistenz“ gezeigt, sprich Dapagliflozin hat über das gesamte Spektrum der eingeschlossenen Herzinsuffizienzpatienten hinweg gewirkt: unabhängig von der LVEF, bei Patienten mit und ohne Diabetes usw. „Es gibt keine Evidenz für eine Abschwächung der Wirkung in der höchsten LVEF-Gruppe“, führte der Kardiologe von der Havard Medical School in Boston eine weitere wichtige Erkenntnis aus. Dieser Befund steht etwas im Widerspruch zu den EMPEROR-Preserved-Ergebnissen, da hier eine nachlassende Wirkung mit steigender EF-Höhe beobachtet wurde.

In der DELIVER-Studie wurden weltweit 6.263 Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse II–IV) und einer LVEF >40 % (also HFmrEF oder HFpEF) aufgenommen. Randomisiert erhielten sie entweder eine Therapie mit Dapagliflozin (10 mg/Tag) oder Placebo additiv zur Standardtherapie. Im Mittel betrug das Follow-up 2,3 Jahre. Während dieser Zeit kam es bei 16,4 % der mit Dapagliflozin behandelten Patienten zu einem Ereignis des primären Endpunktes, in der Placebo-Gruppe waren 19,5 % betroffen (Hazard Ratio, HR: 0,82; 95%-KI: 0,73–0,92; p < 0,001). Die „Number Needed to Treat“ (NNT) liegt bei 32. Die in einer separaten Analyse in der Subgruppe der Patienten mit LVEF < 60 % für diesen Endpunkt ermittelte Risikoreduktion entspricht dem Ergebnis der Gesamtpopulation (HR: 0,83; 95%-KI: 0,73–0,95; p = 0,009).

SGLT2-Hemmer als grundlegende Therapie

Darüber hinaus wirkte sich die Dapagliflozin-Therapie positiv auf die Beschwerden der Patientinnen und Patienten aus: Der KCCQ-Symptom-Score verbesserte sich unter der Behandlung im Vergleich zu Placebo signifikant (p = 0,009). Solomon kommt angesichts dieser Ergebnisse zu einem klaren Fazit: „Diese Daten liefern weitere Evidenz als Unterstützung dafür, einen SGLT2-Hemmer als grundlegende Therapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz zu nutzen – unabhängig von dem Versorgungsumfeld und der Auswurffraktion.“ Was die Leitlinien betrifft, vermutet McDonagh, dass die künftigen Verfasser sicherlich über eine Klasse Ia-Empfehlung diskutieren werden.

Fazit

Der SGLT2-Inhibitor Dapagliflozin hat bei Patientinnen und Patienten mit HFpEF und HFmrEF eine deutliche Verbesserung der Prognose bewirkt.

Diese Wirkung war unabhängig von der linksventrikulären Ejektionsfraktion.

Quelle-- ESC Congress, Hotline-Session 4, 26. bis 29. August 2022 in Barcelona

Literatur-- Solomon SD et al. N Engl J Med. 2022; https://doi.org/10.1056/NEJMoa2206286

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