Sekundärprävention im Blick behalten

Kommentar--

Ein Kommentar von Daniela Zurkan und Prof. Frank Edelmann Veröffentlicht:
Daniela Zurka-- Charité – Universitätsmedizin Berlin

Daniela Zurka-- Charité – Universitätsmedizin Berlin

© Zurkan

Während Entwicklung und Indikationserweiterung vielversprechender medikamentöser Ansätze üblicherweise nur in der medizinisch-wissenschaftlichen Community gespanntes Entzücken hervorrufen, erreichten GLP-1-RA im vergangenen Jahr global-mediale Aufmerksamkeit. Nach Publikation der eindrücklichen Effekte von Semaglutid auf das Körpergewicht reiht sich die aktuelle Studie des Dreifach-Agonisten Retatrutid mit einer Gewichtsreduktion um bis zu 24 % nach 48 Wochen in die Erfolgsserie ein. Nicht-Diabetiker mit sehr hohem Ausgangsgewicht zeigen dabei den größten relativen Gewichtsverlust unter Behandlung mit Inkretinmodulatoren. Günstige metabolische Effekte stellen sich bei Patienten mit und ohne Diabetes ein, was großes präventionsmedizinisches Potenzial nahelegt. Tatsächlich demonstrierten vorherige Studien auch eine Reduktion von 3-Punkt-MACE aus Myokardinfarkt, ischämischem Schlaganfall und kardiovaskulär bedingtem Tod bei Diabetespatienten mit unterschiedlich hohem Risiko. Die aktuell laufenden Studien SELECT und SURMOUNT-MMO evaluieren eine mögliche MACE-Reduktion auch bei Nicht-Diabetikern.

Prof. Dr. Frank Edelmann-- Charité – Universitätsmedizin Berlin

Prof. Dr. Frank Edelmann-- Charité – Universitätsmedizin Berlin

© Edelmann

Die vergleichsweise kurze, aber laute Erfolgsgeschichte der Inkretinagonisten darf nicht vergessen lassen, dass die Substanzen nicht in allen Patientengruppen ausreichend auf Wirksamkeit und Sicherheit geprüft sind. Kleinere Studien, Post-hoc- und Metaanalysen ergaben eine Tendenz zu Re-Hospitalisierungen, kardiovaskulären Ereignissen und Arrhythmien insbesondere bei Herzinsuffizienz-Patienten mit einer LVEF < 40 %, eventuell aufgrund einer kardiomyozytären cAMP-Erhöhung mit darauffolgendem Kalzium-Overload. Auch bei Herzgesunden wirken die Substanzen positiv chrono- und inotrop. Bei HFpEF-Patienten scheinen sich Re-Hospitalisierungen aus kardiovaskulären Gründen nicht zu häufen, sodass abzuwarten ist, ob eine Gewichtsreduktion die Prognose in dieser Patientengruppe verbessern kann.

Der zunehmende Einsatz von Inkretinmodulatoren in der kardiovaskulären Primärprävention darf sicherlich mit interessiertem Wohlwollen verfolgt werden. Für die Evaluation des sekundärpräventiven Einsatzes bei Herzpatienten braucht es in Anbetracht von Wissenslücken und potenziell negativen kardiotropen Effekten gezielte, auf kardiovaskuläre Endpunkte ausgelegte Studien.

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