Sicherer Weg in den Burn-out

Verzicht auf Freizeit-- Selten Urlaub, Arbeiten in der eigentlich freien Zeit: Viele Ärztinnen und Ärzte arbeiten auf Hochtouren und schlittern damit geradenwegs in den Burn-out. Die Kardiologen bilden da keine Ausnahme, eher im Gegenteil.

Von Robert Bublak Veröffentlicht:
Hohe Verantwortung keine Vertretungsregelung: das erhöht das Burn-out-Risiko. Olivier Le Moal/stock.adobe.com

Hohe Verantwortung keine Vertretungsregelung: das erhöht das Burn-out-Risiko.

© Olivier Le Moal/stock.adobe.com

Urlaub und sonstige Freizeiten dienen keineswegs nur der Bespaßung, sondern haben einen handfesten ökonomischen Hintergrund: Sie sollen helfen, die Arbeitskraft der Beschäftigten zu regenerieren, auf dass sie wirtschaftlich nutzbar bleibt. Das weiß man selbstverständlich auch in der Medizin; schließlich haben arbeitsmedizinische Erkenntnisse einen nicht geringen Teil dazu beigetragen, Urlaubsansprüche in der Arbeitswelt zu installieren. Allerdings halten sich Ärztinnen und Ärzte mitunter nicht oder nur wenig an das, was sie ihren Patienten selbstverständlich raten würden: Auszeiten nehmen, runterkommen, erholen. Aufs Deutlichste demonstrieren dies die Ergebnisse einer jüngst publizierten Studie, für die in den USA mehr als 3.000 Mediziner aller möglichen Fachrichtungen Auskunft über ihren Umgang mit Urlaub und Freizeit gegeben haben. Zudem waren ihnen Fragen gestellt worden, aus deren Beantwortung sich ihre Burn-out-Gefährdung und die Zufriedenheit mit dem Beruf ableiten ließen. Dafür wurden der Maslach Burnout Index und der Stanford Professional Fulfillment Index verwendet.

Wie sich herausstellte, hatten sich 59,6 % der Ärztinnen und Ärzte im vorangegangenen Jahr höchstens 15 Tage Urlaub genommen, 19,9 % sogar nur fünf Tage oder weniger. Unterschiede zwischen Männern und Frauen gab es dabei ebenso wenig, wie das Alter eine Rolle spielte – oder sogar der Umstand, ob die Befragten Kinder hatten. Eine höhere Wahrscheinlichkeit für mehr als drei Wochen Urlaub zeigte sich nur bei Verheirateten. Ein wesentlicher Grund für die knapp bemessene Auszeit war für viele die Sorge, niemanden zu finden, der für sie in ihrer Abwesenheit ihre Zuständigkeiten übernähme.

70,4 % der Befragten gaben an, während ihrer freien Zeit Aufgaben im Zusammenhang mit der Patientenversorgung zu erledigen. 33,1 % sagten, sie arbeiteten an einem typischen freien Tag mindestens 30 Minuten lang. Und nur knapp die Hälfte, 49,2 %, konnte sich darauf verlassen, dass sich während ihrer Abwesenheit jemand um das Eingangspostfach der elektronischen Akten ihrer Patienten kümmerte.

Das Burn-out-Risiko lag bei jenen, die sich mehr als drei Wochen freigenommen hatten, um 34 % niedriger als bei jenen, die weniger Urlaub gehabt hatten. Insgesamt lagen die Burn-out-Raten hoch, sie reichten von 31,5 % in der Gruppe mit mehr als vier Wochen Urlaub bis zu 45,4 % in der Gruppe ohne einen einzigen Urlaubstag. Auch Arbeiten in der Freizeit erhöhte das Risiko. Die Sicherheit, dass der Mailbox-Eingang in der Absenz überwacht würde, bot hingegen einen gewissen Schutz vor Burn-out. Eine solche Versorgung des Postfachs sowie die geregelte Übernahme von Zuständigkeiten sieht das Studienteam um Christine Sinsky von der American Medical Association daher auch als Maßnahmen an, dem Burn-out von Medizinern systematisch vorzubeugen.

Kardiologen wurden in der Studie nicht als eigene Disziplin untersucht, sie gingen in der Unterkategorie der internistischen Subspezialisten auf. In dieser Subgruppe gestaltete sich die Situation vergleichsweise noch düsterer. Der Anteil mit Ärzten, die höchstens drei Wochen Urlaub gehabt hatten, betrug hier 63,7 %. Und 42,0 % arbeiteten an freien Tagen mindestens eine halbe Stunde.

Fazit

Ärzte im Übersteuerungsmodus tragen ein hohes Risiko, in den Burn-out abzugleiten, Kardiologen sind da keine Ausnahme.

Organisatorisch ist darauf zu achten, dass die vorgesehenen Urlaubstage auch genommen werden – ein wichtiges Instrument dafür ist es, die Vertretung der Urlaubenden zu regeln.

Literatur-- Sinsky CA et al. JAMA Netw Open. 2024;7(1):e2351635

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