Brückenbauen für internationale Kolleginnen und Kollegen in der DGK

Interview-- Obwohl internationale Ärztinnen und Ärzte rund 20 % der deutschen Ärzteschaft ausmachen, sind sie seltener in der DGK vertreten und als DGK-Mitglieder auch weniger aktiv. PD Dr. Hashemi setzt sich im Nukleus der Young DGK für ihre Interessen ein und erklärt im Interview, was sich Ärztinnen und Ärzte wünschen, die im Ausland studiert haben und wie Hemmschwellen in der DGK abgebaut werden könnten.

Ein Interview von Romy Martinez Veröffentlicht:
Ein Positionspapier der Young DGK zur Weiterbildung diskutiert auch den Umgang mit Migration. Treecha/stock.adobe.com

Ein Positionspapier der Young DGK zur Weiterbildung diskutiert auch den Umgang mit Migration.

© Treecha/stock.adobe.com

Warum ist Migration auch ein wichtiges Thema für die Kardiologie?

PD Dr. Djawid Hashemi--Charité, BerlinDGK/Hauss

PD Dr. Djawid Hashemi--Charité, Berlin

© DGK/Thomas Hauss

Hashemi: Die Kardiologie ist durch Vielfalt geprägt – viele unserer Kolleginnen und Kollegen bringen unterschiedliche kulturelle und akademische Hintergründe mit. Insbesondere jene, die kürzlich migriert sind und möglicherweise im Ausland studiert haben, sind in der DGK noch zu selten vertreten. Sie bereichern unsere Kliniken, doch ihre Präsenz in unserer Fachgesellschaft und ihr aktives Engagement müssen gestärkt werden. Vor allem meine ich hierbei nicht Menschen wie mich, deren Eltern hierhergekommen sind, also „Bildungsinländer“, sondern alle diejenigen, die im Rahmen ihres beruflichen Weges nach Deutschland gekommen sind. Immer mehr Ärztinnen und Ärzte, die nicht in Deutschland groß geworden sind, behandeln unsere Patientinnen und Patienten, sind unsere Kolleginnen und Kollegen, aber sind seltener DGK-Mitglieder. Als Fachgesellschaft sollte es unser Anspruch sein, die realen Gegebenheiten in der Patientenbehandlung widerzuspiegeln. In der Young DGK setzen wir uns dafür ein, die DGK für diese Kardiologinnen und Kardiologen sichtbarer zu machen und aktiv Hürden zu minimieren. Mit diesen Herausforderungen betreten wir Neuland für die DGK – es sind dringliche Themen, die vor dem Hintergrund von Personal- und Ressourcenmangel nun besonders in den Vordergrund rücken und die wir entschlossen angehen müssen, um die Behandlungsqualität weiterhin zu garantieren und zu verbessern.


Woher wissen Sie, welche Themen konkret für diese Kolleginnen und Kollegen von Bedeutung sind, wie treten Sie mit ihnen in Kontakt?

Es ist eine Herausforderung, mit unterrepräsentierten Gruppen in Kontakt zu treten, da oft unklar ist, wer die Ansprechpartner sind. Glücklicherweise sind einige Gruppen, wie die syrischen Ärztinnen und Ärzte, bereits organisiert. Mit ihrer Kardiologie-Arbeitsgruppe SyKD AG1 habe ich Verbindung aufgenommen, um die Themen, die ihnen am Herzen liegen, direkt zu erfassen.

Was wünschen sich internationale Kolleginnen und Kollegen?

Um die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen zu verstehen, die junge Ärztinnen und Ärzte davon abhalten, Mitglieder der DGK zu werden oder als solche aktiv zu sein, habe ich mich direkt mit der SyKD AG1 ausgetauscht. Von dem lebhaften, sehr vertrauensvollen Dialog mit etwa 15 Mitgliedern der SyKD AG1 habe ich dem Nukleus der Young DGK in Form eines Reports berichtet. Im Nukleus sehen wir uns jetzt in der Pflicht, zielgerichtete Unterstützungsstrategien zu entwickeln, die als konkrete Antworten auf diese Herausforderungen dienen.

Um welche Themen dreht es sich hier?

Wir haben hier drei übergeordnete Themenkomplexe identifiziert:

Zugang zur Promotion erleichtern: Vereinfachung der Kontaktaufnahme mit Betreuenden für Promotionsinteressierte.

Weiterbildung stärken: Ohnehin ein weit verbreitetes Problem – hier: Entwicklung spezifischer Unterstützungskonzepte für vulnerable Gruppen in Funktions- und Interventionsweiterbildung.

Netzwerke und Fortbildung stärken: Aufzeigen und Unterstützen vielfältiger Karrierewege in der Kardiologie.

Netzwerke und Fortbildung – könnte dabei eine Mitgliedschaft in der DGK unterstützen?

Trotz theoretischer Möglichkeiten sehen wir in der Praxis oft Hürden, wie beispielsweise in der Unterrepräsentation von Frauen im DGK-Vorstand. Es gibt kulturelle Barrieren, die wir überwinden müssen, wie etwa Vorurteile gegenüber Menschen, die mit Akzent sprechen. Zum Beispiel wird ein Akzent oder grammatikalische Fehler schnell mit inhaltlicher Inkompetenz assoziiert. Diese Hindernisse erschweren die aktive Teilnahme im Netzwerk. Die Hemmschwelle, nicht nur passiv in der Ecke zu stehen, sondern in Interaktion zu treten, ist daher relativ hoch. Meine Rolle sehe ich darin, einen sicheren Raum zu schaffen, in dem sich auch Ärztinnen und Ärzte mit Migrationshintergrund wohlfühlen und einbringen können. Die DGK hat viel zu bieten. Wir müssen aktiver daran arbeiten, diese Barrieren abzubauen und somit die Partizipation und das Netzwerk für alle Mitglieder zu stärken.

Also was ist das Fazit?

Wir müssen eine Plattform für den Dialog schaffen, an der aktiv von beiden Seiten gearbeitet wird. Es ist entscheidend, dass alle Beteiligten dieses Ziel verfolgen, denn es erfordert besondere Anstrengungen, bestehende Denkmuster zu verändern und eine inklusive Umgebung zu fördern.

Wie werden Sie in der Young DGK das Thema Migration weiter angehen?

In der Young DGK konzentrieren wir uns darauf, fundierte Vorschläge zu erarbeiten. Nach unserem ersten Austausch mit der SyKD AG1 arbeiten wir nun an Entscheidungsvorlagen, die wir dem Vorstand und den Entscheidungsträgern präsentieren werden. Dabei ist uns der kontinuierliche Austausch mit den direkten Betroffenen wichtig, um sicherzustellen, dass unsere Maßnahmen ihre Bedürfnisse genau treffen. Unser Ziel ist es, in dieser Wahlperiode praktikable Lösungen und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Integration von Migrantinnen und Migranten in der DGK zu entwickeln. Die Lösungsansätze werden vielschichtig sein. Wir arbeiten in der Young DGK gemeinsam mit Senior-Mitgliedern derzeit an einem Positionspapier zur kardiologischen Weiterbildung. Ein wesentlicher Teil dieses Papiers befasst sich mit dem Umgang mit Migration und den damit verbundenen Veränderungen in der Ärzteschaft Deutschlands. Ein zentraler Aspekt wird die Weiterbildung von vulnerablen Gruppen sein. Fragen wie „Wie gut sind Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland vorgebildet, wenn sie hierherkommen?“ und „Wie gehen wir mit ausländischen Abschlüssen und individuellen Vorkenntnissen um, um die individuelle Weiterbildung effektiv zu gestalten?“ stehen im Mittelpunkt. Dieses Positionspapier, das bis Ende des Jahres fertiggestellt sein sollte, bildet einen wichtigen Meilenstein. Es ist entscheidend, dass wir gemeinsam mit unseren migrierten Kolleginnen und Kollegen eine Kultur des Miteinanders und der gegenseitigen Unterstützung etablieren.

Vielen Dank für das Gespräch!

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