Herausforderungen für internationale Mediziner

Forschung über Grenzen hinweg-- Die Arbeitsgruppe der syrischen Kardiologinnen und Kardiologen in Deutschland (SyKD AG1) der syrischen Gesellschaft für Ärztinnen und Ärzte und Apotheker in Deutschland (SyGAAD) beleuchtet anhand von Erfahrungsberichten verschiedene Aspekte, warum eine Promotion für Interessierte mit Auslandsstudium mit erheblichen Herausforderungen einhergeht.

Von Dr. med. Obayda Azizy und Samer Matar Veröffentlicht:
Teilnehmende der Hauptversammlung der 2. Jahrestagung der SyGAAD im September 2023. SyGAAD e.V.

Teilnehmende der Hauptversammlung der 2. Jahrestagung der SyGAAD im September 2023.

© SyGAAD e.V.

Der akademisch-wissenschaftliche Weg in Deutschland stellt eine beachtliche Herausforderung dar, insbesondere für Ärzte und Ärztinnen, die ihr Medizinstudium nicht in Deutschland absolviert haben. Die Schwierigkeiten reichen von Zugangsproblemen zu Promotionsverfahren bis zur Anpassung an ein unbekanntes akademisches System. In unserer Arbeitsgruppe SyKD AG1 der SyGAAD begegnen wir täglich dieser Vielfalt und Komplexität. Unsere Gruppe besteht aus Kolleginnen und Kollegen, die am Anfang ihrer Weiterbildung stehen, bis hin zu erfahrenen Ärzten und Ärztinnen, die in verschiedenen Regionen Deutschlands tätig sind, einige davon seit über 20 Jahren und bis hin zur eigenen Professur. Gemeinsam tauschen wir Erfahrungen aus und bieten Unterstützung an. Unsere Erfahrungen verdeutlichen, dass der Erfolg auf dem akademischen Weg nicht allein von individueller Leistung abhängt, sondern auch entscheidend von der Verfügbarkeit von Ressourcen, Mentoring und einem unterstützenden Netzwerk beeinflusst wird.

Erfahrungen von Ärztinnen und Ärzten mit Auslandsstudium

Dr. Obayda Azizy: Meine wissenschaftliche Reise begann vor mehr als 10 Jahren in meiner damaligen Stelle als Arzt an der Uniklinik Essen. Das Verfassen einer Dissertation in diesem anspruchsvollen Umfeld stellte eine immense Herausforderung dar. Jede der Korrekturen, die mich oft bis in die Nachtstunden beschäftigten, wurde zur wertvollen Gelegenheit für den wachsenden Lernerfolg. Besonders prägend war die Zusammenarbeit mit meinem Mentor, dessen Anleitung und Unterstützung entscheidende Faktoren für meinen Erfolg waren. Den Einstieg in die wissenschaftliche Laufbahn empfand ich besonders anspruchsvoll als Arzt, der das Medizinstudium nicht in Deutschland absolviert hatte. Diese Erfahrungen haben mich nicht nur auf meinem aktuellen Weg zur Habilitation gestärkt, sondern auch gezeigt, wie wichtig der Zugang zu Ressourcen und Unterstützung ist. Sie unterstreichen, dass Ärzte und Ärztinnen enorme Anstrengungen und Eigeninitiative aufbringen müssen, um ihre Forschungsvorhaben zu realisieren und ihre akademischen Ziele zu erreichen. Von Vorteil war in meinem Fall, dass ich an einer Uniklinik arbeitete und so direkten Zugang zu entsprechenden Ressourcen hatte.

Dr. Anas Jano: Im Alter von 31 Jahren übernahm Dr. med. Anas Jano die Position als Oberarzt für interventionelle Kardiologie am Klinikum Neumarkt. Sein Ziel war es, die akademische Laufbahn zu erweitern, indem er aktiv an wissenschaftlicher Forschung und Lehrverpflichtungen teilnahm. Als im Ausland ausgebildeter Arzt war es eine große Herausforderung, eine Stelle an einer Universitätsklinik ohne Promotion zu erhalten. Nach einiger Zeit fand er einen Mentor an der Ruhr-Universität Bochum, die fast 500 km von Neumarkt entfernt ist, und konnte die Promotion nach etwa 3 Jahren erfolgreich abschließen. Die Herausforderungen umfassten neben der Tätigkeit als Oberarzt auch die räumliche Distanz zur Universität und den Zugang zu wissenschaftlicher Literatur. Dr. Jano bewies jedoch, dass eine Promotion auch außerhalb einer Uniklinik mit Engagement und effizienter Zeitplanung möglich ist.

Dr. Yazan Mohsen, der als Arzt im Krankenhaus Porz am Rhein arbeitete, verbrachte im Rahmen seiner Promotion viel Zeit mit statistischen Analysen und dem Aufbau von Datensammlungen. Dennoch scheiterte der erste Promotionsversuch, weil sein Mentor und Oberarzt die Stelle wechselte. Nach diesem Rückschlag gab er jedoch nicht auf und begann 2020 unter einem neuen Betreuer eine zweite Doktorarbeit, die er 2022 erfolgreich abschloss und im Jahr 2023 seinen Doktortitel erhielt.

Amer Zakhour, leitender Oberarzt am Klinikum Nordfriesland, fand erst nach langer Suche einen Mentor, der jedoch weder in seiner Klinik noch an einer nah gelegenen Universitätsklinik tätig war. Herr Zakhour hatte seine Forschungsarbeit abgeschlossen und die Dissertation zur Korrektur an den Mentor gesendet. Er erhielt aber keine Rückmeldung, weder telefonisch noch per E-Mail oder persönlich. Nach einem Jahr vergeblichen Wartens und erfolgloser Kontaktversuche entschied er sich, eine neue Promotion mit einer anderen Mentorin zu beginnen, obwohl die erste viel Zeit in Anspruch genommen hatte. Diese Erfahrungen verdeutlichen, dass das Fehlen direkter Kontakte zu Mentoren, Kolleginnen und Kollegen mehrere Jahre der Karriere kosten kann und dass genaue Regelungen nötig sind, für den Fall, dass ein Mentor das Interesse verliert oder unerreichbar wird.

Neue Möglichkeiten durch Digitalisierung

Insbesondere Kolleginnen und Kollegen, die nicht in Deutschland ausgebildet wurden, verlieren wertvolle Zeit bei der Vorbereitung und beim Einstieg in das neue medizinische System. Eine beträchtliche Mehrheit beginnt ihre Karriere in der Peripherie und sieht sich mit einem bürokratischen Dokumentationsdschungel konfrontiert, der den medizinischen Beruf prägt. Dies führt allmählich zu einem Verlust an Energie und Motivation, zusätzliche Belastungen wie z. B. eine Promotion zu bewältigen. In der digitalen Ära jedoch eröffnen sich neue Möglichkeiten zur niederschwelligen Verbreitung von wissenschaftlichem Basiswissen für die effiziente Planung von Forschungsprojekten. Zentralisierte, breite Datenbanken können unter Einhaltung von Datenschutzbestimmungen erstellt werden, was den Zugang erleichtert und den Austausch mit Teams trotz räumlicher Distanz ermöglicht.

Etwa 20 % der Ärzteschaft hat eine ausländische Staatsbürgerschaft

Die internationale Ärzteschaft stellt gemäß BÄK-Statistik fasst 20 % der etwa 421.000 in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte dar (der Großteil, fast 5.500, kommt aus Syrien), wobei die Mehrheit in der Klinik arbeitet. Viele streben eine wissenschaftliche Karriere an, um den beruflichen Aufstieg zu realisieren und zur internationalen Forschung beizutragen. Eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren, insbesondere der DGK, den Universitäten und medizinischen Vereinigungen sowie eine Politik der offenen Türen kann eine Win-win-Situation schaffen. Dies würde unerschlossene Potenziale aktivieren und die wissenschaftliche Entwicklung in Deutschland in der Führungsrolle Europas und weltweit vorantreiben.

Die Young DGK ist im aktiven Austausch mit der SYKD AG1, um mit jungen syrischen Kollegen und Kolleginnen Themenkomplexe herauszuarbeiten, wie die Sektion der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie dabei unterstützen kann, den Weg in die Wissenschaft in Zukunft zu erleichtern und gleichzeitig Vorteile einer Mitgliedschaft für interessierte junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachgesellschafts-Community zu erörtern.

Kontakt-- Dr. Obayda Azizy, Knappschaftskrankenhaus Bochum, Obayda.azizy@kk-bochum.de

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