Eisentherapie bei Herzinsuffizienz – Evidenz und Empfehlungen

Begleiterkrankungen-- Ein Eisenmangel bei Herzinsuffizienz sollte behandelt werden, da eine i.v.-Therapie die Leistungsfähigkeit und Befindlichkeit betroffener Patientinnen und Patienten verbessern kann. Fraglich ist derzeit allerdings, ob bzw. wie sich eine solche Behandlung klinisch auswirkt. Ein Update.

Von Prof. Stefan Anker und Prof. Mahir Karakas Veröffentlicht:
Eisen hat vielfältige Funktionen im Körper, u.a. ist es essenziell für den Sauerstofftransport durch Erythrozyten.

Eisen hat vielfältige Funktionen im Körper, u. a. ist es essenziell für den Sauerstofftransport durch Erythrozyten.

© Ella Maru Studio / Science Photo Library

Während die Anämie in der Herzinsuffizienz frühzeitig im Fokus der Forschung lag, wurde erst spät erkannt, dass diese oftmals nur Ausdruck eines besonders lang anhaltenden und schwerwiegenden Eisenmangels ist. Die RED-HF-Studie zeigte, dass bei Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz eine Erhöhung des Hämoglobinspiegels durch Darbepoetin alfa im Placebovergleich keinen klinischen Nutzen bringt: Obgleich der mediane Hämoglobinspiegel im Interventionsarm unter Darbepoetin alfa von 11,2 auf 13,0 mg/dl stieg, unterschieden sich die beiden Studiengruppen nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 28 Monaten weder im primären noch in den sekundären Endpunkten signifikant.

Prof. Stefan Anker, Charite Berlin

Prof. Stefan Anker, Charite Berlin

© Anker

Prof. Mahir Karakas, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Prof. Mahir Karakas, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

© Karakas

Myokard besonders empfindlich

Parallel – aber zunächst mit weniger allgemeiner Aufmerksamkeit – entwickelte sich der Forschungsfokus in Richtung Eisenmangel. Eisen hat vielfältige wichtige Funktionen im humanen Metabolismus: Es ist essenziell für den Sauerstofftransport (Hämoglobin), die Sauerstoffspeicherung (Myoglobin), die Sauerstoffverwertung in der zellulären Energieerzeugung (Cytochrom-C), im Zellstoffwechsel (Aminosäure-Oxidasen, Fettsäure-Desaturasen), in der Entgiftung (Cytochrom P450, Katalase), der Wirtsabwehr (Myeloperoxidase, Stickstoffoxid-Synthase, IDO, NAPH-Oxidase) und der Biosynthese von Aminosäuren, Nukleinsäuren und Proteinen. Da die Mitochondrien etwa 35 % des Volumens des Herzgewebes ausmachen und unter Ruhebedingungen bis zu 90 % des ATP-Bedarfs durch die eisenabhängige beta-Oxidation erzeugen, ist das Myokard besonders empfindlich für einen Eisenmangel.

Empfehlungen für die Therapie

Die Prävalenz eines Eisenmangels bei Herzinsuffizienz liegt bei etwa einem Drittel in stabilen oligosymptomatischen Patienten und bei zwei Drittel in akut dekompensierten bzw. schwer erkrankten Patienten. Der Eisenmangel ist dabei unabhängig von einer möglichen Anämie mit einer reduzierten Lebensqualität, verminderten Leistungsfähigkeit und einer erhöhten Mortalität assoziiert, und qualifiziert sich als eigenständiger Risikofaktor für Patientinnen und Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz.

Die Therapie des Eisenmangels hat 2012 erstmals Eingang in die ESC-Leitlinien gefunden und wird bereits bei Serum-Ferritin-Werten < 100 μg/l empfohlen, bzw. bei Ferritin-Werten von 100–299 μg/l, wenn gleichzeitig eine Transferrinsättigung von < 20 % gemessen wird. Gemäß der aktuell gültigen Herzinsuffizienz-Leitlinie von 2021 sollte die i.v.-Gabe von Eisencarboxymaltose in symptomatischen Patienten mit reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF) erwogen werden, um die Herzinsuffizienzsymptomatik zu lindern und die Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität zu verbessern (Klasse IIa, Grad A). Ferner sollte die Therapie bei symptomatischen Patienten erwogen werden, um das Risiko von herzinsuffizienzbedingten Hospitalisierungen zu senken (Klasse IIaB). Weiterhin soll vor und kurz nach stationärer Entlassung wegen akuter Herzinsuffizienz die Gabe von Eisencarboxymaltose zur Symptomverbesserung und Reduktion von Re-Hospitalisierungen erwogen werden (Klasse IIaB). Die orale Eisensupplementierung wird in den Leitlinien explizit nicht empfohlen: In den 225 symptomatischen Herzinsuffizienzpatienten der placebokontrollierten IRONOUT-HF-Studie lag das Serumferritin trotz täglicher hochdosierter Supplementierung von 300 mg Eisenpolysaccharid über 16 Wochen zu Studienende in der Verumgruppe nicht signifikant höher als im Placeboarm. Die Therapie erreichte dadurch gegenüber Placebo keinen Vorteil bei den Endpunkten „Leistungsfähigkeit“ und „Symptomverbesserung“.

Die aktuellen Therapieempfehlungen zur i.v.-Supplementierung mit Eisencarboxymaltose basieren auf den Ergebnissen dreier doppelblinder, placebokontrollierter klinischer Studien (FAIR-HF, CONFIRM-HF, AFFIRM-AHF). In den erstgenannten beiden Studien führte die Behandlung mit Eisencarboxymaltose – bei guter Verträglichkeit und unabhängig vom Vorliegen einer Anämie – zu deutlichen Verbesserungen der herzinsuffizienzbedingten Symptomatik, der Lebensqualität sowie der körperlichen Leistungsfähigkeit. Zudem deuten mehrere Metaanalysen auf eine Reduktion der Morbidität und Mortalität hin, diese weisen aber verschiedene methodische Limitationen auf.

AFFIRM-AHF und IRONMAN

Die erste publizierte Outcome-Studie mit Eisencarboxymaltose – AFFIRM-AHF – umfasste 1.132 Patienten und Patientinnen mit einer akuten Herzinsuffizienz und gleichzeitigem Eisenmangel, die für 52 Wochen nachverfolgt wurden. Die intravenöse Eisentherapie verfehlte im kombinierten primären Endpunkt – Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz und kardiovaskulärer Tod – die Signifikanz (relatives Risiko, RR: 0,79; p = 0,059). Eine Signifikanz wurde nur in der präspezifizierten Pandemieanalyse (RR: 0,75; p = 0,024) erreicht.

Mit IRONMAN wurde kürzlich die erste große kontrollierte (aber offen durchgeführte) Outcome-Studie mit einem weiteren intravenösen Eisen (Eisenderisomaltose) publiziert. IRONMAN lieferte wie AFFIRM-AHF ebenfalls leider keine eindeutigen Ergebnisse: Die rein britische Studie umfasste 1.137 symptomatische Patientinnen und Patienten, die im Median für 2,7 Jahre nachverfolgt wurden. Die Rate für den primären Studienendpunkt kardiovaskulärer Tod und herzinsuffizienzbedingte Hospitalisation (RR: 0,82; p = 0,070) erreichte erneut erst nach präspezifizierter Pandemieanalyse statistische Signifikanz (RR: 0,76; p = 0,047). Unklar ist, warum Eisenderisomaltose im Placebovergleich nahezu vollständig ohne Einfluss auf die verschiedenen Endpunkte zur Lebensqualität und körperlichen Leistungsfähigkeit blieb, während diese zuvor in den Studien mit Eisencarboxymaltose immer signifikant und in klinisch relevantem Ausmaß verbessert wurden. Ob die Ergebnisse der IRONMAN-Studie ausreichen, um die europäischen Leitlinien um den Einsatz von Eisenderisomaltose zu erweitern, bleibt abzuwarten.

FAIR-HF2-Studie

Beide Outcome-Studien – AFFIRM-AHF und IRONMAN – weisen deutliche Probleme in der Durchführung auf: zwar war die Nachverfolgung in IRONMAN deutlich länger als in AFFIRM-AHF (12 Monate), aber dafür wurde in beiden Studien eine relativ geringe Menge Eisen supplementiert. Die durchschnittliche Dosis in AFFIRM-AHF betrug 1.350 mg, während sie in IRONMAN im ersten Jahr bei 1.978 mg lag, und dann deutlich auf 427 mg (im 2. Jahr) und 314 mg (im 3. Jahr) abfiel. Weiterhin erhielten in beiden Studien etwa 80 % der Patienten und Patientinnen insgesamt nur zwei Infusion. Es bleibt ungeklärt, ob hierdurch eine stärkere Reduktion der Hospitalisationsrate und eventuell sogar ein Effekt auf die Mortalität verpasst wurde.

Unsere vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung finanzierte Studie FAIR-HF2 mit einer mittleren Therapiedauer von drei Jahren und Einsatz einer mittleren Dosis von 2.000 mg/Jahr wird diese Fragen beantworten. FAIR-HF2 randomisiert seit 2017 doppelblind und placebokontrolliert an aktuell 60 Prüfzentren im Inland und Ausland 1.200 Patienten und Patientinnen mit Herzinsuffizienz und begleitendem Eisenmangel. Als Besonderheit erfolgt die Eisengabe in zwei Stufen: An eine initiale Korrekturphase, in welcher der Eisenmangel mit bis zu 2.000 mg ausgeglichen wird, schließt sich eine Erhaltungsphase an, in welcher der Patient alle 4 Monate eine Erhaltungsdosis von 500 mg Eisencarboxymaltose erhält. Es wurden bisher über 1.000 Teilnehmer eingeschlossen. Die Rekrutierung wird wahrscheinlich binnen Jahresfrist beendet. Die Ergebnisse werden vor Erscheinen der nächsten vollständig neuen Herzinsuffizienztherapie-Leitlinien der ESC publiziert werden.

Fazit

Die Leitlinien empfehlen bei Herzinsuffizienzpatienten mit Eisenmangel aufgrund der positiven Effekte auf die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit eine i. v.-Eisensupplementierung.

Bisherige Outcome-Studien konnten für eine solche Behandlung keinen Effekt auf die Sterblichkeit aufzeigen.

Die laufende FAIR-HF2-Studie wird zeigen, ob eine höhere Eisendosis einen stärkeren klinischen Effekt bewirken kann.

Literatur bei den Verfassern.

Kontakt-- Prof. Dr. Mahir Karakas, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

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