Herzinsuffizienztherapie über 10 Jahre

Kasuistik-- Die Herzinsuffizienz(HI)-Therapie hat in den letzten Jahren stetige Fortschritte gemacht. Trotz aller verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten ist das Herz nach einigen Jahren terminal geschwächt, wie ein typischer Herzinsuffizienzverlauf über 10 Jahre veranschaulicht.

Von Dr. Sonja Hamed Veröffentlicht:
Röntgenaufnahme mit CRT-D (ICD wurde 2018 aufgerüstet) und LVAD (Inflow-Kanüle mit Driveline von 2022). Zu sehen ist auch der MitraClip sowie der Anuloplastiering in Mitralposition (von 2012).

Röntgenaufnahme mit CRT-D (ICD wurde 2018 aufgerüstet) und LVAD (Inflow-Kanüle mit Driveline von 2022). Zu sehen ist auch der MitraClip sowie der Anuloplastiering in Mitralposition (von 2012).

© Hamed

April 2012: Ein 51-jähriger, bislang gesunder Patient wird vom Notarzt mit akutem Koronarsyndrom eingeliefert. Im EKG zeigte sich ein Rechtsschenkelblock sowie eine intermittierende, nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardie (VT). Es erfolgte eine Koronarangiografie, in der sich eine koronare Zweigefäßerkrankung der LAD und RCA zeigte. Mittels Ballonangioplastie und Stentimplantation gelang die Rekanalisation der subtotal verschlossenen LAD.

Angiografisch und echokardiografisch kamen eine hochgradig eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion (LVEF) von 30 % sowie eine mittelgradige Mitralklappeninsuffizienz (MI) zur Darstellung. Das NT-proBNP lag bei ca. 3.000 ng/l. Eine HI-Therapie wurde im stationären Setting initiiert und der Patient mit Betablocker, ACE-Hemmer und Mineralokortikoidrezeptor-Antagonist nach zwölf Tagen entlassen.

Mai 2012: In der ersten ambulanten Kontrolle nach vier Wochen stellte sich ein beschwerdearmer Patient (NYHA II) vor. Echokardiografisch zeigte sich jedoch ein Progress mit jetzt hochgradiger MI bei Anulusdilatation und eine LVEF von nunmehr 25 %. Die HI-Therapie wurde auf die maximale Dosis auftitriert.

Dr. Sonja Hamed-- Universitätsklinikum Heidelberg

Dr. Sonja Hamed-- Universitätsklinikum Heidelberg

© Hamed

August 2012: Drei Monate nach der Entlassung war der Befund trotz Euvolämie unverändert. Eine Mitralklappenrekonstruktion sowie eine primärprophylaktische ICD-Implantation wurden empfohlen. Im August 2012 erfolgte die chirurgische Mitralklappenring-Rekonstruktion. Die ICD-Implantation konnte im November des gleichen Jahres durchgeführt werden.

August 2013: Genau ein Jahr später kam es zur notfallmäßigen Aufnahme des Patienten bei kardialer Dekompensation mit Gewichtszunahme von 5 kg und intermittierender Ruhedyspnoe (NYHA IV). Unter forcierter intravenöser Diurese gelang eine rasche Rekompensation. In der Koronarangiografie wurde ein erneuter Interventionsbedarf ausgeschlossen. Im Rechtsherzkatheter zeigten sich ein Cardiac Index von 1,96 l/min/m2 sowie erhöhte pulmonal-arterielle (PA) Drücke.

In sieben Monaten erfolgten fünf stationäre Aufenthalte.

Dem Patienten wurde eine Listung zur Herztransplantation (HTx) angeboten, die er zu diesem Zeitpunkt jedoch ablehnte.

Anschließend erfolgten Kontrollen im 3- bis 6-monatigen Intervall, in denen der Patient jeweils von guter Belastbarkeit unter der ausdosierten HI-Medikation berichtete.

Sommer 2017: Nach einem längeren stabilen Verlauf kam es knapp vier Jahre später zu einer kardialen Dekompensation und ICD-Schockabgabe bei anhaltender VT und erfolglosen ATP-Abgaben. Koronarangiografisch zeigte sich keine Interventionsmöglichkeit bei kollateralisiertem Verschluss der RCA. Es erfolgte eine elektrophysiologische Untersuchung mit erfolgreicher Ablation der VT sowie eine Therapieumstellung auf Sacubitril/Valsartan (49/51 mg), eine Steigerung war aufgrund von Hypotonie-Neigung nicht möglich.

Juni bis Dezember 2018: In diesem Zeitraum mussten in kurzen Abständen insgesamt fünf stationäre Aufenthalte aufgrund von kardialen Dekompensationen oder anhaltenden VTs erfolgen. Im Ruhe-EKG zeigte sich nun ein Linksschenkelblock mit einer QRS-Breite von > 150 ms. Bei Beschwerdepersistenz und rezidivierenden Dekompensationen trotz individuell ausdosierter HI-Medikation erfolgte eine CRT-D-Aufrüstung.

Sommer 2019: Trotz zwischenzeitlicher Beschwerdelinderung kam es zu einer erneuten Dekompensation im Rahmen eines Infekts. Nach der Rekompensation zeigte sich echokardiografisch ein Progress mit nun wieder hochgradiger MI nach Mitralklappenrekonstruktion vor sieben Jahren. Im August 2019 gelang mittels Transkatheter-Edge-to-Edge-Reparatur (TEER) eine Reduktion auf eine leichtgradige MI.

Anfang 2020: Im weiteren Verlauf kam in der invasiven Messung ein Cardiac Index von 2,0 l/min/m2 zur Darstellung, in der Spiroergometrie zeigte sich eine maximale Sauerstoffaufnahme von 8,3 ml/min/kgKG.

Der Patient wurde zur HTx gelistet, was Kontrollen im 3-monatigen Intervall mit regelmäßigen Rechtsherzkatheter-Untersuchungen notwendig machte. Klinisch berichtete der Patient von einer konstanten Alltagsbelastbarkeit (NYHA II–III).

Anfang 2021: Die HI-Medikation wurde um einen SGLT-2-Hemmer ergänzt. Kardiale Dekompensationen traten hierunter nicht mehr auf.

April 2022: Ca. zehn Jahre nach dem Erstereignis zeigte sich trotz optimaler Therapie eine zunehmende Abnahme der Nierenfunktion, eine Zunahme des PA-Drucks sowie eine Abnahme des Cardiac Index. Im April 2022 erfolgte daher bei fortschreitender, terminaler Herzinsuffizienz die Implantation eines linksventrikulären Herzunterstützungssystems (LVAD) als Bridge-to-Transplant.

Fazit

Die Herzinsuffizienz ist eine progrediente Erkrankung.

Trotz leitlinienbasierter Therapien treten immer wieder kardiovaskuläre Dekompensationsereignisse auf, die stationäre Aufenthalte und Interventionen notwendig machen – bis hin zur HTx.

Kontakt-- Dr. Sonja Hamed, Innere Medizin III, Universitätsklinikum Heidelberg, sonja.hamed@med.uni-heidelberg.de

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