Kommentar von Prof. Ince und Prof. Elässer

Ist der aktuelle Entscheidungsprozess noch zielführend?

Kommentar--Sollte die TAVI der neue Goldstandard werden? Statt darüber zu diskutieren, sollte man laut Prof. Ince und Prof. Elsässer die derzeit praktizierten Entscheidungsprozesse infrage stellen.

Ein Kommentar von Prof. Hüseyin Ince und Prof. Albrecht Elsässer Veröffentlicht:

Den beiden Autoren, Prof. Julinda Mehilli und Prof. Tim Seidler, ist mit ihrer differenzierten Übersicht über die TAVI-Prozedur ein hervorragender Artikel gelungen, der den aktuellen Stellenwert dieses Verfahrens in den klinischen Kontext setzt. Warum ist die TAVI-Therapie eine solche Erfolgsstory? Weil in besonders konsequenter Weise die Methode von Anfang an in randomisierten Studien überprüft wurde und dadurch zahlreiche Fragestellungen eindeutig geklärt werden konnten.

Prof. Dr. Albrecht Elsässer-- Oldenburg

Prof. Dr. Albrecht Elsässer-- Oldenburg

© Elsässer

Prof. Dr. Hüseyin Ince-- Rostock/Berlin

Prof. Dr. Hüseyin Ince-- Rostock/Berlin

© Ince

Der Diskussion der Prothesenhaltbarkeit müssen wir uns unabhängig auch des Fehlens repräsentativer Studiendaten für andere Methoden stellen. Trotz der auch überzeugenden Ergebnisse für den Beobachtungszeitraum 5–8 Jahre nach TAVI sollten wir für ein jüngeres Patientenkollektiv (< 65 Jahre) grundsätzlich unserer Maxime eines evidenzbasierten Entscheidungsprozesses weiter treu bleiben und die Studiendaten abwarten. Vielmehr sollten wir aktuell mehr darüber diskutieren, ob der derzeit praktizierte Entscheidungsprozess aus medizinischer Sicht noch zielführend ist und nicht modifiziert werden sollte. Sind die aktuellen Guidelines basierend auf den klaren Studienergebnissen in ihren Empfehlungsgraden nicht eindeutig genug? Werden die Vorstellungen der Patientinnen und Patienten genügend berücksichtigt? Welche Evidenz hat das Heart-Team? Unabhängig hiervon sollten komplexe Einzelfallentscheidungen weiterhin in den konstruktiven kardiochirurgisch-kardiologischen Interaktionen getroffen werden.

Vergessen sollten wir auch nicht die Anfänge der Geschichte vor 21 Jahren, als eine Gruppe um Alain Cribier an ihrer Idee, einen „ballonexpandierbaren Stent mit valvulären Strukturen“ zu entwickeln, festhielt. In dem sehr lesenswerten Artikel „looking back to the early phase of TAVI development: the long journey from concept to clinical application“ beschreibt er die einzelnen Entwicklungsschritte sowie die zahlreichen Widerstände von Fachgesellschaften und Probleme mit potenziellen Herstellern. Nur durch das Festhalten an der Idee und einer hohen Risikobereitschaft gelang über die Gründung einer eigenen Start-up-Company die Weiterentwicklung und Produktion der ersten Prototypen. Aus dieser Geschichte können wir auch lernen, dass besonders wir aufgrund unserer Expertise für die weitere Entwicklung und Optimierung der interventionellen Methoden, Verfahren und Techniken verantwortlich sind.

Unter der Würdigung des bisher Erreichten sollten trotzdem unsere Anforderungen an die kommenden Devices entsprechend hoch sein, d. h. konkret die Forderung nach einer deutlich längeren Haltbarkeit (20–25 Jahre) der Prothesen. Auch wenn die Klappensegeldegeneration ein multifaktorielles Geschehen ist, scheinen die biologischen Mechanismen entscheidend. Subsumiert unter „tissue engineering“ werden unterschiedliche Beschichtungskonzepte mit zellulären Self-Repair- und Remodeling-Eigenschaften verfolgt. Wir sollten uns aktiv in die Entwicklung in unterschiedlichster Weise einbringen, denn unser Anspruch an eine Therapie kann für unsere Patientinnen und Patienten nicht hoch genug sein!.

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