Kommentar von Prof. Bauersachs

Licht am Ende des Tunnels

Kommentar--Neue Studien haben mehr Evidenz bzgl. der Diuretika-Behandlung bei Herzinsuffizienz gebracht. Was macht Sinn und was eher nicht?

Ein Kommentar von Prof. Johann Bauersachs Veröffentlicht:

Die Pharmakotherapie der chronischen Herzinsuffizienz mit (mild) reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFrEF und HFmrEF) umfasst die „fantastischen vier“ (ARNI/ACE-Hemmer, Betablocker, MRA und SGLT2-Hemmer), während bei der HFpEF insbesondere SGLT2-Hemmer, ACE-Hemmer/ARB und ggf. MRA eingesetzt werden (aber für Betablocker keine Evidenz existiert). Bei Dyspnoe und/oder Überwässerung kommen bei allen Formen der Herzinsuffizienz, insbesondere bei akuter Dekompensation, Diuretika zum Einsatz, wenn auch ohne harte Evidenzlage. PD Dr. Schütt aus Aachen fasst hierzu aktuelle Studien zusammen.

Prof. Johann Bauersachs-- Hannover

Prof. Johann Bauersachs-- Hannover

© Bauersachs

Die TRANSFORM-HF-Studie fand keinen Unterschied zwischen oraler Gabe von Furosemid und Torasemid, allerdings muss einschränkend festgestellt werden, dass nur die Endpunkte Mortalität und Gesamthospitalisierungen untersucht wurden, bei denen auch kein signifikanter Unterschied zu erwarten war. Der wichtige Endpunkt der Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen konnte in dieser pragmatischen Studie ohne Adjudizierung nicht erfasst werden. Daher bleibt in der klinischen Praxis bei den meisten Patienten mit Herzinsuffizienz Torasemid weiterhin Mittel der Wahl aufgrund seiner besseren Resorption, seiner längeren Halbwertszeit und des geringeren Rebound-Effekts.

Bei akut dekompensierter Herzinsuffizienz reichen oft i. v.-Furosemid-Gaben nicht aus, um eine ausreichende und zügige Dekongestion zu erzielen; problematisch ist auch die Beurteilung der diuretischen Response bzw. einer Diuretikaresistenz. Zudem stellt sich die Frage nach dem besten Ansatz für eine diuretische Kombinationstherapie. In mehreren Studien wurde untersucht, welche Effekte die zusätzliche Gabe von Thiaziddiuretika (CLOROTIC), dem Carboanhydrase-Hemmer Acetazolamid (ADVOR) bzw. SGLT2-Hemmern (u. a. EMPULSE, EMPAG-HF) aufweisen.

Während die frühe zusätzliche Gabe von Acetazolamid bzw. Hydrochlorothiazid mit einer etwas besserer Entstauung einhergingen, zeigten sich weder in der ADVOR- noch in der CLOROTIC-Studie ein verbessertes klinisches Outcome nach 90 Tagen. In der Frühphase war insbesondere die Thiazidgabe mit vermehrter Hypokaliämie und verminderten Nierenfunktionsparametern assoziiert. In der EMPULSE-Studie ging Empagliflozin bei Patienten mit akut dekompensierter Herzinsuffizienz mit einer Verminderung harter klinischer Endpunkte wie Mortalität und Herzinsuffizienz-Rehospitalisierungen nach 90 Tagen einher. Allerdings waren die Patienten mehrheitlich erst ein paar Tage nach Aufnahme in die Klinik randomisiert worden. Kürzlich zeigte jedoch die EMPAG-HF-Studie, dass die zusätzliche Gabe von Empagliflozin 25 mg beginnend innerhalb von 12 Stunden nach Aufnahme wegen Dekompensation gegenüber Placebo mit einer deutlich vermehrten Urinproduktion in den nächsten Tagen verbunden war, ohne Nierenfunktionsparameter negativ zu beeinflussen. Zudem wurden das Körpergewicht und NT-proBNP-Spiegel stärker abgesenkt und es musste weniger Furosemid eingesetzt werden.

Umstritten ist, ob in der klinischen Praxis bei akut dekompensierter Herzinsuffizienz direkt SGLT2-Hemmer zusätzlich zu i. v.-Furosemid verabreicht werden sollten, oder ob zumindest bei ausgewählten Patienten Acetazolamid für drei Tage zum Schleifendiuretikum dazugegeben werden sollte (ADVOR-Protokoll) mit anschließender Gabe von SGLT2-Hemmern. Aus eigener klinischer Erfahrung spricht meist nichts gegen die frühe SGLT2-Hemmer-Gabe.

In jedem Fall sollten wir die Antwort auf die diuretische Therapie frühzeitig monitoren. Eine zufriedenstellende diuretische Antwort kann definiert werden als Urin-Natrium > 50–70 mEq/L nach 2 Stunden bzw. ein Urin-Output von > 100–150 ml/h während der ersten 6 Stunden. Bei unzureichender diuretischer Response wird eine Verdopplung der Schleifendiuretika-Dosis empfohlen mit erneuter Bestimmung der diuretischen Antwort nach 12 und 24 Stunden. Natürlich erfordert die konsequente Entstauung durch i.v.-Furosemid – insbesondere in Kombination mit weiteren diuretisch wirksamen Substanzen – auch ein engmaschiges Monitoring von Serum-Kalium; ein passagerer Abfall der eGFR ist erwartbar und meist nicht mit schlechterem, sondern mit besserem Outcome verbunden.

Lassen Sie uns dem nicht selten zu beobachtendem Nihilismus bei (rezidivierend) dekompensierter Herzinsuffizienz begegnen durch konsequente diuretische (Kombinations-)Therapie mit nachfolgender Optimierung der eingangs beschriebenen Basistherapie zur Verbesserung der Prognose (erwiesen seit STRONG-HF)! Wir können viel erreichen für unsere Patienten und rezidivierenden Dekompensationen vorbeugen!

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