PFO und Schlaganfall: Das sollten Sie auf dem Schirm haben
ESUS-- Bei 40 bis 50 % der Patienten mit einem embolischen Schlaganfall unklarer Genese (ESUS) wird ein PFO diagnostiziert. Die Leitlinie „Kryptogener Schlaganfall und offenes Foramen ovale“ gibt, wie hier beschrieben, einen sinnvollen Handlungsrahmen vor.
Veröffentlicht:Bei angeborenen oder erworbenen Defekten der Vorhofscheidewand wie persistierendes Foramen ovale (PFO) oder Atrium-Septum-Defekte (ASD) können einerseits Schlaganfälle entstehen. Andererseits kann bei großen ASD das permanente Shuntvolumen zu einer zunehmenden Überbelastung des rechten Herzens führen. Bei 40–50 % der Patienten mit „kryptogenem“ und damit definitionsgemäß embolischem Schlaganfall unklarer Ursache („embolic stroke of undetermined source“, ESUS) wird ein PFO diagnostiziert, während die Inzidenz in der Normalpopulation etwa 25 % beträgt.
Ist der Schlaganfall mit dem PFO assoziiert?
Insbesondere bei jüngeren Patienten ist somit das Risiko für einen ESUS bei Vorliegen eines PFO erhöht. Beweisend für ein PFO mit Rechts-Links-Shunt ist der Übertritt von sogenannten „Bubbles“ in der transösophagealen Echokardiografie (TEE) vom rechten in den linken Vorhof innerhalb von 3 Herzzyklen nach Füllung des rechten Vorhofs (RA) mit Kontrastmittel (Abb. 1, Video 1). Auch kann die transkranielle Dopplersonografie mit Microbubbles als Screeningverfahren eines induzierbaren Rechts-Links-Shunts verwendet werden. Zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit eines PFO-assoziierten Insultes kann der RoPE-Score (Risk of Paradoxical Embolism-Score) genutzt werden, der zwar nie in größeren Studien validiert wurde, jedoch ältere Patienten mit kardialen (v. a. Atherosklerose) bzw. zerebrovaskulären Risikofaktoren ausschließt.
Allerdings umfasst er nicht die nunmehr in randomisierten Studien anerkannten morphologischen und funktionellen PFO- und Vorhofseptumrisikoparameter wie Durchmesser > 2 mm in der zweidimensionalen TEE, Rechts-Links-Shunt > 20 Bubbles, PFO kombiniert mit Vorhofseptumaneurysma (> 10 mm Undulationen), mobiles Vorhofseptum, eustachische Klappe oder erhöhter RA-Druck.
Rezidivprophylaxe: Verschluss des PFO ist vorteilhaft
In älteren Studien (CLOSURE I, PC-Studie, RESPECT) konnte kein klarer Vorteil des PFO-Okkluders zur Schlaganfallvorbeugung gezeigt werden. Die Daten neuerer Studien, wie REDUCE, CLOSE, RESPECT extended follow up und zuletzt die DEFENSE-PFO-Studie belegen jedoch, dass der interventionelle Verschluss des PFO einer alleinigen antithrombotischen Therapie bei Patienten mit ESUS im Alter unter 60 Jahren überlegen ist, vor allem bei Patienten mit großem Shunt oder Vorhofseptumaneurysma (ASA). Alle 6 bisher publizierten Metaanalysen finden einen signifikanten Vorteil für den interventionellen PFO-Verschluss mit einer Reduktion des Schlaganfallrisikos um mehr als die Hälfte bis sogar zweit Drittel.
Die Okkluder werden in der Regel in Analgosedierung mit Lokalanästhesie im Bereich der Leistengefäße unter angiografischer und TEE-Kontrolle nach Vollheparinisierung implantiert. Hierbei ist insbesondere die dreidimensionale TEE zur Beurteilung der Freisetzung des Okkluders hilfreich, auch erhöht sie die Sicherheit der Prozedur (Abb. 1C, Video 3). Disc-Okkluder erwiesen sich als überlegen in Sicherheit und Effektivität gegenüber nicht zirkulär scheibenförmigen Okkludern (Empfehlungsgrad A, Evidenzebene Ia).
Auch wenn die gemeinsame S2e-Leitlinie der Deutschen Gesellschaften für Kardiologie und Neurologie und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft empfiehlt, dass bei Patienten zwischen 16 und 60 Jahren mit einem (nach neurologischer und kardiologischer Abklärung) kryptogenen ischämischen Schlaganfall und offenem Foramen ovale mit moderatem oder ausgeprägtem Rechts-Links-Shunt ein interventioneller PFO-Verschluss durchgeführt werden sollte (Empfehlungsgrad A, Evidenzebene I), ist individuell eine erweiterte Indikation zu diskutieren, wie das Fallbeispiel zeigt.
Kasuistik – mit Video-Veranschaulichung
Ein 72-jähriger Patient stellte sich mit ischämischen Rezidiv-Schlaganfall unter suffizienter oraler Antikoagulation (INR 3,1) vor, der Vitamin-K-Antagonist wurde bei stattgehabtem mechanischem Mitralklappenersatz indiziert und mit guter TTR (Time in Therapeutic Range) eingenommen. In der transösophagealen Echokardiografie lassen sich sowohl ein drucktrennender ASD mit Links-Rechts-Shunt vom Secundum-Typ als auch ein PFO objektivieren.
Mittels Valsalva-Manöver kann über beide Shunts eine Shuntumkehr mit massivem Kontrastübertritt nach linksatrial induziert werden (Abb. 1 A, B; Video 1 und Video 2).
Es bleibt eine Einzelfallentscheidung, ob eine Anpassung der Medikation bzw. eine interventionelle Versorgung das Risiko eines weiteren Rezidivs mindern kann. Wir entschieden uns für die simultane Versorgung beider Vitien, sowie die Anpassung des INR-Ziels auf (3 bis) 3,5.
Die simultane Sondierung beider Vitien ermöglichte sowohl die Wahl der Okklusionsreihenfolge zur Optimierung der zum Teil notwendigen Überlappung beider Okkluder im Septum, als auch die Testung der Abdichtung mittels Rechtsherzkontrastmittel vor dem Ablösen der Devices (Abb. 1 C, D; Video 3 und Video 4).
Therapie nach interventionellem PFO-Verschluss
Regelhaft wird nach einem interventionellen PFO-Verschluss eine duale Plättchenhemmung mit 100 mg ASS plus 75 mg Clopidogrel für 1–3 Monate empfohlen, gefolgt von einer 12- bis 24-monatigen Monotherapie mit ASS 100 mg oder Clopidogrel 75 mg. Bei Patienten mit zusätzlicher Manifestation einer Arteriosklerose wird eine Dauertherapie mit Thrombozytenfunktionshemmern empfohlen (Empfehlungsgrad B, Evidenzebene IIb).
Bei Patienten mit einem kryptogenen ischämischen Insult und PFO, die einen Verschluss ablehnen, gibt es keine Hinweise auf eine Überlegenheit einer oralen Antikoagulation gegenüber einer Behandlung mit einem Thrombozytenfunktionshemmer. Daher sollte die Sekundärprävention mit ASS oder Clopidogrel erfolgen (Empfehlungsgrad B, Evidenzebene II).
Vorhofflimmern, Perikardtamponaden sowie Lungenembolien sind beschriebene Komplikationen im Rahmen und nach Implantation eines Okkluders. Die Ereignisse sind aber so selten, dass sie den Empfehlungsgrad für die Implantation nicht beeinflussen sollten (Empfehlungsgrad A, Evidenzebene Ia).
Fazit
Die interventionelle Schlaganfallvorsorge mittels PFO-Okkluder ist in geübten Händen effektiv und sicher.
Grenzentscheidungen sollen im Idealfall in einem interdisziplinären Heart-Brain-Team besprochen und gemeinsam mit dem Patienten entschieden werden.
Kontakt-- PD Dr. med. Edith Lubos, Kath. Marienkrankenhaus gGmbH, Hamburg, e.lubos@marienkrankenhaus.org;
Prof. Dr. med. Alexander Ghanem, Asklepios Klinik Nord – Heidberg, Hamburg, a.ghanem@asklepios.com
Literatur bei den Verfassern