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Plättchentherapie und OAK nach TAVI

Klappenerkrankungen-- Welche gerinnungshemmende Therapie nach einem TAVI-Eingriff empfehlenswert ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko, hat in den letzten Monaten eine Koronarintervention stattgefunden oder besteht eine Klappenthrombose? Ein Update zum Status quo.

Von Prof. Tanja Rudolph und Vera Fortmeier Veröffentlicht:
Thrombus-- Bei symptomatischer Thrombose nach TAVI wird therapiert, bis sich der Thrombus aufgelöst hat.

Thrombus-- Bei symptomatischer Thrombose nach TAVI wird therapiert, bis sich der Thrombus aufgelöst hat.

© Luk Cox/stock.adobe.com

Bei Patientinnen und Patienten, die eine TAVI erhalten haben, handelt es sich in der Regel um ältere Menschen mit per se erhöhtem Risiko für Thrombosen, Ischämie und Blutung. Außerdem haben diese Patienten häufig Komorbiditäten, die eine lebenslängliche orale Antikoagulation (OAK) beanspruchen (z. B. bei Vorhofflimmern) oder eine Thrombozytenaggregationshemmung erfordern (z. B. bei KHK, pAVK oder Karotisstenose).

Dr. Vera Fortmeier, HDZ NRW Bad Oeynhausen

Dr. Vera Fortmeier, HDZ NRW Bad Oeynhausen

© Fortmeier

Prof. Dr. Tanja K. Rudolph, HDZ NRW Bad Oeynhausen

Prof. Dr. Tanja K. Rudolph, HDZ NRW Bad Oeynhausen

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TAVI-Patienten ohne Indikation für orale Antikoagulation

Somit werden Kliniker bei der Wahl des antithrombotischen Regimes vor eine große Herausforderung gestellt – zumal die derzeitige Studienlage noch einige offene Fragen hinterlässt.

Die Leitlinien des American College of Cardiology/American Heart Association (ACC/AHA) 2020 empfehlen eine lebenslange Monotherapie mit ASS 75–100 mg bei TAVI-Patienten ohne Indikation für eine OAK und ohne Koronarintervention innerhalb der letzten drei Monate. Wenn eine Koronarintervention in den letzten drei Monaten stattgefunden hat, sollte eine duale Thrombozytenaggregationshemmung mittels ASS und Clopidogrel für 3–6 Monate erfolgen und anschließend eine lebenslang ASS-Monotherapie [1].

Die Leitlinien der europäischen kardiologischen und kardiochirurgischen Gesellschaften (ESC/EACTS) 2021 empfehlen ebenfalls eine lebenslange Mono-Thrombozytenaggregationshemmung bei TAVI-Patienten ohne Indikation für eine OAK [2]. Diese Empfehlung wird durch verschiedene Registeranalysen und die randomisierte POPular-TAVI-Studie unterstützt [3].

TAVI-Patienten mit Indikation für orale Antikoagulation

In diesem Patientenkollektiv lieferten Studien wie zum Beispiel die POPular-TAVI-Studie, die OCEAN-Studie, die ATLANTIS-Studie und die ENVISAGE-TAVI AF-Studie viele interessante Erkenntnisse hinsichtlich thrombotischen Komplikationen, Blutungsereignissen und Mortalität beim Vergleich von einer Vitamin-K-Antagonisten (VKA)-Therapie mit DOAK-Therapien nach der TAVI.

In einigen Studien zeigte die Behandlung mit DOAK ein geringeres Blutungsrisiko als bei einer Therapie mit VKA [4]. Dennoch bleibt die Datenlage kontrovers, sodass das antithrombotische Regime nach TAVI bei Patientinnen und Patienten mit Indikation für eine OAK noch viele Fragen offen lässt und somit bislang keine klaren Empfehlungen von der AHA oder der ESC formuliert werden konnten. Lediglich bei der Patientengruppe mit Vorhofflimmern wird eine lebenslängliche orale Antikoagulation empfohlen, wobei eine DOAK-Therapie gegebenenfalls mit einem niedrigeren Blutungsrisiko assoziiert ist [2].

Ein klinisch bisher nicht klar einzuordnendes Problem nach TAVI-Eingriffen ist die Entwicklung von Klappenthrombosen, die von der HALT (hypoattenuating leaflet thrombosis/Segelklappenthrombose) bis hin zur apparenten Thrombose reichen.

Behandlung der Klappenthrombose nach TAVI

Durch eine OAK können solche Thrombosen nicht nur effektiv behandelt werden, es zeigt sich auch eine deutliche Risikoreduktion im Auftreten [5]. Daher sprechen sich die ESC-Leitlinien beim Vorliegen einer Klappenthrombose für eine Therapie mit einem VKA oder unfraktioniertem Heparin aus [2].

Bei klinisch apparenter Thrombose sollte die Therapie so lange erfolgen, bis der Thrombus aufgelöst ist und sich die Klappenfunktion wieder normalisiert hat. Bezüglich einer therapeutischen Prävention gibt es bislang keine klaren Empfehlungen aufgrund der noch lückenhaften Studienlage.

Fazit

Bei Patienten ohne Indikation für eine OAK: ASS-Monotherapie.

Bei Patienten ohne Indikation für eine OAK mit vorangegangener Koronarintervention und erhöhtem Blutungsrisiko: ASS und Clopidogrel für 1–3 Monate; bei ACS 3–6 Monate.

Bei Patienten mit Indikation für eine OAK und ohne Koronarintervention in den letzten 3 Monaten: VKA oder DOAK.

Bei Patienten mit Indikation für eine OAK sowie vorangegangener Koronarintervention und erhöhtem Blutungsrisiko: Clopidogrel für 1–3 Monate; bei ACS 3–6 Monate.

Bei Patienten mit Koronarintervention innerhalb der letzten 3 Monate vor TAVI: Fortsetzung DAPT oder OAK plus Clopidogrel periinterventionell erwägen.

Nachweis einer Klappenthrombose: Therapie mit VKA oder unfraktioniertem Heparin.

Literatur--

1. Otto CM et al. Circulation. 2021;43(5):e35-e71; https://doi.org/10.1161/CIR.0000000000000932

2. Vahanian A et al. Eur Heart J. 2021; https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab395

3. Brouwer J et al. N Engl J Med. 2020;383:1447-57

4. Seeger J et al. JACC Cardiovasc Interv. 2017;10: 66-74

5. Bogyi M. et al. JACC Cardiovasc Interv. 2021;14: 2643-56


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