Interview mit Prof. von Scheidt und Prof. Philip Raake

Blick zurück und nach vorn: Augsburger Köpfe

Führungswechsel-- Im Augsburger Universitätsklinikum (UKA) gab es im Juni einen Wechsel im Direktorat der I. Medizinischen Klinik für Kardiologie. Wir haben den Emeritus Prof. Wolfgang von Scheidt und seinen Nachfolger Prof. Philip Raake nach alten und neuen Erfahrungen gefragt.

Ein Interview von Dr. Ulrike Fortmüller Veröffentlicht:
Gebäudekomplex des Universitätsklinkums Augsburg, fertiggestellt vor 40 Jahren.

Gebäudekomplex des Universitätsklinkums Augsburg, fertiggestellt vor 40 Jahren.

© Ulrich Wirth/Uniklinikum Augsburg

Als Gemeinschaft konsistent handeln

Blick zurück und nach vorn: Augsburger Köpfe

© von Scheidt

Wenn Sie auf Ihre Zeit in Augsburg zurückblicken, was war für Sie persönlich der größte Erfolg?

Sinnerfülltes mitgestaltet zu haben: alle unglaublichen Fortschritte der interventionellen Kardiologie umzusetzen und ein Team zu leiten, das die Tiefe persönlicher Befähigung und Wissens mit der Breite der Kenntnisse und Fertigkeiten der Gruppe verbindet. Medizin als helfendes Handeln für erkrankte Menschen auszuüben, mit Hingabe und Demut.

Was war das schwierigste Problem, das Sie während ihrer Funktion als Klinikdirektor lösen mussten?

Handlungsfähigkeit und Qualität zu garantieren im Packeis der Schwierigkeiten: Personalmangel, Motivation, ökonomische Begehrlichkeiten, Mentalität des Herrschens statt Dienens einzelner Entscheidungsträger.

Welche Botschaft möchten Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben?

Bene agere et laetari: Als Gemeinschaft und Netzwerk gut und konsistent handeln und Freude daran empfinden.

Gute Herzmedizin erfordert die Symbiose von Kardiologie und Herzchirurgie.

Sich nie unterwerfen unter ein Diktat der Zurichtung der Medizin zu einem Element des Marktes.

Fiel Ihnen der Abschied aus der Klinik schwer? Wie füllen Sie jetzt Ihre freie Zeit?

Nein, alles hat seine Zeit. Vermeintlicher Macht- und Bedeutungsverlust lassen mich völlig kalt. Ich gestalte heiter meine Freiheit gemäß meinen Interessen und Fähigkeiten.

Prof. Dr. Philip Raake als exzellentem neuem Klinikdirektor wünsche ich von Herzen bestes Gelingen in der klinischen Medizin und in der Etablierung neuer wissenschaftlicher Schwerpunkte.

Vielen Dank für das Gespräch

Der Teamgeist hilft enorm

Blick zurück und nach vorn: Augsburger Köpfe

© Raake

Wenn Sie auf die ersten 100 Tage Ihrer Zeit in Augsburg zurückblicken, was hat nicht so funktioniert, wie Sie sich das vorgestellt haben, was war die größte Herausforderung?

Eigentlich hat alles wirklich reibungslos geklappt. Das Team der Klinik war durch Prof. von Scheidt sehr gut auf mich eingestimmt und hat mich vom ersten Tag an unterstützt und mir den Einstieg enorm erleichtert. Da bin ich meinem Vorgänger sehr dankbar. Zudem kannte ich das UK Augsburg vorher nicht, sodass ich mich zunächst in die Wege, Prozesse und Strukturen eingearbeitet und das Team und die Kollegen kennengelernt habe. Aktuell läuft weiterhin die Vorstellungsrunde bei den anderen ärztlichen Direktoren und bei den Krankenhäusern im Einzugsbereich und den niedergelassenen Kollegen, die ich alle vor Ort besuche.

Die größte Herausforderung war sicherlich die Umstellung in der Rolle vom leitenden Oberarzt zum Direktor. Da haben mir meine Erfahrungen als leitender OA unter Prof. Hugo Katus und Prof. Norbert Frey am UK Heidelberg sehr geholfen, denen ich beiden enorm dankbar für das jahrelange Mentoring in meiner Entwicklung zur Führungskraft bin.

Privat hatte ich zudem enormes Glück, schnell ein passendes Haus für mich und meine Familie zu finden, was mit 4 Kindern nicht so ganz einfach war. Meine Familie hat sich mittlerweile in Augsburg sehr gut eingelebt und meine Kinder haben bereits erste soziale Verbindungen aufgebaut.

Welches Ziel/welche Veränderung streben Sie mittelfristig als Klinikdirektor an?

Die Abteilung ist in allen Bereichen (Kardiologie, Pneumologie, Endokrinologie und Intensivmedizin) innovativ und zukunftsgerichtet aufgestellt. Die Zukunft für so eine große Abteilung liegt sicherlich in der weiteren Spezialisierung. Diese Entwicklungen weiterzudenken und strategisch die nächsten Schritte zu planen finde ich enorm spannend. In der Kardiologie werden wir unter anderem neue HK-Labore bauen, um dem wachsenden Bedarf für strukturelle Eingriffe und komplexe Koronareingriffe gerecht zu werden.

Gibt es Inhalte/Aktivitäten Ihres Vorgängers, die Sie fortsetzen oder weiterentwickeln möchten?

Der Teamgeist in der Abteilung hilft enorm auch schwierige Situation zu meisten, z. B. die aktuell wieder massiv ansteigenden Corona-Zahlen. Diesen Team-Spirit zu erhalten, halte ich für enorm wichtig. Zudem leistet die Abteilung eine außerordentlich kompetente und innovative Medizin. Diese Entwicklungen hin zur „high-end“ Herzmedizin möchte ich zusammen mit meinem herzchirurgischen Kollegen fortsetzen.

Worauf freuen Sie sich am meisten in Augsburg?

Das UK Augsburg ist die jüngste medizinische Fakultät in Deutschland. Seit 2019 werden hier Medizinstudenten ausgebildet. Die Herausforderung, aber auch die Chance liegt in den strategischen Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten in der klinischen Versorgung und im Bereich Forschung und Lehre. Es macht viel Spaß, die jungen motivierten Ärztinnen und Ärzte und Studentinnen und Studenten auf diesem Weg mitzunehmen.

Vielen Dank für das Gespräch

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