PAP reduziert nicht die kardiovaskuläre Mortalität

Kontra--

Von Dr. Holger Woehrle Veröffentlicht:
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Die Behandlung der Schlafapnoe ist wichtig in der Prävention und Behandlung von Herzerkrankungen – eine Aussage, die durch große randomisierte kontrollierte Studien (RCT) bisher NICHT belegt werden konnte. In diesen Studien wurden Patienten mit bekannter koronarer Herzerkrankung bzw. arteriosklerotischen Veränderungen der Extrazerebralgefäße eingeschlossen und auf eine obstruktive Schlafapnoe (OSA) gescreent. Bei erhöhten Indizes nächtlicher Atmungsstörungen erfolgte die Randomisierung in die Kontrollgruppe ohne jedwede OSA-Therapie oder in die Therapiegruppe mit Einleitung einer nächtlichen Überdruck(PAP)-Therapie.

Keine dieser groß angelegten Studien konnte zeigen, dass sich durch die PAP-Therapie der OSA ein zusätzlicher Benefit hinsichtlich der kardiovaskulären Mortalität zeigte. Dies wird durch aktuelle Metaanalysen nochmals unterstrichen [1, 2]. Sicher kann die Stichprobengröße und die Auswahl von asymptomatischen OSA-Patienten ohne Tagesschläfrigkeit kritisiert werden, allerdings weisen die Studien eine ausreichende Nachbeobachtungsdauer sowie eine grenzwertige, jedoch ausreichende Nutzung der PAP-Therapie in der Interventionsgruppe auf. Die RCT-Daten stehen dabei im starken Kontrast zu den bis dato publizierten Observationsstudien [3–5]. Hier zeigte sich in der Gruppe der PAP-Nutzer jeweils ein positiver Effekt hinsichtlich der kardiovaskulären Sterblichkeit. Im Gegensatz zum RCT-Design wurden hier jedoch auch symptomatische OSA-Patienten betrachtet.

Hinsichtlich eines potenziell kardiovaskulär-präventiven Ansatzes einer OSA-Therapie muss diese auch immer im Kontext der Lebensspanne des Individuums gesehen werden: So steigen das kardiovaskuläre sowie das OSA-Risiko mit steigendem Alter und zunehmenden weiteren typischen Risikofaktoren an. Demgegenüber wird eine OSA-Diagnose jedoch relativ spät gestellt, häufig erst nach etablierter kardiovaskulärer Erkrankung. Das Zeitfenster für einen präventiven Effekt ist dann zweifelsohne kleiner geworden. Und auch die Stärke eines möglichen präventiven Effektes einer OSA-Therapie wird durch aktuell verfügbare medikamentöse Therapieoptionen relativiert [6]. Aktuelle Real-World-Evidence-Daten heizen die Diskussion jedoch wieder an, zeigen sie doch ein verbessertes Gesamtüberleben bei OSA-Patienten mit regelmäßiger PAP-Therapienutzung im Vergleich zu den Patienten, die diese Therapie im Verlauf beendeten [7, 8].

(Schlaf-)Medizin scheint doch vielschichtiger und verlangt gerade im Bereich der Prävention nach präzisionsmedizinischen Ansätzen: personalisiert, prädiktiv, präventiv und partizipativ. Ziel der respiratorischen und kardiovaskulären Schlafmedizin sollte es also sein, die richtige Therapie zur richtigen Zeit mit dem Patienten gemeinsam auszuwählen.

Kontakt-- Holger Woehrle, Lungenzentrum Ulm, HWoehrle@lungenzentrum-ulm.de

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Literatur--

1. Yu J et a. JAMA. 2017;318(2):156-66

2. Feltner C et al. JAMA. 2022;328(19):1951-71

3. Marin JM et al. Lancet. 2005;365(9464):1046-53

4. Campos-Rodriguez F. Chest. 2005;128(2):624-33

5. Martínez-García MA. Am J Respir Crit Care Med. 2012;186(9):909-16

6. Campos-Rodriguez F. Ann Intern Med. 2012;156(2):115-22

7. Pépin JL et al. Am J Respir Crit Care Med. 2010;182(7):954-60

8. Pépin JL et al. Chest. 2022;161(6):1657-65

9. Woehrle H et al. Am J Crit Care Med. 2023;207:A5965

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