Argumente für OCT-gesteuerte PCI

Zwei große Studien-- Die OCTOBER-Studie zeigt deutliche Vorteile für eine OCT-gesteuerte PCI bei Bifurkationsläsionen. Und ILUMIEN IV liefert zumindest Argumente für einen Einsatz auch über die Bifurkation hinaus.

Von Philipp Grätzel Veröffentlicht:
Endlich wieder richtig was los auf dem ESC-Kongress! Den besten Kaffee bekommt man meistens auf der Industrie-Ausstellung.

Endlich wieder richtig was los auf dem ESC-Kongress! Den besten Kaffee bekommt man meistens auf der Industrie-Ausstellung.

© ESC/Krisztian Juhasz

Gleich zwei randomisierte, beim ESC-Kongress in Amsterdam vorgestellte Studien haben eine Steuerung der perkutanen Koronarinterventionen (PCI) durch optische Kohärenztomografie (OCT) mit angiografischer Steuerung verglichen. Beim intravaskulären Ultraschall (IVUS) gibt es solche Studien schon länger, bei der OCT sind es die ersten großen derartigen Studien mit primären klinischen Endpunkten. Die erste der beiden Studien ist ILUMIEN IV, deren Ergebnisse von Dr. Ziad Ali, St. Francis Heart Center, New York, vorgestellt wurden. Den Hintergrund dieser Studie bildet die ILUMIEN-III-Studie, die bei einem kleineren Kollektiv schon einmal OCT-Steuerung mit angiografischer PCI-Steuerung verglichen und dabei gezeigt hatte, dass die prozedurale Erfolgsrate durch OCT-Steuerung steigt.

ILUMIEN IV: Besseres Implantationsergebnis, weniger Stentthrombosen

ILUMIEN IV hatte jetzt kardiovaskuläre Hochrisikopatienten mit medikamentös therapiertem Diabetes rekrutiert, die eine risikobehaftete Koronarläsion aufwiesen, definiert als STEMI-/NSTEMI-Läsion, Bifurkationsläsion, schwer kalzifizierte Läsion, chronische Okklusion (CTO) oder diffuse/multifokale Instent-Restenose. 2.487 Patienten wurden randomisiert zu entweder OCT- oder angiografisch gesteuerter PCI. Primärer Bildgebungsendpunkt war die minimale Stentöffnungsfläche („minimum stent area“, MSA) nach PCI, gemessen mit OCT und bewertet durch ein unabhängiges Core Lab. Den primären klinischen Endpunkt bildete das Zielgefäßversagen („target vessel failure“, TVF), definiert als kardialer Tod, Myokardinfarkt im Zielgefäß oder ischämieassoziierte Revaskularisation des Zielgefäßes. Sicherheitsendpunkte waren prozedurale Komplikationen und Stentthrombosen.

Entschuldigung Herr Kollege, in welchem Saal wird die Hotline 4 präsentiert? Da werden gleich 4 neue Studien zur Bildgebung bei PCI präsentiert.

Entschuldigung Herr Kollege, in welchem Saal wird die Hotline 4 präsentiert? Da werden gleich 4 neue Studien zur Bildgebung bei PCI präsentiert.

© ESC/Krisztian Juhasz

Im Ergebnis zeigte sich, dass das OCT-gesteuerte Vorgehen im Hinblick auf den Bildgebungsendpunkt signifikant überlegen ist. Die MSA betrug 5,72 mm² in der OCT-Gruppe und 5,36 mm² in der Gruppe mit angiografischer Steuerung (p < 0,001). Beim klinischen Endpunkt gab es nach 24 Monaten TVF-Ereignisse bei 7,4 % der Patienten in der OCT-Gruppe und bei 8,2 % in der angiografischen Gruppe. Dieser Unterschied war nicht signifikant. Die Signifikanz erreicht wurde bei den Stentthrombosen, die 1,4 % der Patienten bei angiografischer Steuerung, aber nur 0,5 % bei OCT-Steuerung betrafen (HR 0,36; 95% -KI 0,14–0,91; p = 0,02).

Dass der primäre klinische Endpunkt das Signifikanzniveau verfehlte, sei enttäuschend, so Ali. Ein möglicher Grund könnten COVID-Effekte gewesen sein. Die TVF-Raten bei ILUMIEN-IV-Patienten mit mindestens einem Jahr Follow-up betrugen vor der Pandemie 10,1 % (Angiografie) bzw. 7,2 % (OCT), während der Pandemie dagegen 7,7 % bzw. 7,5 %. Es sei denkbar, so Ali, dass ischämisch bedingte Revaskularisationen während der Pandemie seltener erfolgten. Unabhängig davon sieht der Kardiologe ILUMIEN IV als eine Studie, die erneut Argumente für die Bildsteuerung liefert: „Die Lumenfläche ist größer, es gibt weniger prozedurale Komplikationen und weniger Stentthrombosen.“

Klarer Sieg für OCT bei Bifurkationsläsionen

Deutlicher zugunsten der OCT-Steuerung endete die OCTOBER-Studie, die von Dr. Lene Nyhus Andreasen und Dr. Niels Holm, beide Universität Aarhus, vorgestellt wurde. Die OCTOBER-Studie, die wie ILUMIEN IV zeitgleich im New England Journal publiziert wurde, randomisierte 1.200 Patienten mit Bifurkationsläsionen und Seitenastdurchmesser ≥ 2,5 mm zu OCT- oder angiografischer Steuerung. Gesucht waren Patienten, die komplexe Stentstrategien erforderten, entweder zwei Stents in Haupt- und Seitenast oder ein Stent im Hauptast mit Kissing-Balloon-Dilatation im Seitenast. Primärer Endpunkt waren schwere kardiovaskuläre Ereignisse über zwei Jahre, definiert als kardialer Tod sowie Myokardinfarkt oder ischämiebedingte Revaskularisation der Zielläsion. Dieser Endpunkt wurde von 14,1 % der Patienten in der Angiografie- und 10,1 % in der OCT-Gruppe erreicht, ein signifikanter Vorteil für die OCT (HR 0,70; 95%-KI 0,50–0,98; p = 0,035). Die drei Endpunktkomponenten trugen jeweils ähnlich zum Erfolg bei, und der Vorteil zeigte sich in der Subgruppenanalyse bei beiden Stentstrategien. „Insgesamt sind das aus unserer Sicht substanzielle Unterschiede“, so Holm, der für eine deutliche Ausweitung der intravaskulären Bildgebung bei komplizierteren PCIs plädierte.

Fazit

Die Studien ILUMIEN IV und OCTOBER haben bei unterschiedlich definierten Patientenkollektiven mit Risiko-PCI eine OCT-Steuerung mit einer angiografischen Steuerung verglichen.

Beide sehen die OCT-Steuerung im Vorteil. Bei der OCTOBER-Studie fiel auch der primäre klinische Endpunkt klar zugunsten der OCT-Steuerung aus, in ILUMIEN IV gab es hier nur einen Trend.

Quelle-- ESC-Kongress, Hot-Line-Session 4, 25. bis 28. August in Amsterdam

Literatur-- Holm NR et al. N Engl J Med. 2023; https://doi.org/10.1056/NEJMoa2307770
Ali ZA et al. N Engl J Med. 2023; https://doi.org/10.1056/NEJMoa2305861

Schlagworte: