Neue Therapieoptionen für hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie
Kardiomyopathie-- Inzwischen sind spezifisch an der Erkrankungsursache ansetzenden Behandlungsoptionen für die hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie zugelassen. Was ist von diesen neuen Medikamenten zu erwarten? Und was gilt es bei deren Anwendung zu beachten?
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Die Bestimmung des Druckgradienten im Echo ist Teil der HOCM-Diagnostik. (Symbolbild mit Fotomodellen)
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Die hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) ist die häufigste genetische Herzerkrankung. Durch eine Hypertrophie der Kardiomyozyten kommt es zu einer Herzmuskelverdickung, und durch eine funktionelle und anatomische Obstruktion des linken Ausflusstraktes entsteht ein Druckgradient (sogenannter Venturi-Effekt).
Die Symptome der Erkrankung können von mild bis schwer variieren. Viele betroffene Patientinnen und Patienten haben keine Symptome, während andere Dyspnoe, Angina pectoris, Schwindel, Synkopen oder Herzrhythmusstörungen entwickeln.

Prof. Benjamin Meder-- Universitätsklinikum Heidelberg
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Die HOCM ist oftmals durch Mutationen in den Genen MYH7, MYBPC3 oder Troponin-T2 bedingt, kann aber auch durch eine Kombination des genetischen Hintergrundes und extrinsischen Faktoren ausgelöst werden. Ein Zusammenhang mit der arteriellen Hypertonie wird gerade bei Genotyp-negativen Patienten häufig gefunden. In den DGK-Leitlinien wird eine genetische Diagnostik der Patienten empfohlen (Klasse I), da hierdurch eine prädiktive Diagnostik von Angehörigen ermöglicht wird.
Aber es gibt inzwischen auch Daten, die belegen, dass eine Risikostratifizierung die Vorhersage von Kammertachykardien und plötzlichem Herztod verbessern kann, wie gerade auf dem Kongress der Heart Failure Association in Prag vorgestellt wurde [1].
Therapie der Wahl bei NYHA-IIIPatienten
Die Behandlung einer HOCM zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und mögliche Komplikationen zu verhindern. Im deutschsprachigen Raum sind Betablocker und Kalzium-Antagonisten vom Verapamiltyp die Standardtherapie, obwohl zu deren Wirksamkeit kaum prospektiv randomisierte Studien vorliegen. Es ist unter dieser Therapie wichtig, regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchzuführen, um den Verlauf der Erkrankung zu überwachen und das Risiko für den plötzlichen Herztod zu kontrollieren.
Bei schwer symptomatischen Patienten (NYHA III) hat sich die Septumreduktionstherapie als effektives Verfahren bewährt. Dieses kann entweder interventionell durch Alkoholablation des basalen Septums mittels Herzkatheter durchgeführt werden, oder seltener chirurgisch im Rahmen einer Myektomie. Letztere ist insbesondere bei gleichzeitiger Indikation für eine Klappenrekonstruktion/-ersatz oder Bypassoperation sinnvoll.Mavacamten als neue, spezifische Therapieoption
Mavacamten ist ein Medikament, das zur Behandlung der HOCM entwickelt wurde. Es handelt sich um einen selektiven Inhibitor der Myosin-Schwerekette. Die Myosin-Schwerekette spielt eine Schlüsselrolle für die Kontraktion des Herzmuskels und ist pathomechanistisch für die Ineffizienz und damit für die Entwicklung einer Myokardhypertrophie verantwortlich.
Studienergebnisse zu Therapieeffekten

Alkoholseptumablation bei HOCM-- Via eines Führungsdrahts wird ein Ballon in den Ramus septalis eingebracht und darüber, nach echokardiografischer Kontrolle, 99 % EtOH appliziert.
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Wichtige Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit dieses Medikamentes erbrachte die Phase-III-Studie EXPLORER-HCM. Die Ergebnisse dieser multizentrischen, randomisierten Studie wurden 2020 in The Lancet veröffentlicht [2]. Sie belegten, dass Mavacamten die Symptome von Patienten mit HOCM und deren Lebensqualität (gemessen am KCCQ) im Vergleich zu Placebo signifikant verbessert.
Zudem wurde eine signifikante Reduktion des linksventrikulären Ausflusstraktgradienten beobachtet und eine annähernde Normalisierung der NT-proBNP-Spiegel gemessen. Darüber hinaus verbesserten sich unter der Behandlung die Belastbarkeit der Patienten, gemessen am peakVO2 in der Spiroergometrie. Die Therapieeffekte waren auch bei mutationsnegativen Patienten zu beobachten und hielten in einer Extensionsstudie an.
Studien zu HCM ohne Obstruktion auf dem Weg

Bei der HOCM liegt eine Überaktivität der Myosinköpfchen vor, die durch den reversiblen Inhibitor Mavacamten dosisabhängig gehemmt werden.
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Interessant ist, dass die Myokardhypertrophie unter Mavacamten zurückgeht. Beobachten ließ sich dieser Effekt in einer Subgruppe der EXPLORER-Studie, die mittels MRT untersucht worden war. Diese Ergebnisse boten schließlich die Rationale für eine weitere Phase-III-Studie mit Mavacamten, und zwar bei Patienten mit HCM ohne Obstruktion (HNCM oder nHCM). In diesem Kollektiv laufen derzeit gleich mehrere kontrollierte Interventionsstudien, unter anderem mit Valsartan-Sacubitril, Mavacamten und Aficamten, bei letzterem handelt es sich ebenfalls um einen Myosin-Inhibitor.
Zulassung von Mavacamten in den USA und der EU
Der Wirkstoff Mavacamten ist in den USA seit letztem Jahr zugelassen und erwies sich bisher als gut verträglich. In Europa wurde die Zulassung von Mavacamten gerade kürzlich erteilt.
Da es sich um einen potenten Myosin-Inhibitor handelt, muss bei der Behandlung auf eine mögliche Reduktion der linksventrikulären Pumpfunktion geachtet werden. Da die Substanz vorwiegend über das Cytochrom-System der Leber metabolisiert wird, ist die Einnahme anderer Cytochrome P450(CYP)-Induktoren und starken Inhibitoren zu berücksichtigen (insbesondere CYP2C19). Hier stehen seit langem auch Genotypisierungsansätze zur Verfügung, um sogenannte „poor metabolizers“ zu identifizieren.
Mavacamten hat sich im Tierversuch als teratogen erwiesen, sodass betroffene Frauen eine Schwangerschaft vermeiden müssen.
Ausblick: Was bringt die Zukunft?
Die Erfahrung muss nun zeigen, ob die neuen pharmakologischen Ansätze neben einer Verbesserung der Symptome und der Leistungsfähigkeit auch prognostische Effekte mit sich bringen. Die Septumsreduktionstherapien (perkutane Alkoholseptumablation, transkoronare Ablation der Septum-Hypertrophie, Myektomie) werden dabei auch in Zukunft ihren Stellenwert haben.
Wann eine Geneditierung ursächlicher Mutationen im Patienten zur Anwendung kommen wird, ist derzeit noch nicht vollends absehbar.
Fazit
Die aktuelle Behandlung der HOCM besteht aus Betablockern und Kalzium-Antagonisten vom Verapamiltyp.
Bei schwer symptomatischen Patientinnen und Patienten mit HOCM stellt die Septumreduktionstherapie die Therapie der Wahl dar.
Inzwischen hat sich der Myosin-Inhibitor Mavacamten als neue Behandlungsoption hervorgetan. In den USA ist das Medikament bereits seit 2022 zugelassen, in der EU wurde es kürzlich zugelassen.
Die Behandlung mit Mavacamten erfordert allerdings gewisse Vorsichtsmaßnahmen.
Literatur beim Verfasser
Kontakt-- Prof. Dr. Benjamin Meder, Universitätsklinikum Heidelberg, Benjamin.Meder@med.uni-heidelberg.de
Hinweis-- B. Meder ist wissenschaftlicher Berater der Firma BMS und erhält dafür und für Vorträge Honoraria