Warum Vorhofflimmern bei Herzinsuffizienz relevant ist

Rhythmuskontrolle-- Vorhofflimmern (VHF) ist eine häufige und wichtige Komorbidität bei Patienten mit Herzinsuffizienz (HF), die den Effekt einer Herzinsuffizienztherapie beeinträchtigen kann. Das ist einer der Gründe, warum die VHF-Therapie auch bei HF-Patientinnen und -Patienten eine immer wichtigere Rolle spielt. Ein „Gamechanger“ könnten SGLT-2-Inhibitoren sein.

Von Prof. D. Steven und Dr. F. Wiedmann und Prof. C. Schmidt Veröffentlicht:
SGLT-2-Inhibitoren scheinen für HFpEF-Patienten mit Vorhofflimmern besonders effektiv zu sein.

SGLT-2-Inhibitoren scheinen für HFpEF-Patienten mit Vorhofflimmern besonders effektiv zu sein.

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Die Behandlungsindikationen für eine Rhythmuskontrolle bei Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) wurden in den letzten Jahren wegweisend verändert. Die viel zitierte und diskutierte EAST-AFNET-4-Studie hat gezeigt, dass eine frühzeitige Rhythmuskontrolle den zusammengesetzten Endpunkt aus kardiovaskulärer Mortalität, herzinsuffizienzbedingter Hospitalisierung und dem Auftreten von Schlaganfällen oder einem akuten Koronarsyndrom im Gegensatz zu einer konventionellen Therapie signifikant reduziert [1]. Auch wenn diese Studie nicht primär den Effekt der Katheterablation untersucht hat, ist das interventionelle Verfahren derzeit der erfolgversprechendste Weg, um bei Patienten mit symptomatischem VHF auf Dauer einen Sinusrhythmus zu erhalten.

Eine riskante Kombi: HF mit VHF

Die Behandlung von VHF nimmt auch bei Patienten, bei denen eine Herzinsuffizienz (HF) vorliegt, eine immer wichtigere Rolle ein. Eine pathophysiologische Interaktion zwischen dem Vorliegen von VHF und einer HF mit eingeschränkter oder erhaltener linksventrikulärer Funktion ist seit langem bekannt, über die jeweilige Kausalität oder eine Bidirektionalität der pathophysiologischen Interaktion zwischen Atrien und Ventrikeln weiß man jedoch weniger.

Eine Pulmonalvenenisolation konnte in einer Studie hämodynamische Parameter und körperliche Belastbarkeit von HFpEF-Patienten mit VHF verbessern.

Eine Pulmonalvenenisolation konnte in einer Studie hämodynamische Parameter und körperliche Belastbarkeit von HFpEF-Patienten mit VHF verbessern.

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VHF selbst ist ein maßgeblicher Risikofaktor für das Auftreten einer HF. Eine Metaanalyse 9 klinischer Studien zeigte, dass Patienten mit VHF ein nahezu 5-fach erhöhtes Risiko aufweisen, eine symptomatische HF zu entwickeln. Dieses erhöhte Risiko gilt sowohl für HF mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) als auch für HF mit eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion (HFrEF) [2]. Im Besonderen für Patienten mit einer HFpEF und begleitendem VHF scheint der Faktor Arrhythmie eine wesentliche Bedeutung zu haben. Darüber hinaus kann die Bedeutung einer isolierten oder aber assoziierten atrialen Kardiomyopathie mit folgender atrialer Arrhythmopathie derzeit noch nicht sicher beurteilt werden. In der kürzlich publizierten STALL-AF-HFpEF-Studie konnte gezeigt werden, dass die Symptome der HFpEF-Patienten, die eine Pulmonalvenenisolation erhielten, in Bezug auf hämodynamische Parameter, die körperliche Belastbarkeit und die Lebensqualität im Vergleich zu medikamentös behandelten Patienten deutlich gebessert waren [3].

CABA-HFPEF-Studie prüft Pulmunalvenenisolation

Prof. Constanze Schmidt--Universitätsklinikum Heidelberg

Prof. Constanze Schmidt--Universitätsklinikum Heidelberg

© Schmidt

Prof. Daniel Steven-- Universitätsklinikum Köln

Prof. Daniel Steven-- Universitätsklinikum Köln

© Steven

Um den Einfluss des VHF auf die Prognose der HF mit und ohne eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion zu untersuchen, hat das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) unter der Federführung der Charité die CABA-HFPEF-Studie initiiert. In dieser Studie werden Patientinnen und Patienten mit HF und erhaltener oder nur gering reduzierter linksventrikulärer Pumpfunktion auf eine alleinige optimierte, medikamentöse Therapie versus einer zusätzlichen Pulmonalvenenisolation mittels Katheterablation randomisiert. Diese ambitionierte Studie, in die 1.550 Patienten eingeschlossen werden sollen, möchte in ihrem prospektiven randomisierten Design die Frage klären, ob relevante Endpunkte wie die Hospitalisierung, Mortalität sowie Verschlechterung der HF auch bei diesem Patientenkollektiv günstig zu beeinflussen sind. Gerade bei Patienten mit erhaltener Pumpfunktion kann man davon ausgehen, dass ein bedeutender Teil der Symptome, die wir heute der HF zuordnen, tatsächlich durch das VHF bedingt sind. Die CABA-HFPEF-Studie wird diese Frage beantworten und uns wahrscheinlich auch einen Hinweis geben können, wie groß der Anteil derer ist, bei denen die Ablation eine Besserung der Herzinsuffizienzsymptome erzielen kann.

SGLT-2-Inhibitoren punkten bei HF plus VHF

Einer der Meilensteine der Therapie der Patienten mit HFpEF besteht in der Gabe von SGLT-2-Inhibitoren, die bislang als einziges Medikament in der DELIVER-Studie eine Verbesserung der Symptomatik der Patienten erreichen konnten [4]. Dies ist auch im Hinblick auf die Patienten mit VHF relevant, da zum Beispiel beim Einsatz von Betablockern bei Patienten mit HF der Erfolg der Therapie vom VHF abhängt: Patienten mit VHF profitieren nicht in gleichem Maße wie solche, bei denen Sinusrhythmus vorliegt. Dies trifft für den Einsatz von SGLT-2-Inhibitoren nicht zu. Hier ist der Effekt der Symptomverbesserung auch bei Patienten mit VHF nachweisbar, was den Einsatz des Medikamentes für eine noch größere Zahl an Patienten sinnvoll macht. Eine kürzliche publizierte Metaanalyse hat die Effekte der SGLT-2-Inhibition bei insgesamt fast 84.000 Patienten mit unterschiedlichen Formen der HF untersucht [5]. Auch VHF war eine der Komorbiditäten, die bei der Analyse im Vordergrund standen. Die Kollegen konnten zeigen, dass der negative Effekt des VHF durch die Gabe der SGLT-2-Inhibitoren aufgehoben werden konnte und Patienten mit und ohne VHF in gleichem Maße von der Gabe profitierten. Für Patienten mit VHF scheint die Medikation also besonders effektiv auf die untersuchten Endpunkte der HF zu wirken.

Mechanismen noch unbekannt

Über die Mechanismen kann indes nur spekuliert werden, auch wenn in einer bislang unpublizierten experimentellen Studie gefunden wurde, dass SGLT-2-Inhibitoren die elektrophysiologischen Eigenschaften des atrialen Myokards so verändern, dass deren Einnahme zu einer Reduktion des VHF führen kann. Damit stellt sich die Frage ob SGLT-2-Inhibitoren möglicherweise eine zugrunde liegende atriale Kardiomyopathie mit nachfolgender atrialer Arrhythmopathie – und in dieser Hinsicht atriale Remodellingprozesse – präventiv oder sogar revers beeinflussen können.

Fazit

SGLT-2-Inhibitoren öffnen neue Perspektiven für eine mögliche Prävention und Behandlung von Patienten mit VHF im Kontext mit und ohne HF.

Es gibt Hinweise, dass die Katheterablation des VHF nicht nur bei Patienten mit HFrEF sondern auch mit HFpEF relevante Endpunkte wie die HF-Hospitalisierung und Mortalität günstig beeinflussen kann.

Aktuell rekrutierende multizentrische Studien werden hierzu weitere Antworten geben. Jetzt sind wir gefordert, möglichst viele Patienten einzuschließen und für den Erfolg der Studien zu sorgen.

Kontakt-- Prof. Dr. Constanze Schmidt, Abteilung für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Constanze.Schmidt@med.uni-heidelberg.de

Literatur--

1. Kirchhof P et al. New Engl J Med. 2020;383:1305-16

2. Gopinathannair R et al. Circ Arrhythm Electrophysiol. 2021;14:Hae0000000000000078

3. Sugumar H et al. Eur J Heart Fail. 2021;23:785-96

4. Solomon SD et al. N Engl J Med. 2022;387:1089-98

5. Vaduganathan M et al. Lancet. 2022;400:757-67

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