Kommentar zum Herzinsuffizienz-Algorithmus

Von der Evidenz in die tägliche Praxis

Kommentar--Amr Abdin und Michael Böhm beschreiben die dreistufige Strategie aus Initiierung, Titration und Eskalation. Damit können Sie eine optimierte Pharmakotherapie in der Praxis umsetzen.

Ein Kommentar von Prof. Johann Bauersachs Veröffentlicht:

Die evidenzbasierte medikamentöse Therapie der HFrEF ist eine fast beispiellose Erfolgsgeschichte mit dramatischer Verbesserung von Lebensqualität und Prognose in den letzten Jahrzehnten. Leider wird im Alltag oft nicht der ganze, für unsere Patienten mögliche Vorteil erreicht, weil weder die „fantastischen vier“ (ARNI, Betablocker, MRA und SGLT2i) und weitere evidenzbasierte Medikamente konsequent eingesetzt werden, noch die Zieldosierungen zumindest angestrebt werden. Amr Abdin und Michael Böhm beschreiben die dreistufige Strategie aus Initiierung, Titration und Eskalation, um eine optimierte Pharmakotherapie in der Praxis umzusetzen.

Prof. Johann Bauersachs--Medizinische Hochschule Hannover

Prof. Johann Bauersachs-- Medizinische Hochschule Hannover

© Bauersachs

Natürlich gibt es kein „one-fits-all“, und bei den oft älteren Patientinnen und Patienten mit Komorbiditäten sind engmaschige Kontrollen in der Anfangsphase der Therapieetablierung nötig; aber in der Mehrzahl ist viel mehr möglich (Soltani et al. DMW 2022). Alle „fantastischen vier“ sind auch wirksam bei der HFmrEF (EF 41–49%) und haben eine entsprechende Leitlinienempfehlung; bei der HFpEF (EF ≥50 %) verbessern zumindest die SGLT2i eindeutig Lebensqualität und Prognose. Lassen Sie also alle Herzinsuffizienzpatienten von den belegten Erfolgen der HI-Therapie profitieren!

Sicherlich erfordert konsequentere Therapieoptimierung auch engmaschigere Visiten, gerade nach einer Dekompensation. Mit der in der STRONG-HF-Studie gezeigten Prognoseverbesserung mit deutlich reduzierter Rehospitalisierungsrate haben wir aber nun den klaren Beweis in der Hand, um auch die Kostenträger vom Nutzen engmaschigerer ambulanter Betreuung zu überzeugen! Dieses Konzept ist offensichtlich nicht nur bei der HFrEF wirksam, denn in STRONG-HF hatten ein Drittel der Patienten eine EF von >40 %, 15 % sogar von >50 %.

Nicht vergessen werden dürfen die nicht-medikamentösen Therapiemodalitäten bei der HI, besonders die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) und der primärprophylaktische ICD. Diese sind aber erst bei persistierender EF <35 % nach konsequenter Optimierung der Pharmakotherapie indiziert. Der Einsatz evidenzbasierter Dosen der „fantastischen vier“ Medikamente reduziert zudem deutlich das Auftreten ventrikulärer Arrhythmien. Überwinden wir Widerstände gegen die effiziente Umsetzung evidenzbasierter Therapien sowohl bei uns als auch bei unseren Patienten – der Lohn sind längeres Leben mit besserer Lebensqualität und weniger Hospitalisierungen. Kardiologie bleibt spannend – auch im Jahr 2023!

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