TAVI nur bei AS als Hauptproblem

Kontra--

Von Prof. Dr. Karl Toischer Veröffentlicht:
Prof. Dr. Karl Toischer, Universitätsmedizin Göttingen Toischer

Prof. Dr. Karl Toischer, Universitätsmedizin Göttingen

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EF 65 %, SVi 26 ml/m², AÖF 0,8 cm², Pmean 11 mmHg. Dies ist eine paradoxe Low-flow-low-gradient-Aortenklappenstenose (PLFLG AS). Braucht dieser Patient wirklich eine TAVI oder OP? Das wichtigste diagnostische Merkmal einer PLFLG AS ist die verminderte Öffnungsfläche der Klappe und der erniedrigte Schlagvolumenindex. Damit lässt sich aber immer noch nicht sagen, ob die Klappe nicht weiter aufgeht, weil sie hochgradig stenosiert ist (echte Stenose) oder ob sie bei niedrigem Schlagvolumen einfach nicht weiter aufgehen muss (Pseudostenose). Das gleiche Problem findet man auch bei der „klassischen“ LFLG AS mit reduzierter Pumpfunktion, wo wir diese Frage mithilfe der Stress-Echokardiografie meist gut klären können. Bei der PLFLG AS ist dies in der Regel nicht so einfach möglich, da die gute Kontraktilität des linken Ventrikels nur noch bedingt gesteigert werden kann, es durch die Frequenzsteigerung zu einer Verschlechterung der Füllung kommen kann und das Schlagvolumen somit nicht ansteigt.

Also behelfen wir uns mit der Kalkmenge an der Aortenklappe. Dies ist aber nur eine Korrelation und keine Garantie für die eine hochgradige AS. Da die Lokalisation des Kalks dabei nicht berücksichtigt wird, kann eine AS mit z. B. viel Kalk am äußeren Klappenrand auch überschätzt werden. Dies macht eine eindeutige Diagnosestellung einer „echten“ PLFLG AS nicht immer einfach. Betrachtet man den Druckgradienten der PLFLG-AS-Patienten, so gibt es hier eine große Bandbreite (10–39 mmHg). Am oberen Ende dieser Spanne ist eine „echte“ AS wahrscheinlich, aber wie sieht es im unteren Bereich aus? Echte AS oder Pseudostenose?

Hier sind neben Echokardiografie und CT weitere kardiale Pathologien zu berücksichtigen: Mitralklappeninsuffizienz, Rechtsherzinsuffizienz, pulmonale Hypertonie, Amyloidose, Vorhofflimmern, HFpEF etc. Häufig sind diese die eigentliche Ursache der Low-flow-Situation und nicht die AS. Bei dem oben aufgeführten Patienten handelte es sich um eine schwere HFpEF bei Amyloidose. Daher ist bei der PLFLG klassisches ärztliches Abwägen unbedingt erforderlich: Welche Beschwerden hat der Patient? Welche Komorbiditäten? Was erklärt die Low-flow-Situation? Wie wahrscheinlich ist eine echte AS? Diese Punkte müssen integrativ betrachtet werden und da bei einem Teil der Patienten andere kardiale Ursachen das führende Problem sind und möglicherweise eine Pseudostenose vorliegt, sollten nicht alle Patienten mit PLFLG AS eine TAVI oder OP erhalten, sondern nur der Teil, bei dem die AS das führende Problem ist.

Fazit: Die Diagnose einer PLFLG AS ist komplex, andere kardiale Ursachen können der Low-flow-Situation zugrunde liegen. Die TAVI oder OP als invasive Behandlungsstrategie sollte nur dann angewendet werden, wenn die AS das Hauptproblem ist. Eine sorgfältige individuelle Abwägung ist notwendig, um unnötige Eingriffe zu vermeiden.

Kontakt-- Prof. Dr. Karl Toischer, Universitätsmedizin Göttingen, ktoischer@med.uni-goettingen.de

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